Klare Erinnerungen

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Aphira blinzelte gegen das gleißende Sonnenlicht und öffnete ihre Augen ein wenig. Jeder Knochen in ihrem Körper schien zu schmerzen. Sie lag auf dem Bauch und wand sich, um schließlich ihren Arm aus Jiros klammernden Griff zu befreien. Schon bei dieser, eigentlich nicht weiter komplizierten Bewegung, stöhnte sie vor Schmerzen auf. Aphira stütze ihren zerkratzen Arm ab und schirmte mit ihrer Hand die Sonne von ihrem Gesicht ab. Mit der anderen Hand tastete sie suchend nach ihrem Degen. Er lag etwas abseits von ihrem Arm entfernt. Beruhigt durch das kalte Metall sah sie wieder zu Jiro. Immer noch schien er fest zu schlafen und bekam es kaum mit, als Aphira sich aufsezte und seinen Arm von ihrem Körper befreite. Die einzig nicht verkaterte Stelle an Aphrias ganzen Körper, schien ihre linke Taille zu sein. Erstaunt starrte sie auf die blasse Narbe, welche sich binnen kürzester Zeit entwickelt hatte. Der Verband und das Blatt hatten sich in dieser Nacht wohl gelöst und lagen einsam auf dem Boden.

Dann schlug alles gegen sie ein.

Die Nacht gestern, der Tod, der eiserne Geruch von Blut. Alles schien ihre Sinne gleichzeitig zu benebeln und ließ Aphiras Körper erzittern. Adrenalin schoss durch ihre Adern und sofort war jedes Muskelkatergewinsel Geschichte. Sie sprang auf und blickte kalt auf Jiro ab. Inzwischen rollte er sichtlich nervöser hin und her. Aphira bückte sich und hob leise den Degen auf. Dabei fiel ihr auch das letzte Wort der Frau wieder ein. "Tochter"

Aphiras Herz bekam einen Stich, sojemand war nicht ihre Mutter! Sie schüttlete den Kopf aber nicht aus Überzeugung sondern eher, um sich selbst zu beruhigen. Überzeugt war sie mittlerweile von nichts mehr. Überzeugungen waren doch nur albernes Gewäsch der Menschen, die durch andere Bedürfnisse gebrochen wurden. Was gerade mal in den Kram passt. So lebt es sich bequemer, seine Prinzipien zu verraten wenn man dadurch besser davonkommt. Aphira knurrte auf. Sie wusste, dass sie an niemanden mehr glauben konnte. Alles was Aphias Leben ausgemacht hatte, war verschwunden. In einem Flammenmeer ausgelöscht.

Jetzt sah sie wieder auf Jiro herab, den Degen fest in den Händen.

Es ist alles seine Schuld

Er ist für Maris Tod verantwortlich

Drachen sind Feinde, ER ist mein Feind.

Aphiras Gedanken glühten. Sie empfand nur noch kalte Wut für den Jungen, der vor ihr lag. Mit entschlossenen Schritten trat sie zu ihm. Sie erhob den Degen, der in ihren schwitzigen Händen lag. Mit zitternden Händen schwankte die Waffe vor über ihm.

Alles wäre vorbei

Schweiß rinn ihr herunter.

Ich kann es nicht!

Aphira umklammerte den Degen immer mehr und schloss die Augen.

Er hat es verdient!

Ich kann es nicht!

Diese beiden Sätze kämpften in ihrem Kopf miteinander. Schließlich holte sie aus und rammte die Waffe mit all ihren wutentbrannten Gefühlen gegen den Boden. Sie würde ihn nicht töten. Immerhin hatte er ihr schon so oft geholfen und jemanden, der schläft, töten? Das ist einfach nur feige.

War er wirklich für alles verantwortlich?

Ein kleiner Teil in Aphira wollte glauben, dass er mit alldem nichts zu tun hatte und auch nur lediglich gezwungen wurde. Sie seufzte und versuchte den Degen wieder aus der Erde zu ziehen. Krampfhaft keuchte sie auf

Der steckt da echt fest!

Sie nahm ihre Kraft zusammen und riss das Schwert wieder heraus. Kleine Dreckklumpen und spritzen wild umher. Ein letztes Mal sah sie auf den schlafenden Drachenjungen herunter, dann stürmte sie zu den Bäumen und verschwand.

Dragon Mate - der FunkeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt