61. Tipps: Klopf, klopf, klopf, ich schau in Deinen Kopf

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Reden wir mal über was, was euch beim Lesen mit Sicherheit schon über den Weg gelaufen ist und was euch bestimmt genauso aus dem Flow geschmissen hat, wie es vom Autor NIE beabsichtigt war.

Head-hopping.

Was ist das?
Wenn ein Autor innerhalb einer Szene oder sogar in einem Satz die Erzählperspektive wechselt, und dabei von einem Kopf in den einer anderen Figur springt. Er springt von Kopf zu Kopf: Plötzlich weiß jemand, was eine andere - vielleicht sogar ihm fremde - Figur denkt, fühlt und tun wird.
Mir passierte das, was wir im RPG-Fail von Kapitel 13 haben: Der Soldat WUSSTE durch einen Schreibfehler von mir und der Traumtänzerei der Veranstalter (und dem angekratzten Ego meines "Lehrers"), dass Königin Isadora seine SICHTBAR ungeputzten Schuhe beanstandet - obwohl das ein Gedanke war, den sie NIE AUSGESPROCHEN hat. Selbst als ich diese Passage löschte, blieb sie im Kopf des Soldaten als negative Bemerkung über seine Aufmachung haften. Faktisch gesehen zickt also jemand wegen etwas rum, was nicht mal passiert ist... und ich bin mir immer noch sicher, dass Isadora ihren Standpunkt gut klargemacht hat, ohne dass man in ihren Kopf hineinschauen konnte. Auch den Schluss, den sie gezogen hat, zog sie aufgrund dessen, was SIE wahrnehmen konnte - nicht wegen dem, was ICH wusste.

(Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, sollte ich nach der Schuhsache fertig gemacht werden - so erfuhr ich damals backstage. Es war nicht, um mich herauszufordern, auch wenn der Charakter des Soldaten von vornherein als Adelhasser angelegt war.
Ich war der Neuling und bekam also mal meine eigene Medizin zu schlucken, weil ich andere Hoffnungsträger der neuen deutschen Literatur angeblich immer fertigmache? Na ja, es braucht mehr, um mich von Schreiben abzuhalten. Interesse für RPGs hatte ich von vornherein nicht - mich davon abzuhalten, an weiteren mitzumachen, ist also keine Errungenschaft.)

Ihr gebt also Figuren, die keine Telepathen sind, die Fähigkeit Gedanken, Gefühle und Motive zu lesen. Noch ein Beispiel wie es in Ich-Perspektiven häufig passiert: "Ich setzte mich, um den Superbowl zu sehen. Auf dem Bildschirm warf Patrick Mahomes einen Fehlpass und fragte sich, ob seine Frau ihn noch liebte."

Wer hier Geschichten liest, dem wird sicherlich bekannt vorkommen, wenn Fräulein Ich-Perspektive weiß, was ihre Freundinnen denken und sagen, auch wenn sie das nie erfagt hat und nie bei diesen Gesprächen in der Nähe war, wo sie es hätte hören können. Ohne, dass die Mädchen in der Handlung je so über die Erzählerin reden, wie sie es von ihnen behauptet (und selbst wenn, dann hat Erzählerchen oft schon Grund genug dafür geliefert, warum man es tun sollte). Sowas ist ein Fehler, den Autoren gern wiederholen, wenn man sie nicht darauf aufmerksam macht.
Es ist auch ein Zeichen für schlechtes Schreiben, was man sehr schnell ausfindig machen kann und wofür es keine Entschuldigung gibt, weil der gesunde Menschenverstand einem eigentlich sagen müsste, dass man nicht in die Köpfe seiner Mitmenschen kucken kann.

Interessanterweise sind genau diese Autoren besonders ausgeprägte Exemplare davon, sich NICHT in andere hineinversetzen zu können und oft auch nicht in der Lage, das Handeln anderer zu hinterfragen. Die wundern sich sehr über Kritik, und warum man sie nicht lobt. Nun ja, weil sie ihre Figuren eben vorher nicht als Telepathen vorgestellt haben, wäre die Antwort auf diese Frage in diesem Falle ^^;

Die Gefahr dabei:
a) Verwirrung: Der Leser wundert sich, wer gerade spricht und wer was genau weiß.
b) Erschöpfung:
Wenn man nicht weiß, wer gerade spricht oder denkt - und da hilft auch kein Name über dem Kapitel oder der Szene - ist das Lesen sehr anstrengend... und der Leser wird entweder etwas übersehen/überlesen, wenn er nicht direkt abbricht.

c) Folge: Es ruiniert die Spannung, das Geheimnis und die Anspannung in einer Szene. Sehr oft geht sowas Hand in Hand mit "Because the author said so", also mit Stellen, wo der Autor etwas behauptet, ohne dass man in der Geschichte die Aussage bestätigt findet. Erinnert ihr euch an die ANGEBLICH in Giften ausgeildete Candela, die ZWEIMAL von einem Gift trinken muss, bervor sie es NICHT erkennt - aber die Wirkung eintritt? Die Autorin hat behauptet, ihre Figur fähig - aber die Figur selbst zeigt, dass das nicht stimmt.

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⏰ Last updated: Feb 29 ⏰

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Schlefix... Nicht noch so ein blödes Failbuch!Where stories live. Discover now