53. Text / BtS: Zensur auf Wattpad

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Ich habe euch schon oft erzählt, dass ich diese "Lies es nicht, wenn es Dir nicht gefällt"-Sprüche oft zu hören bekomme, weil sich ein Krümel aufspielt, als wüsste er was von der Welt. Ich weiß, solche Krümel gibt es - aber die reden dann nicht solchen Unsinn. Aber weil es eben auch diese anderen gibt, und sie immer dasselbe sagen, ist meine Antwort mittlerweile ein "vorgefertigtes Formular". Ein Standardtext. Mehr dazu später.

Erstmal Kontext:
Vor langer, langer Zeit dachte ich noch naiv, dass es auf einer Seite, die Bestsellerautoren ein Sprungbrett war, etwas Gutes zu lesen gibt. Gute Geschichten, gute Fanfics. Die Wahrheit war, dass man danach schürfen muss, als suchte man die Nadel im Heuhaufen und es viel mehr Geschichten gibt, bei denen man sich die Frage stellen muss: Woher hast du, lieber Autor, den Mut, das der Öffentlichkeit zu zeigen? Ich ziehe da gern den Vergleich der Aula einer Schule und einer Lesung dort vor der gesamten Schülerschaft, den Lehrern und Eltern.

Worüber ich stolperte, war eine von vielen Sklavenfantasien hier - mal wieder in sinnloser Effekthascherei. An folgendem Absatz irgendwo im zweiten Kapitel entzündete sich dann ein Belehrungsversuch.

>> »Ach du Scheiße!« Keuchte ich.<<
Erstmal, wer Interpuntktion und Grammatik bei wörtlicher Rede nach der Grundschule nicht kann, den nehme ich nicht mehr ernst.

Was man noch wissen muss: Der Erzähler ist hier ein 17jähriger Junge, namens Fynn, der regelmäßig gemobbt wird und statt einer Beschreibung ein Foto im ersten Kapitel bekommt. Persönlichkeitsrechte? Who cares?
Gemäß dem Plot wurde ihm gerade ein Mädchen in seine Gefägniszelle geschmissen und blutet am Hals. Fynni hat nichts besseres zu tun, als es gleich in seine Arme zu ziehen und ihr seine Inkompetenz aufzuzwingen. Er sieht sofort, dass sie 13 Jahre ist und hält sie für erwachsen, nur weil sie ihn nach seinem Namen fragt...

Ich denk' mir das nicht aus, so steht es in der Geschichte.

>> »Der Biss ist ja richtig tief und brutal!« Rief ich, so unprofessionell wie ich nun mal war, ziemlich laut erschrocken und riss ein Stück von meinem T-Shirt ab, um es auf den Biss zu drücken und die Blutung zu stillen.<<
1. Zwischen dem Satz davor und diesem ist ein Absatz. Das ist... schlecht, denn wie man an den unnötigen zweiten dialogue-tag sieht, spricht DIESELBE Person.

2. Wenn ein Vampir trinken will, MUSS er zubeißen bis Blut kommt! Was soll der Satz also - außer zu zeigen, dass Fynni offenbar nicht nur "unprofessionell", sondern auch nicht besonders helle ist?

3. Der Biss ist "tief" und "brutal"? Woran sieht man das? Wir haben nur die Behauptung vom Erzähler, wir SEHEN es aber nicht. Ist Haut zerfetzt, kann man bis in die Schlagader schauen oder den Knochen? Nein. Wir erfahren es nicht.
Leser bekommen vorher nur eine gedanklich unfokussierte, klischeebeladene Beschreibung, die einfach nur Verbaldurchfall und Infodump ist:
>> Der Vampir war sehr blass, durchschnittlich groß, hellblond, hatte irgendwie hässliche blaugraue Augen, ich wusste noch nicht mal, dass Augen so hässlich sein konnten und obwohl ich eigentlich alle Farben toll fand, und natürlich hatte er, wie jeder Vampir, lächerliche, elfenartige spitze Ohren und lange scharfe Eckzähne.<<

4. "Unprofessionell", weil sie rumschreit? Was ist daran "unprofessionell"? Wieso ist es "unprofessionell", wenn man erschrickt und (wäre es mein OC) schockiert ist, von dem, was man da sieht?
Unprofessionell ist es, sich das T-Shirt zu zerreißen, damit die Vampire mehr Haut vom Erzähler sehen können. Am Bauch, wo der Körper sehr weich ist und viele empfindliche Körperteile und Organe ganz in der Nähe liegen. Genauso unprofessionell ist sein übergriffiges Verhalten und Anfassen, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. Aber das spricht Fynni nicht an.

>> »Das ist nicht schlimm...« Sagte sie schwach und ich riss die Augen auf.<<
Wenn die Gebissene das so abtut, dann kennt sie das schon zur Genüge. Offenbar ist sie auch noch nicht an dem gestorben, was man ihr so antut.
Ich will das Geschehen nicht herunterspielen, denn das sagt Roxy, ein Mädchen von zarten 13.  Aber sie ist nur so jung - so wirkt es - damit der Leser sie bedauert. Um das noch zu verstärken, erfährt man im nächsten Absatz, dass sie mit 10 zu den Vampiren als Spielzeug kam.

Schlefix... Nicht noch so ein blödes Failbuch!Where stories live. Discover now