2 8 | d a s e n d e d e r w e l t

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l o l a

MEIN VERSUCH, MICH am Morgen unbemerkt in mein Zimmer zu schleichen, blieb fruchtlos.

Als ich Kennedy in der Küche stehen sah, eine Handvoll Gemüse bereits für ihren Entsafter bereit, wusste ich, dass ich mir die Mühe, den Schlüssel besonders leise ins Schloss zu schieben, auch hätte sparen können. Um halb sieben sah sie bereits aus, als wäre sie schon seit Stunden auf den Beinen, in ihren Sportleggings, die ihr wie eine zweite Haut passten, dem Sport-BH mit den dünnen Trägern und einer Kapuzenjacke mit dem Logo der Universität darüber. Ihr streng sitzender Pferdeschwanz wirkte in diesem Moment besonders bedrohlich, und ließ mich nach meinen ungezähmten, dunklen Haarsträhnen tasten. Es war nicht das erste Mal innerhalb der letzten Wochen, dass ich mich am Morgen in mein gemachtes Bett legte, aber es war das erste Mal, dass Kennedy mich auf frischer Tat ertappte.

„Hi", brachte ich etwas verlegen hervor, als ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen ließ. Ihr Blick glitt über die Jogginghose, die definitiv zu groß war und definitiv nicht mir gehörte, hinauf zu dem Sweatshirt, das ebenfalls nicht Bestandteil meines Kleiderschranks war.

„Du siehst schuldbewusst aus", kommentierte sie, während sie nach einem Stück Sellerie griff und es in die Öffnung des Entsafters schob. „Warum siehst du schuldbewusst aus?"

Ich ließ meinen Rucksack gen Boden sinken und stapfte in Richtung der Küche. Mit einem Seufzen ließ ich mich auf einem der Barhocker nieder, während Kennedy ihren Entsafter weiter fütterte.

„Weil ich mit einem Footballer geschlafen habe." Ich ließ meine Stirn gegen die kühle Platte der Kücheninsel sinken. „Mehr als einmal. Und es war nicht schrecklich. Ganz und gar nicht."

Obwohl ich so undeutlich und schnell gesprochen hatte, dass ich überhaupt bezweifelte, dass sie auch nur ein Wort verstanden hatte, schien sie keine Probleme damit gehabt zu haben. „Du meinst den Footballer, den du vor den Augen meiner kleinen Schwester beinahe auf unserer Couch bestiegen hast?"

Röte schoss mir in die Wangen. „Stella hat bestimmt schon Schlimmeres gesehen."

Kennedy hob eine Augenbraue. „Stella hat bestimmt schon Schlimmeres getan." Sie klang von dieser Tatsache nicht sonderlich begeistert, was ich ihr nicht verübeln konnte. Sich vorzustellen, dass die kleine Schwester sexuell aktiv war, war vermutlich nur besser, als es auch mit eigenen Augen zu sehen. „Sie ist vielleicht erst sechzehn, aber ich weiß, wie die Jungs sie ansehen. Wie Männer sie ansehen. Aber am schlimmsten ist vermutlich, dass es ihr gefällt. Ich habe die Befürchtung, dass sie früher oder später an den Falschen geraten wird."

Blakes Warnung kam mir in den Sinn, die Tatsache, dass Kennedys Schwester definitiv nicht minderjährig aussah. Ich nahm an, dass sein Kommentar diese Angst nur noch verstärken würde.

„Sie ist sechzehn", erinnerte ich sie. „Früher oder später wird ihr sowieso jemand das Herz brechen. So wie sie wahrscheinlich schon eine ganze Spur davon hinterlassen hat."

Kennedy versuchte sich an einem Lächeln, das ihr nur so halb gelang. „Aber zurück zu deinem Footballer – was hat er, was kein anderer Athlet zuvor hatte?"

Ich sackte in mich zusammen wie ein Ballon, dessen Luft entwich. „Hast du ihn schonmal gesehen?"

Ihre Lippen zuckten amüsiert. „Ich verbringe mehr als zwei Stunden am Tag mit ihnen", erwiderte sie und hob die Brauen. „Glaub mir, ich habe sie alle gesehen."

Aber im Gegensatz zu mir schien Kennedy bei keinem von ihnen schwach zu werden. Vielleicht sollte sie die neue Vorsitzende des Immunität-gegen-Footballer-Komitees werden, nachdem ich meinen Platz wohl oder übel abgeben werden müsste. Ich hoffte nur, dass der Parasit, der mir gepflanzt worden sein musste, mich nicht dazu überredete, tatsächlich noch einen Schrein für Blake in meinem Kleiderschrank zu errichten.

all night long | ongoingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt