0 5 | s c h ö n v e r p a c k t e l ü g e

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MICHIGAN HATTE GEWONNEN.

Das erste Spiel der Saison, die nun offiziell eröffnet war und unser Team hatte Colorado State schamlos vom Feld gefegt. Es hätte sich wie ein Sakrileg angefühlt, nicht zu feiern.

Während Kennedy als Teil der Crew der Wolverines das Spiel aus nächster Nähe verfolgt hatte, hatte ich mich mit einigen Kommilitonen auf der Tribüne zufriedengegeben. Im Stadion hatte eine pulsierende Stimmung geherrscht, der ich mich nicht hatte entziehen können. Ich hatte etwas gegen die Spieler, nicht das Spiel an sich. Das redete ich mir zumindest ein.

Ich verschwendete keine Zeit damit, mich für die After Party frisch zu machen. Nicht, wenn Nora und Georgia aus meinem Seminar zur viktorianischen Literatur bereits während des Spiels ihre Wasserflaschen leerten, in denen sich definitiv nicht nur Wasser befunden hatte. Wäre ich für eine Stunde verschwunden, hätte ich die beiden vermutlich erst wieder ausgeknockt in einem der Gebüsche der Verbindungshäuser gefunden.

Stattdessen schloss ich mich ihnen direkt an und folgte ihnen zu Delta Sigma Phi, wo wir einige Runden Bierpong spielten und ich langsam, aber sicher mit meinem Alkoholkonsum aufholte. Als Kennedy mir schrieb, dass sie mit dem Post-Spiel-Programm durch war, fühlten meine Wangen sich trotz der sinkenden Temperaturen bereits warm an.

„Wo bist du?" Die laute Musik machte es beinahe unmöglich, Kennedys Stimme über den Lärm zu verstehen. Ich presste mein Handy näher an mein Ohr, in der Hoffnung, es würde die Lautstärke etwas vermindern. „Bist du noch Zuhause?"

„Ich habe eine Mitfahrgelegenheit bekommen." Bei Kennedy war es mindestens so laut wie hier. „Wo sollen wir uns treffen?"

„Ich kann zu dir kommen", meinte ich mit einem Blick auf meine Begleitungen, die seit einer knappen halben Stunde an den zwei selben Typen hingen. „Hier gibt es sowieso fast kein Bier mehr."

„Ich schicke dir die Adresse."

Ich verabschiedete mich von Nora und Georgia, dann machte ich mich bereits auf den Weg, sobald Kennedys Standort bei mir ankam. Es war gerade mal acht Uhr, die Sonne kurz vorm Untergehen, doch die frische Luft half mir dabei, einen klareren Kopf zu bekommen. Nach den fünfzehn Minuten, die ich bis zum South Quadrangle brauchte, fühlte ich mich beinahe wieder nüchtern.

Aus dem Haus, dessen Adresse Kennedy mir geschickt hatte, strömten bereits Studenten in den Farben der University of Michigan. Überall waren gelbe und dunkelblaue Shirts, die sich durch die Menge drückten. Ich brauchte beinahe fünf Minuten, bis ich zur Haustür kam und über die Türschwelle trat.

Für ein Haus in der Nähe des Collegecampus war es geräumig und weniger heruntergekommen, als ich es von den Verbindungshäusern gewohnt war. Die vielen Menschen nutzten jeden Quadratmeter, die es zu bieten hatte. Es graute mir jetzt schon davor, wie lange die Schlange zum Badezimmer sein würde.

Mein Blick glitt durch die Menge, auf der Suche nach Kennedys blondem Schopf, doch alle möglichen Haarfarben vermischten sich innerhalb dieser vier Wände. Ich spürte einige Blicke auf mir, hauptsächlich durch angetrunkene, männliche Augen, weshalb ich mir die Michigan-Kappe tiefer in die Stirn zog. Als ich im Wohnzimmer nicht fündig wurde, ging ich in die Küche über.

Überraschenderweise herrschte hier etwas mehr Ruhe. Eine Gruppe Mädchen lehnte am Tresen, als sie offensichtlich versuchten Tequilashots vorzubereiten. Kichernd diskutierten sie, ob sie zuerst in die Zitrone beißen oder das Salz ablecken sollten. Eine von ihnen hatte bereits das Zitronenstück im Mund und brach in Gelächter aus, als ihre Freundin ihr den Shot trotz der Schale, die ihren Mund blockierte, zwischen die Lippen kippen wollte.

all night long | ongoingWhere stories live. Discover now