3 1 | m i e n e n f e l d

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b l a k e

WIR SAHEN UNS wie jedes Jahr das Footballspiel an. Mit aufgewärmtem Truthahn, den unsere Nachbarin uns vorbeigebracht hatte und klumpigem Kartoffelbrei, der kein bisschen so wie der schmeckte, den meine Mutter immer gemacht hatte.

Mein Vater war Chicago Bears Fan, vermutlich, weil er sein ganzes Leben in Kankakee verbracht hatte. Und obwohl ich die letzten drei Jahre unter Michigans Einfluss gestanden hatte, war es bisher noch nicht genug gewesen, um mich zu einem Detroit Lions Anhänger zu konvertieren.

Während dem Spiel war nur wenig Zeit für Konversation. Wir beschwerten uns über unkluge Spielzüge, jubelten über jeden Punkt der Bears und schaufelten haufenweise mittelmäßigen Kartoffelbrei in uns hinein.

„Wie läuft es mit dem Football?", fragte mein Vater, kurz bevor die Halbzeit zu Ende war. „Die Playoffs sind nächsten Monat."

Allein der Gedanke ließ mich unruhig auf unserer durchgesessenen Couchmontur herumrutschen. Die beiden Spiele zum Halbfinale würden wie jedes Jahr um Neujahr ausgetragen werden. Anfang Januar würde beim National Championship Game der Sieger feststehen. Vorausgesetzt die Wolverines schafften es, diese Etappenziele zu erreichen.

Momentan standen unsere Chancen nicht schlecht, aber ich wollte auf keinen Fall das Schicksal herausfordern. Ich wusste, dass es nur schlechtes Wetter, einen ausgefallenen Spieler oder eine falsche Handbewegung brauchte, um eine ganze Meisterschaft zu verlieren. Innerhalb eines Sekundenbruchteils konnte uns der Titel aus den Händen gleiten – ich malte mir besser noch nicht aus, wie es wäre, einen NCAA Titel zu tragen.

„Gut", erwiderte ich deswegen nur. „Ich bin zuversichtlich, dass wir es bis ins Halbfinale schaffen."

Mein Vater nickte zustimmend. Er lehnte sich vor, stellte seine Bierflasche auf dem Couchtisch ab und ließ seinen Blick in meine Richtung wandern. „Also", begann er, während eine seiner Hände über seine Bartstoppel fuhren. „Willst du mir von diesem Mädchen erzählen?"

Mein Herz machte einen Satz. Ich hatte mit ihm bisher nicht über Lola geredet. Vermutlich, weil ich mit meinem Vater prinzipiell nicht über Mädchen redete. In meinem dritten High School Jahr hatte er versucht, sich mit mir über Verhütung zu unterhalten, obwohl ich bereits zwei Jahre zuvor meine Jungfräulichkeit an Gabby Ramos verloren hatte. Es war ein so einschneidendes Erlebnis gewesen, dass keiner von uns danach je wieder über Frauen gesprochen hatte.

„Welches Mädchen?" Solange ich Unwissenheit vortäuschte, ahnte er vielleicht nicht, dass mein Puls allein beim Gedanken an sie verräterisch in die Höhe geschossen war.

Anscheinend hatte ich meinen Vater allerdings unterschätzt. „Das Mädchen, mit dem du dich die letzten Wochen über getroffen hast."

Ich überlegte krampfhaft, ob mein Vater Gedankenlesen konnte oder Zugriff auf die Überwachungskamera über unserer Haustür hatte.

Er lachte leise auf. „Jetzt schau nicht so überrascht. Sie war ein paar Mal bei deinen Videoanrufen zu sehen."

Ich hätte am liebsten aufgestöhnt. Ich dachte, ich wäre heimlich gewesen, wenn ich den Raum verlassen hatte, nachdem ich seine Anrufe angenommen hatte, doch ich war wohl nicht ganz so erfolgreich gewesen, wie ich vermutet hatte.

Er hob eine fragende Augenbraue. „Also ist sie deine Freundin, oder–"

Das Ende seines Satzes blieb in der Luft hängen, taumelte beinahe wie ein Damoklesschwert über mir. Ich spürte, wie meine Handflächen feucht wurden.

„Nein", sagte ich schließlich, unangenehm berührt davon, meinem Vater beichten zu müssen, dass ich mich nicht mal für ein paar Wochen an ein Mädchen binden konnte. „Nur ein Mädchen, mit dem ich mich treffe."

all night long | ongoingWhere stories live. Discover now