2 5 | be t t d e c k e n d i e b i n

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l o l a

ES FÜHLTE SICH an wie ein schlechter Scherz. Einer, dessen Pointe nie ankam.

Der Tag, an dem ich beschlossen hatte, meine Vergangenheit hinter mir zu lassen, tauchte sie ausgerechnet hinter Blake Harrisons Tür auf.

Die eiskalte Nachtluft fühlte sich wie Nadelstiche auf meiner Haut an. Ich starrte Christopher Carter entgegen, den ich in den letzten drei Jahren nur dann gesehen hatte, wenn meine Neugier mit mir durchgegangen war und ich seine Profile gestalkt hatte.

Und jetzt war er hier. Nur einige Meter von mir entfernt. Getrennt wurden wir nur durch Blake, der noch immer in der geöffneten Tür stand und den Mann verwirrt ansah, der einen wesentlichen Teil zu meiner Zeugung beigetragen hatte.

„Charlie?", fragte Blake, als er den Spitznamen wiederholte, bei dem mein Vater mich nannte.

Ich zuckte zusammen. Nicht nur, weil ich den Namen schon seit Ewigkeiten nicht mehr gehört hatte, sondern auch, weil es so falsch klang, ihn über Blakes Lippen kommen zu hören. Es hörte sich beinahe an wie ein Schimpfwort, dessen Bedeutung er sich noch nicht bewusst war.

Mein Vater sah noch immer so aus, wie ich ihn in Erinnerung gehabt hatte. Genauso gepflegt und charismatisch, auch wenn seine dunklen Haare an den Schläfen nun mit den ersten grauen Strähnen durchzogen waren. Ich konnte nicht einmal behaupten, dass es seinem Auftritt Abriss tat.

„Charlie", wiederholte mein Vater, sein Blick fest auf mich gerichtet, als er einen Schritt auf mich zumachte. „Was machst du hier?"

Kein Es tut mir leid, dass ich deine Mutter betrogen habe oder Alles Gute nachträglich, meine Tochter, die ich schon seit über drei Jahren nicht einmal zu Gesicht bekommen habe. Keine bisschen Reue in seinem Gesicht.

Er machte einen weiteren Schritt auf mich zu.

Panik stieg in mir auf. Dachte er, ich wäre hier wegen ihm?

Dass ich irgendwie herausgefunden hatte, dass er ausgerechnet heute auf dem Campus meiner Universität sein würde und die Chance einfach nicht verfliegen lassen konnte, unsere große Versöhnung zu inszenieren?

Ich hoffte es nicht. Denn das war das letzte, was ich in diesem Moment wollte.

Ich riss mich von ihm los. Mein Blick fiel auf Blake, der aussah, als würde er die Welt nicht mehr verstehen.

„Ich sollte gehen", brachte ich hervor, doch ich hatte mich bereits abgewandt und war dabei die Stufen der Veranda herunter zu fliehen. Die eisige Auffahrt brachte mich kurz ins Schlittern, doch ich konnte mich gerade noch retten, indem ich mit den Armen ruderte und mein Gleichgewicht wieder einpendelte.

Meine zitternden Hände klammerten sich an meine Schlüssel. Gerade hielt ich sie noch in der Hand, da waren sie schon im Schnee versunken. Ich bückte mich, zog sie aus der eisigen, weißen Schicht, die sich wie eine Decke über den Asphalt gelegt hatte und entsicherte die Zentralverriegelung.

Schritte ertönten hinter mir. Ich bewegte mich schneller auf meinen Wagen zu.

„Lola!" Es hätte mich mit Erleichterung erfüllen sollen, dass es nicht mein Vater war, der hinter mir herjagte. „Warte, Lola."

Meine Finger glitten um den Türgriff. Ich zog die Tür auf, doch sie öffnete sich nicht mehr als einen Spalt, als Blakes Hand auf dem Rahmen erschien, und sie zuhielt.

„Lola", wiederholte er, nun nur noch einen kleinen Schritt hinter mir. Ich wollte mich abwenden, doch er trat mir in den Weg, kesselte mich zwischen ihm und meinem Auto ein, sodass ich keine andere Wahl hatte, als zu ihm aufzusehen. „Was ist gerade passiert?"

all night long | ongoingWhere stories live. Discover now