Ventidue

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„Ja hallo, wer ist da bitte?", hörte Etienne Milo am anderen Ende der Leitung

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„Ja hallo, wer ist da bitte?", hörte Etienne Milo am anderen Ende der Leitung. „Hey, ich bin es, Etienne. Ich habe mich gefragt, ob du vielleicht nicht doch vorbeikommen magst. Ich weiß es ist spontan, ab-" „Ja! Ich komme sehr gerne vorbei." Etienne war erleichtert, er hätte nicht gewusst, wie er mit einer Zurückweisung umgegangen wäre. „Ich schicke dir die Adresse." „Ich beeile mich."

Dann legten sie auf und Etienne machte sich nun schnellen Schrittes auf den Weg nach Hause. Er hatte bereits den Frack und die Weste ausgezogen und die Fliege hing ungebunden um seinen Hals, als es schellte.

Etienne sah schon die Umrisse des Mannes durch den Glaseinsatz der Wohnungstür und öffnete diese nun beschwingt. „Komm rein" sagte Etienne und Milo lächelte ihn an. Dann wanderte dessen Blick jedoch über die vielen Gemälde an den Wänden in der kleinen Diele.

„Wow, genau so hatte ich mir deine Wohnung vorgestellt." „Darf ich dir dein Jackett abnehmen?" „Ja, gerne." „Komm, lass uns ins Wohnzimmer gehen. Möchtest du auch einen Wein? „Ja, danke", sagte Milo wieder und schaute sich im Wohnzimmer um, während Etienne ihnen ein Glas Rotwein einschenkte.

Milo stand vor dem Klavier und sein Blick war auf die kleine hölzerne Note geheftet, die an dem Notenständer hing. Etienne legte eine Hand auf Milos Schulter und folgte seinem Blick.

„Hier, dein Glas Wein." „Danke", hauchte Milo nur, zu überwältigt war er davon, dass Etienne die Note, die er ihm einst geschenkt hatte, immer noch besaß. „Auf den Sommer 1989", sagte Etienne und hob das Glas. „Auf den Mann des Abends", erwiderte Milo.

„Was ist?", fragte Etienne, als Milo nach dem ersten Schluck Wein den Mund zu einem Lächeln verzog. Er schüttelte den Kopf. „Weißt du noch den Wein, den wir im Camp getrunken haben?" „Oh ja." „Der ist dir nicht gut bekommen. Ich weiß noch, wie du ausgetickt bist." Etienne lächelte.

„Wer weiß, ob wir hier stehen würden, wenn ich es nicht wäre." „Stimmt, das war der Beginn von etwas Besonderem." Würde auch dieser Tropfen Wein der Beginn von etwas Besonderem sein?

Etienne stellte sein Glas auf dem Couchtisch ab. „Mhm, warte einen Moment." Er ging zu einer alten Kommode und kam nun mit einer kleinen Schachtel wieder. Auch Milo stellte sein Glas nun ab und schaute gebannt, wie Etienne den Deckel abhob.

Das Erste, was Milo ins Auge fiel, war ein Walkman. „Ist das etwa meiner?" „Nein, du hast ihn mir geschenkt. Hast du das etwa vergessen?", sagte Etienne grinsend. „Funktioniert er noch?" „Einwandfrei."

Unter dem Walkman befand sich ein Polaroidfoto, welches inzwischen aber komplett verblichen war. Dann waren da ein Stapel Briefe mit Milos alter Anschrift als Absender und einige Notenblätter. „Du hast alles aufgehoben." „Natürlich."

„Sind das die Noten von dem Lied, was du für mich geschrieben hast?" „Ja, genau." Milo stand zwar direkt vor ihm, aber er hatte den Kopf gesenkt und so war das Erste, was Etienne sah, wie die Tinte auf den Briefen plötzlich zu verlaufen begann.

Die Melodie des SommersWhere stories live. Discover now