Trenta

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Gegenwart 2009 - 20 Jahre später

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Gegenwart 2009 - 20 Jahre später

Der Abend war ein voller Erfolg gewesen. Nach den fünf Minuten Standingovations, hatte Etienne viele Hände geschüttelt und Glückwünsche entgegen genommen. Jetzt freute er sich nur noch auf den kleinen Empfang in einer Bar ein paar Straßen von dem Auditorium Parco della Musica in Rom entfernt.

Vor allen anderen traf er dort ein und er nutzte den kurzen Moment, in dem er ganz alleine war und ließ das Konzert noch einmal Revue passieren. Mit einer Passage war er nicht ganz zufrieden gewesen und notierte sich deshalb etwas in das kleine Buch, welches er immer bei sich trug.

„Einen Espresso, bitte", sagte Etienne zu dem Mann, der zu ihm an den Stehtisch getreten war. „Verzeihen Sie, ich bin auch nur ein Gast." „Entschuldigen Sie, mein Fehler", antwortete Etienne, ohne den Blick zu heben.

„Ich habe Sie heute spielen hören." Nun blickte Etienne kurz zu dem Mann auf, widmete sich dann aber wieder seinem Notizbuch. „Ich hoffe es hat ihnen gefallen."

„Ja, sehr. Wissen Sie, es ist witzig. Ich kannte mal einen Jungen, der nicht an seine Träume geglaubt hat und dann treffe ich ihn 20 Jahre später wieder und muss feststellen, dass aus ihm ein großartiger Pianist geworden ist."

Etiennes Bleistift kratzte nun nicht mehr über das Papier und er hob erneut den Kopf und schaute in das Gesicht des Mannes, der ihn freundlich anlächelte.

„Milo? Bist du es wirklich?" Milo nickte und sofort schloss Etienne seine Arme um ihn. Eine Umarmung, die sich trotz all der Jahre so vertraut anfühlte.

Milos Haare hatten ihn im ersten Moment getäuscht, sie waren nicht mehr so strohblond, wie in dem Sommer vor 20 Jahren, aber sein Lächeln war dasselbe, die blauen Augen hatten ihr Strahlen nicht verloren, nur hatten sich ein paar Fältchen um seine Augen gebildet.

„Das alles habe ich dir zu verdanken", sagte Etienne. „Hast du es denn nach all den Jahren immer noch nicht verstanden? Das alles hast du nur deinem Talent zu verdanken. Das warst immer nur du." Etienne lächelte verlegen.

„Aber ohne dich hätte ich es nicht begriffen. Dass ich dieses Leben führe, verdanke ich also auch dir. Ich lebe vom Klavierspielen, ich lebe offen schwul...ich bin glücklich. Es ist, als wären alle meine Träume wahr geworden."

„Darf es für die beiden Herren etwas sein?", fragte die Kellnerin, die an ihren Tisch getreten war. „Einen Espresso, bitte." „Für mich auch, danke." Einen Moment schwiegen sie, bevor Etienne wieder das Wort ergriff.

„Ich habe heute noch an dich gedacht." „Ich musste in letzter Zeit auch oft an dich denken. Der Campingplatz-" „Ja, ich weiß, er schließt."

Jetzt wurde Etienne plötzlich ernster und eine Welle der Traurigkeit schwappte durch seinen Körper. „Hast du das von Angelo gehört?" Milo nickte mit zusammengepressten Lippen.

„Ich habe ihn und seinen Lebensgefährten noch vor seinem Tod besucht", sagte Etienne. „Scheiß Aids!" „Ja, da sagst du was...Er war in dich verliebt." „Was? Warum haben wir das nicht gemerkt?" „Ich glaube, weil wir nur Augen füreinander hatten." „Hast du ihm das mit uns erzählt?"

Etienne nahm einen Schluck des Espressos, der inzwischen seinen Weg an ihren Tisch gefunden hatte und schüttelte den Kopf. „Ich wollte dich nicht outen und ich hielt es nicht für bedeutend." „Es war bedeutend", sagte Milo und legte kurz seine Hand auf die von Etienne, zog sie dann aber schnell wieder weg.

„Für das Gespräch mit Angelo war es nicht bedeutend." „Oh...und weißt du was von Dante?" „Er ist verheiratet und hat fünf Kinder! Kannst du das glauben?", fragte Etienne.

„Wer hätte das gedacht?! Ich hoffe mit ein und der selben Frau." Etienne lachte kurz auf.

„Und du bist auch verheiratet und hast Kinder, oder?" Milo senkte seinen Blick und nickte dann stumm. „Ja, ich habe Kinder, aber nein, ich bin nicht verheiratet. Nicht mehr."

Die Melodie des SommersWhere stories live. Discover now