Der alte Söldner

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Alva stieg die bröckelnden Treppen hinauf und klopfte dreimal auf das morsche Holz. „Randall Arkon" stand in riesigen Lettern auf den Holzbrettern. Ich hörte schlurfende Schritte und fragte mich, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, einen alten Söldner um Hilfe zu bitten. Es ertönte ein ohrenbetäubendes Quietschen und die Tür öffnete sich einen winzigen Spalt breit. Ich sah lediglich ein komplett weißes Auge, dass uns aus einem vernarbten Gesicht anstarrte.

„Erlendurs Tochter." Die Stimme des alten Otianers war so tief wie ein verstimmter Kontrabass. Das Auge bewegte sich ein winziges Stück zur Seite und starrte in die Leere. „Und einer, dessen Geruch ich nicht kenne, aber er riecht nach Feind." Er öffnete die Tür ein Stück weiter und rümpfte die schräge Nase. Die roten Linien in seinem Gesicht waren verblasst und hatten eine bläuliche Färbung angenommen. „Er ist kein Feind, er hat einen unserer Leute gerettet, seitdem ist er ein Freund", sagte Alva. Ihre ruhige Stimme hatte offenbar nicht nur eine Wirkung auf mich. Sie zog die Maske vom Kopf und schüttelte ihre roten Haare, sodass sie wieder in Wellen auf ihre Schultern fielen. Mir fiel auf, dass sie genau denselben Ton hatten wie die Linien auf ihrer Haut. Bei den anderen Otianern sahen sie aus wie Narben, aber die Linien auf ihrer Haut sahen aus wie ein unlösbares Rätsel.

„Kommt herein", meinte der alte Mann und öffnete die Tür komplett. Ich hatte eine gebückte Haltung erwartet, wie es bei alten Menschen üblich war, aber er strahlte trotz seines alten Gesichts eine Macht aus, die mir nicht gefiel. „Vielen Dank, Höchster Führer des Otis", meinte Alva und verbeugte sich. Nicht ohne den alten Mann aus den Augen zu lassen. „Wir werden ihre Zeit nicht lange in Anspruch nehmen müssen", sagte sie, als sie sich wieder aufgerichtet hatte. „Ich bitte um ein Schiff, dass uns zur Erde geleiten kann. Die Bitte stammt von meinem Vater." Randall Arkon lachte und sein tiefes Lachen hallte trotz der Holzwände wider. „Ihr verbraucht den Gefallen des Höchsten Führers für einen Erdling?", fragte er.

Seine weißen Augen zuckten hin und her und die Narben in seinem Gesicht verschoben sich bei jeder Gesichtsregung. Die etwas längeren weißen Haare, verdeckten die Linien auf seiner Stirn. „Wir wollen ihn sicher nicht verschwenden, wir wollen ihn lediglich friedlich einsetzen. Es ist besser, wenn dieser Gefallen verschwindet, dann stehen Sie endlich nicht mehr in unserer Schuld." Die Augen des alten versuchten weiterhin, Alva zu erfassen. „Und du bist Erlendurs Tochter?", fragte er. „Ich rieche nicht den Wunsch Blut zu vergießen, aber ich rieche den Wunsch der Vergeltung. Kannst du dich nicht entscheiden, wer du sein möchtest?" Alva blickte kurz etwas verwirrt zu mir. In ihren dunklen Augen standen tausend Fragen. Ich würde sicher keine davon beantworten können.

„Bitte, lasst uns den alten Krieg vergessen und einen neuen vermeiden", sagte sie leise. „Ist das nicht auch Ihr Wunsch?"

Der einfache Raum mit dem einzelnen Holztisch in der Mitte, schien sich noch zu verdunkeln, als Randall seine spitzen Zähne zu einem Lächeln entblößte. „Natürlich nicht", sagte er. „Ihr bekommt das Schiff. Aber ich tue dir den Gefallen, weil ich in der Schuld deines Vaters stehe, nicht weil ich einen Krieg verhindern will oder was weiß ich ..." Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Geht schon. Das Schiff steht hinter dem Haus. Bringt es nicht zurück, ich muss es nicht wiedersehen." Ich dachte an mein Motorrad, das immer noch bei Kyle war. Vielleicht fand ich ein neues auf der Erde, wobei mein altes schwer zu ersetzen war. „Danke." Alva verbeugte sich erneut und zog an meinem Arm, damit ich es ebenfalls tat. Danach zog sie mich aus dem Haus. „Schließt die Tür, ich will keine weiteren Gäste", rief er uns hinterher. Alva schubste mich hinaus und schloss die Tür so leise wie möglich. Als das Schloss klackte, atmete sie erleichtert aus.

Sie schien gerade etwas sagen zu wollen, als ihr Blick plötzlich in die Ferne abschweifte. „Wir sollten gehen. Ich möchte keine Konfrontation mit Indras Arbeitern." Ich nickte und folgte ihr um das verfallene Haus herum. Ich blieb stehen und legte den Kopf schräg. Meine Haut unter der Maske begann langsam zu jucken. „Das soll ein Raumschiff sein? Das sieht aus, als wäre es aus der Zeit des ersten Milchstraßenkrieges." Alva verzog das Gesicht zu einem Lächeln. War das überhaupt ein Lächeln? „Es ist aus dieser Zeit", realisierte ich seufzend.

In der Ferne hörte ich die Rufe einiger Arbeiter. „Los, sonst sehen sie uns noch!" Alva zog die Tür des winzigen Schiffs aus, dessen einzelne Metallteile wie zusammengeflickt aussahen. Immerhin war es tropfenförmig, was eine gewisse Geschwindigkeit versprach. „Kannst du fliegen?", fragte sie. Ich schüttelte resigniert den Kopf und stieg hinter ihr ein. Die Tür fiel automatisch wieder zu und die Lichter des Raumschiffs flackerten, bis schließlich orangenes Licht die zerkratzten Konsolen beleuchtete, die trotz des Verfalls immer noch etwas magisches hatten. „Dann bist du Co-Pilot. Ich sag dir, welche Knöpfe du drücken musst. Ist einfach." Ja, natürlich. Für sie vielleicht.

Sie rauschte an mir vorbei und ließ sich auf dem Pilotensitz nieder. Ich blieb wie angewurzelt stehen und blickte sie an. Endlich fiel mir ein, dass ich die Maske abziehen konnte. Ich setzte mich auf den Platz neben ihr. Glücklicherweise waren die Fenster von außen verdunkelt, sodass uns die Arbeiter nicht sehen würden. „Schnall dich lieber an. Das Schiff ist für den Kampf gemacht, nicht für Ausflüge." Ich tat einfach, was sie sagte. Es wirkte so, als könnte man ihr bei Ratschlägen vertrauen. Sie zog ein Haargummi irgendwo aus ihrem Anzug und band sich die Haare zusammen. „Dann wollen wir mal", meinte sie und dehnte die Finger. „Ach, es wäre gut, wenn wir uns einen Namen für das Schiff ausdenken. Wir werden an einigen ... nun ja, nicht ganz ungefährlichen Planeten vorbeikommen und da wäre es nicht schlecht, wenn wir uns ausweisen könnten. Und denk dir einen anderen Namen aus." Ich nickte und sie startete das Raumschiff.

„Du weißt, wie man das fliegt?" Sie schnaubte. „Natürlich." Ich zog die Augenbrauen hoch, während das Schiff in die Höhne stieg und den schwarzgrauen Staub Indras aufwirbelte. In diesem Moment schoss ein Blitz vom Himmel und schlug in einer entfernten Fabrik ein. Erst stieg nur eine Rauchwolke auf und dann dröhnte die Erde. „Oh nein", sagte Alva. Ich sah deutliche Verzweiflung in ihren Augen, als sie sämtliche Knöpfe bewegte. Ein Ruck ging durch das Schiff und wir stiegen mit immenser Geschwindigkeit nach oben. „Ist doch nichts passiert, oder?", fragte ich. Kurz darauf explodierte der ganze Mond.

Aphrodite 13 (paused, returning this summer)Où les histoires vivent. Découvrez maintenant