Die Tücken des Adels

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Arvid Centauri - Zeitabschnitt 771

Rhea
Ich hatte das Gefühl, dass mein Bruder in diesem Moment etwas sehr Unbedachtes tat, aber ich hatte mich dennoch dazu entschieden zu gehen. Ich wollte ihm nicht das Gefühl geben, kontrolliert zu werden. Ich öffnete meinen Mantel, weil die Luft durch die Aufladung wärmer geworden war, obwohl es bald mitten in der Nacht war. Erions Launen gingen über Tag und Nacht hinaus. Warum ich mich auch innerlich so aufgeladen fühlte, wusste ich nicht genau. Ich war kurz davor gewesen, Arvid meine Meinung zu geigen. Normalerweise war das die Art meines Bruders. Er war der Unbedachte, der Aggressive und ich ignorierte, was mir nicht gefiel. Normalerweise.

Noch dazu hatte ich die Blicke bemerkt, die Grace meinem Bruder zugeworfen hatte. Darüber wollte ich gar nicht nachdenken. Und dann war da ja auch noch Alain ... Aber ich konnte doch nicht mit dem besten Freund meines Bruders zusammen sein. Und außerdem war ich mir nicht mal sicher, ob das Interesse auf Gegenseitigkeit beruhte.

Regentropfen prasselten auf das Kraftfeld und ich betrachtete die bunten Reklamen am Wegrand, die unaufhörlich flackerten. „Genug vom Alltag?" Ich erschrak und drehte mich um. Etwa zwei Meter von mir entfernt stand Arvid und lächelte mich an. Seine kurzen blonden Haare standen in alle Richtungen ab. Er hatte sein typisches Fliegeroutfit an. Eine schwarze Hose mit mehreren Taschen, ein schwarzes T-Shirt und eine grüne Lederjacke mit dem Wappen der Sucher. Um seinen Hals hing eine Kette, an der eine 13 hing. Das Zeichen des Adels.

„Wieso willst du denn schon gehen? Es gibt keinen Grund dafür", meinte er und kam ein Stück näher. Ich widerstand dem Drang, einfach wegzulaufen. „Ich kann den Adel nicht mehr ertragen!", sagte ich wahrheitsgemäß und bereute meine Worte drei Sekunden später. „Diese Aussage könnte ich als Hochverrat zählen, Rhea." Er kam noch einen Schritt näher, sodass ich nicht mehr ausweichen konnte und mit dem Rücken zur Wand stand. „Du würdest nicht einmal mehr eine Dienerin der Königin werden! Ich könnte ein Leben, dein Leben", er schnipste in die Luft, „mit einem einzigen Satz beenden." Ich blickte ihm in seine wunderschönen Augen und fragte mich wie jemand so schönes innerlich so zerstört sein konnte.

„Was hat man dir angetan?", fragte ich und versuchte, mich an ihm vorbeizudrängeln, aber er ließ es nicht zu. „Du könntest diesen Hochverrat ungeschehen machen." Er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Wenn du damit meinen Bruder provozieren willst ..." „Er muss das doch gar nicht erfahren. Vermutlich ist er sowieso anderweitig beschäftigt", meinte Arvid lachend und schob seine Hand unter mein Shirt. Ich holte aus, aber er fing meine Faust ohne Mühe auf und küsste mich. Ohne über die Konsequenzen nachzudenken, stieß ich ihn so heftig von mir wie ich konnte. Es hielt ihn nicht auf, im Gegenteil, es schien ihn noch mehr anzustacheln. Jemand wie Arvid, der augenscheinlich alles haben konnte, wurde von Widerstand, vom Anderssein angestachelt, weil er selbst immer perfekt sein musste.

Er drückte meine Hände gegen die eiskalte Metallmauer und küsste mich erneut. Plötzlich wurde er zur Seite gerissen. „Du adliger Mistkerl!", rief Alain und schlug ihm so fest ins Gesicht, dass ich seine Nase brechen hörte. „Immer noch sauer, dass ich dich in jedem Kampf besiegte?", schnaubte dieser, während ihm das Blut aus der Nase lief. Alain sah so aus, als wollte er immer wieder zuschlagen, aber ich lief blitzschnell zu ihm und umfasste seinen Arm. „Lass uns gehen", meinte er und funkelte Arvid an, der taumelnd und grinsend zugleich dastand. „Das wird Konsequenzen haben!", knurrte er und ging auf Alain los. Ich sah, wie er sein Platon-Messer zog und in diesem Moment war mir alles egal. So schnell ich konnte rannte ich auf ihn zu und stieß ihn zur Seite. Seine Faust traf mich an der Schläfe, bevor ich reagieren konnte. In meinem Kopf drehte sich alles und ich fiel hin. Ich sah gerade noch, wie Alain sein einfaches Messer zog, dass gegen Arvids Platon-Messer keine Chance haben würde und dann wurde trotz der Helligkeit der Blitze alles schwarz.

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Ich hörte das Aufeinandertreffen von ungleichen Klingen. Alles war unglaublich laut und dröhnte in meinem Kopf. Ich spürte eine warme Flüssigkeit, die langsam meine Schläfe hinablief. Ich richtete mich vorsichtig auf und fand Halt an der Hauswand. Arvid stand mit dem Rücken zu mir mindestens 100 Meter entfernt und war in einen verbitterten Kampf mit Alain verwickelt. Die weißen Pflastersteine waren trotz des schützenden Kraftfelds mit Sand bedeckt, der bei dem Kampf aufgewühlt wurde. Gerade schlitzte Alain einen riesigen Schlitz in Arvids Jacke, sodass dieser aufschrie. Aber auch er hatte einige schwerwiegende Wunden, sogar aus der Entfernung mit meiner verschwommenen Sicht konnte ich es sehen. Bald würde sich der gelbe Sand mit roter Farbe vermischen.

Ich arbeitete mich langsam an der Hauswand entlang und bekam plötzlich eine unbändige Wut, die ich nicht kontrollieren konnte. Arvid schlug Alain zu Boden. „Hör endlich auf, bitte!", schrie ich verzweifelt. Ich kippte zur Seite, im selben Moment wie Alain. Er blickte mich entschuldigend an. Als ob das alles seine Schuld wäre. Es war die Schuld der Gesellschaft. Arvid ließ von ihm ab und kam auf mich zu. „Dreckige Verräterin. Ich hab dir eine Chance ..."

Er brach plötzlich ab und umfasste seine Kehle mit beiden Händen. Ich saß weiterhin auf dem Boden und starrte ihn wütend an. Mein Atem ging stoßweise, aber seine Lungen schienen noch schlechter zu funktionieren. „Was...?", stotterte er und sank keuchend zu Boden. Seine Finger malten merkwürdige Muster in den Sand. Schwarze Linien bildeten sich an seinen Händen und um die Augen herum. Ich wandte den Blick ab, weil ich das, was auch immer es war nicht mit ansehen wollte. Obwohl ich nie jemandem so sehr den Tod gewünscht hatte. Mein ganzer Körper kribbelte, als wollte sich Elektrizität entladen. Ich schloss die Augen und hoffte, dass dieser Alptraum möglichst schnell vorbei war. Als ich sie wieder aufschlug, rappelte Arvid sich gerade auf. Die Linien zogen sich langsam zurück wie winzige Schlangen. „Ich werde das den Clanführern melden!", schrie er, drehte sich herum und rannte davon. Ich ließ meinen Kopf nach hinten fallen und wieder wurde alles schwarz. Isis, wie ich das hasste.

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Würdet ihr in einer Welt wie Aphrodite 13 leben wollen?

Aphrodite 13 (paused, returning this summer)Where stories live. Discover now