Verloren

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Manchmal stellt man sich etwas tausendmal vor und im letzten Moment ist es nicht die Wahrheit ...

Rhea

Kurz nachdem ich das Geschütz getroffen hatte, sprang Silvester von der Klippe. Ich konnte nicht glauben, dass er es tatsächlich tat. Sekunden später konnte ich ihn nicht mehr sehen und Alain ebenfalls nicht. Ich konnte mich kaum konzentrieren und starrte wie gebannt auf die Stelle, an der mein Bruder eben noch gestanden hatte. Achills Sucher senkte sich langsam hinab und ich musste mich anstrengen, um nicht wegen des Windes umzukippen. Als er aus dem Schiff stieg, ließ ich die Waffe fallen. Ein weiteres Verbrechen durfte ich mir nicht leisten. Auch wenn die Königin mich brauchte, war ihre Toleranzgrenze vermutlich bald erreicht.

Achill hob die Waffe auf und zog mich dann zu seinem Schiff. Der beinahe kugelförmige Sucher hatte unter dem Kreis in der Mitte einen Teil der roten Wand hinabgefahren, sodass eine Rampe entstand. „Ich kann dich auch jetzt mitnehmen, bevor du auch noch wegläufst!" Er stieß mir den Phaser in den Rücken, sodass ich gezwungen war, einzusteigen. „Die Königin wird nicht begeistert sein!", meinte er. „Du wirst ihr erklären müssen, wieso dein Bruder geflohen ist!" Er schubste mich auf einen der Sitze. Er blickte mich einen winzigen Moment zu lange voller Zweifel an und nahm dann Handschellen von einer der Konsolen. „Ich werde schon nicht aus dem Schiff springen!", sagte ich gereizt, während er nach etwas suchte, woran er mich festketten konnte. Der Sitz bestand sowieso größtenteils aus Metallstreben. Er nahm mein Handgelenk und schon war ich gefangen.

„Du weißt doch überhaupt nicht, was du hier tust. Wieso tust du, was die Königin dir befiehlt?", fragte ich ihn. „Ich folge nur den Befehlen des Königs", erwiderte er schlicht und ging zu den Steuerungskonsolen. In Sekundenschnelle hatte er den Sucher gestartet. Die Rampe fuhr wieder ein und die runde Form des Schiffes war wieder komplett. Durch das seitliche Runde Fenster konnte ich sehen, wie sich der Rauch des Antriebs mit den bläulichen Schlieren des beschädigten Geschosses vermischte. „Dann, wieso folgst du den Befehlen des Königs? Meistens geschieht dies nämlich aus Angst oder aus Überzeugung. Beides kann fatal sein, wenn Fanatiker an der Macht sind", erklärte ich ihm. Sachlich zu bleiben, fiel mir in diesem Moment so schwer wie noch nie.

Ich wollte aufstehen, aber es ging natürlich nicht aufgrund der Handschellen, die nun rot blinkten. „Ich würde nicht versuchen, mich loszureißen, es kann unangenehm sein!" „Beantworte einfach meine Frage!", sagte ich und war leider zu dumm seinem Rat zu folgen. Als ich erneut daran zog, schrie ich auf, weil sich etwas messerscharfes in mein Handgelenk bohrte. Augenblicklich schoss Blut aus der Wunde und ich lehnte mich schwer atmend zurück. „Deswegen folge ich ihm. Ich glaube, es ist aus Angst", sagte Achill. „Du hast Glück, dass die Königin irgendeinen Nutzen in dir sieht, ansonsten hätte der König dich längst getötet." Ich war so erstaunt, dass ich den Schmerz und die aufkommende Übelkeit für einen winzigen Moment vergaß. „Danke", sagte ich leise. Plötzlich fühlte ich mich so müde wie lange nicht mehr. „Wir haben Alain entdeckt, aber wir wissen nicht genau, wo dein Bruder ist", meinte Achill, aber ich hörte ihn nur noch durch einen Schleier und sah verschwommen, dass er sich umdrehte und seine Augen mich beinahe besorgt fixierten. Ich fasste den Entschluss, ihn dazu zu bringen, mir zu helfen. Ich würde hilflos sein und hoffnungslos. Ich würde seine Unsicherheit ausnutzen, auch wenn mir das nicht gefiel. „Sie werden Alain doch nicht töten, oder?", fragte ich. In diesem Fall musste ich meine Angst nicht vorspielen und meine Stimme zitterte sowieso. „Nein", meinte Achill. „Gut." Mein Kopf sank gegen die kalte Wand des Schiffes und kurz darauf schlief ich ein.

Aphrodite 13 (paused, returning this summer)Where stories live. Discover now