Das Urteil

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Dein Urteil liegt nicht in deiner Hand, aber das Leben davor ... und vielleicht auch das danach.

Rhea
„Dein Urteil, Rhea Adeodatus, beste deines Jahrgangs, ist es, dass du die oberste Dienerin der Königin wirst. Du wirst ihr dein Leben verschreiben, sie schützen, egal, was es kostet, um deine Sünden zu begleichen. Aufgrund deiner Ergebnisse und gewisser ... Ereignisse, hat die Königin verlangt, dich möglichst zeitnah zum Palast nach Isis zu schicken, damit du deine Ausbildung beginnen kannst."

Ich blickte ihn verwirrt an. „Ich werde nicht verbannt?", fragte ich, obwohl ich wusste, wie gefährlich diese Frage sein konnte. „Zu meinem Leidwesen, nein. Offenbar hast du das Interesse der Königin geweckt." Ich dachte an die Dienerin der Königin, die mir geholfen hatte. Offenbar hatte sie ihrer Meisterin berichtet und diese hatte nicht entschieden, mich zu töten, sondern mich auszunutzen. „Du wirst morgen zum Palast gebracht, in das Plinius-Viertel, um dort deine Ausbildung zu beginnen. Ich nehme an, über das Vorgehen der Ausbildung bist du informiert." Ich nickte. „Nun, nichts davon wird dich erwarten. Der Job der obersten Dienerin ist unberechenbar, nicht einmal ich weiß, was dich erwarten wird." Er hob die Schultern. „Falls ich dich nicht wiedersehe, Rhea Adeodatus, was sehr wahrscheinlich ist", er biss in den Apfel, „versuch, nicht allzu bald zu sterben, ich habe das Gefühl, wir könnten dich noch brauchen." Ich stand auf, um nicht noch mehr verwirrt zu werden. „Den Gefallen zu sterben, werde ich dieser Welt nicht gewähren. Ich bin mir nicht sicher, ob sie meinen Tod oder einfach nur mein Leben will, mir ist nur klar, dass mein Schicksal mich eingeholt hat. Vielen Dank, Rektor Seneca." Er nickte gebieterisch und wies auf die Tür. Ich wusste, dass nun ein neuer Lebensabschnitt beginnen würde.

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Alain und ich hatten uns entschieden, zur Küste zu fahren. Sowohl von Isis als auch von Hadit war diese leicht zu erreichen. Wir standen an der Klippe, die am weitesten ins Meer hineinreichte. Ich spürte die Erschütterung, als eine der Wellen gegen die herausragende Klippe schlug. Sogar das Kraftfeld flackerte unter der Erschütterung. Etwa sieben Meter entfernt erkannte man deutlich das winzige Loch darin. „Er hat mir nicht genau gesagt, wie er fliehen will, aber jeder der schonmal darüber nachgedacht hat, kennt diese Möglichkeit", meinte Alain.

Seit wir von der Akademie aus losgefahren waren, hatte er nichts mehr gesagt. Zu den Kursen zu gehen, hatte nun keinen Sinn mehr gemacht. „Weil es die einzige Möglichkeit ist", erwiderte ich und trat einen Schritt näher an den Rand und setzte mich, sodass ich die Hitze des Kraftfelds spüren konnte. Er ließ sich neben mir nieder und lehnte sich ein Stück nach vorne. Die Wunde an seinem Arm hatte sich wieder geöffnet und ein einzelner Blutstropfen landete auf dem von Sand bedecktem Stein. „Wir sollten mit ihm gehen", meinte er schließlich und tastete nach meiner Hand. Unsere Fingerspitzen berührten sich nur beinahe, so wie es immer gewesen war. Immer war ich einen Schritt vor dem Ziel gewesen, um dann zu erkennen, dass dieser eine Schritt eine ganze Welt, eine ganze Gesellschaft sein konnte.

Ich tat etwas, dass für mich sehr untypisch war. Ich tat etwas, ohne vorher darüber nachzudenken. Ich küsste Alain.

Ich hatte mit meiner Hand seinen Kopf zu mir gedreht und mich ein Stück vorgelehnt und schon war es einfach passiert. Ich glaubte, ich war überraschter von mir als er. Die Stiche der Sandkörner spürte ich kaum noch, weil ich in meiner Welt gefangen war. In diesem Moment waren wir an einem anderen Ort. Keine drohende Verbannung, keine toxische Gesellschaft. Nachdem ich mich von ihm gelöst hatte, war alles wie vorher. Nur mit mehr Hoffnung.

„Eigentlich wollte ich mir mehr Zeit geben, aber die haben wir nicht", sagte ich nach einigen Minuten, die wir in die Ferne gestarrt hatten. „Wir könnten sie aber haben!", meinte er eindringlich. „Du solltest mit zur Erde gehen. Aber für mich ist das keine Option", erwiderte ich. „Wieso nicht?", fragte er. „Es gibt viele Gründe", meinte ich. „Ach wirklich?", fragte er gereizt und stand auf. „Soll ich sie tatsächlich alle aufzählen?", fragte ich. Er antwortete nicht. „Um durch das Kraftfeld zu kommen, müsstet ihr sieben Meter weit springen und es genau treffen, ansonsten werdet ihr gegrillt. Wenn nicht, landet ihr im Meer und werdet von den Wellen gegen die Klippen geworfen. Ich denke ich muss nicht erklären, zu welchen Verletzungen das führen kann. Ihr müsstet einen der Wachtürme erreichen, bevor die Sucher euch entdecken und ..."

„Hör auf damit!", schrie er. „Ich kann nicht ertragen, wie ruhig du bleibst! Ich werde ein Gefangener der Königin sein!" Ich sprang auf. „Das verstehe ich doch, aber weißt du, was ich nicht ertragen kann? Leichtsinn!" Er blickte mir in die Augen und ich wandte meinen Kopf zur Seite, um die Wut darin nicht sehen zu müssen. „Es ist wirklich interessant, euch zuzusehen, aber ich muss euch leider unterbrechen!" Mein Bruder stand mit verschränkten Armen am Ende der Klippe. Er kam langsam auf uns zu und ich brachte vorsichtshalber mehr Abstand zwischen mich und Alain. „Du kommst also nicht mit, Rhea? Das ist ein Problem."

Aphrodite 13 (paused, returning this summer)Where stories live. Discover now