Kämpfe und Schicksal

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Ich wich blitzschnell aus und versuchte mein Glück. Ich schlug mir das Schwert gegen das Schienbein und wäre beinahe hingefallen. Im nächsten Moment schlug Grace mir mit dem Schwert in die Seite und trat mir die Beine unter dem Körper weg. Ich hustete und betete, dass meine Rippen nicht gebrochen waren. Ich richtete mich ächzend auf und Grace hielt mir die Spitze des Schwerts an die Kehle. „Du hast Glück, dass es nicht geschärft ist!", meinte sie. Ich versuchte meine Wut zu verbergen und hielt mir die Seite. „Immerhin bist du beim ersten Schlag ausgewichen und du hast deine Waffe nicht losgelassen." Ja, immerhin etwas.

Tatsächlich spürte ich den Griff des Schwerts immer noch in meiner Hand. „Wir haben viel zu tun. Aber spannend wird es erst, wenn du deine Magie entdeckst. Ich verstehe zwar nicht, wieso ausgerechnet du so etwas bekommst, aber es scheint irgendeine Art von Urmagie zu sein, die in deiner Familie vererbt wird ... mein Vater war diesbezüglich eher schweigsam. Ich hoffe dir ist klar, was für eine Ehre es ist, die Magie zu haben, auch wenn jemand wie du sie nicht verdient hat."

Jedes Mal wenn sie ihren Vater erwähnte, blinzelte Grace hektisch, was ich durchaus verstehen konnte. Ich wollte nicht in der Nähe von Narziss leben, er hatte etwas von einem Vampir. Ja, so nannten es die Menschen von der Erde. Auch Grace hatte etwas von einem Vampir, mit der blassen Haut und den weißen blitzenden Zähnen. Aber in ihren Augen hatte sie nicht das bösartige Funkeln, welches ihr Vater besaß. Ihre Beleidigung ignorierte ich wie immer. Wie fast immer. „Magie?", fragte ich und versuchte verzweifelt, nicht umzukippen. Meine Rippen stachen unangenehm und ich ließ das Schwert resigniert fallen. „Anoush ist dafür zuständig." Ich blickte sie fragend an. „Ich glaube du hast sie schon kennengelernt, nach ... Arvids Ausrutscher." Ich schüttelte den Kopf. Mir war das hier alles viel zu viel, aber ich durfte mir das jetzt nicht anmerken lassen. Ich hatte schon viel zu viel mit Grace geredet. Aber schließlich hatte sie mir auch einiges verraten. Zwar konnte sie mich jeden Moment töten, aber ich spürte bei ihr nicht das bösartige Verlangen der Königsfamilie. Sie war eher dazu gezwungen, sich so zu verhalten. „Was ist mit deinem Gesicht passiert, Grace Ruby? Auch ein Ausrutscher?", fragte ich. Die restliche Farbe wich aus ihrem Gesicht. Sie hob das Schwert. „Das geht dich nichts an." Ihre Stimme zitterte.

Blitzschnell hob ich mein Schwert auf. Die Wut in ihrem Schlag war deutlich zu sehen, aber auch so vorhersehbar. Ich machte einen Schritt zur Seite und Grace Schwert schlug eine Macke in den makellosen Glasboden. „Du hast furchtbare Stimmungsschwankungen. Woran liegt das?", fragte ich. Mit dem nächsten Schlag schlitzte sie die Haut direkt über meinem linken Knie auf. Ich schrie auf und knickte ein. Ich schaffte es aber dennoch, den nächsten Schlag abzuwehren. Metall schlug auf Metall und ich sah deutlich den Zorn in Grace hellen Augen aufblitzen. Beim zweiten Mal flog mir das Schwert aus der Hand. Grace ließ ihr Schwert fallen und holte aus. Ihre Faust schnellte über meinen Kopf hinweg, weil ich mich rechtzeitig duckte. Der zweite Schlag traf mich am Kiefer und mein Kopf flog ein Stück zurück. Auch Grace stolperte ein Stück zurück. Obwohl ich sie nicht getroffen hatte, war ihr Gesichtsausdruck schmerzerfüllt und sie krümmte sich ein wenig zusammen.

„Verrat mir dein Geheimnis!", schrie sie mich an. „Wie schaffst du es so kontrolliert zu sein? Wieso tust du immer das richtige?", fragte sie. Ich versuchte, meinen Kiefer wieder einzurenken. „Ich dachte, ich mache nichts richtig", meinte ich leise. „Und genau das ist das Problem. Du weißt überhaupt nicht was für ein Glück du hast, kein Teil dieser Gesellschaft zu sein. Ich will nicht mehr funktionieren!", schrie sie. „Ich werde dich nicht mehr trainieren. Mein Vater kann das machen, er weiß sowieso alles besser!" Die letzten Worte murmelte sie nur noch und ließ das Schwert fallen. „Grace!", rief ich ihr hinterher. Sie blieb nicht stehen.

Ich starrte auf das Schwert am Boden. Ich wollte nicht, dass sie aufgab. Ich hatte sie provoziert, weil ich bei ihr schon immer eine gewisse Unsicherheit gespürt hatte. Ich wollte das nicht ausnutzen, aber wenn ich ihr irgendwie helfen konnte, vielleicht konnte ich sie dann auf meine Seite bringen. Sie tat mir sogar leid. Ich sah sie zwar immer noch, als sie mich vor jeder Prüfung bloßgestellt hatte. „Sie denkt doch tatsächlich sie könnte es schaffen. Aber mit Verrätern als Eltern wird sie mich nicht schlagen. Denkst du wirklich du könntest besser sein als ich, Rhea? Ich werde die beste Pilotin sein, ich werde die beste Prüfung ablegen und du ... du wirst versagen. Das ist deine Bestimmung." Das hatte sie gesagt. Aber ich entschied, dass es meine Bestimmung war, hilflose Leute wie Grace Ruby vor ihrem Schicksal zu retten.

Aphrodite 13 (paused, returning this summer)Where stories live. Discover now