Epilog

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Ich sitze auf einem großen Handtuch unter einem riesigen Sonnenschirm am Strand und bohre meine Füße in den warmen Sand. Das Buch in meiner Hand habe ich gerade zu Ende gelesen - und nun sehe ich zum Wasser, dessen Wellen sich leicht erheben und dann wieder ganz sanft werden. Die kühle Brise weht mir das Haar aus dem Gesicht.
Kleine Kinder rennen herum, ihre Eltern ihnen hinterher. Einige von ihnen bauen Sandburgen.
Und dann fällt mein Blick auf meinen Ehemann. Er sitzt auf den Knien ziemlich nah am Wasser im nassen Sand und schaufelt Sand über Jasmins Beine, um eine Flosse wie die der Barbie-Meerjungfrau zu machen, die sie in der rechten Hand hält. Grinsend sieht sie zu mir herüber und winkt.
Das ist einer dieser Momente, in dem ich mir hundertprozentig sicher bin, dass ich glücklich bin. Ich bin die glücklichste Frau auf dieser Welt - meiner Meinung nach. Denn ich habe Aidan, den ich über alles liebe und der mich genauso sehr liebt wie ich ihn. Und dann haben wir beide noch das schönste Geschenk auf dieser Welt bekommen, das man sich nur wünschen kann: unsere kleine Jasmin.
Sie ist drei Jahre alt und ich verfluche jetzt schon die Zeit dafür, wie schnell sie vergeht. Noch zu genau erinnere ich mich daran, wie sie mich von innen getreten hat und Aidan immer aufgeregt mit ihr gesprochen hat, während er den Kopf auf meinen Bauch gelegt hat, um etwas zu hören. Noch zu genau erinnere ich mich daran, wie ich meine kleine Jasmin zum ersten Mal in meinen Armen halten durfte - und wie sehr sie damals das ganze Krankenhaus zusammengeschrien hat. Aidan war so aufgeregt gewesen, als die Wehen eingesetzt hatten - als hätte er Jasmin auf die Welt bringen müssen.

"Eli!", reißt ein Ruf mich aus meinen Gedanken.

Sofort lege ich das Buch von meinem Schoß weg und lege alles so hin, dass es durch den Wind nicht wegfliegen kann. Nicht so wie als Aidan und ich das erste Mal zusammen in Urlaub waren. Damals war sogar unser Sonnenschirm weggeflogen - zusammen mit Aidans Sonnenbrille und einer halbvollen Chipstüte. Wie auch immer das möglich ist... Den Schirm und die andere Sachen haben wir nie wieder gesehen.
Es ist das erste Mal, dass wir mit Jasmin in den Urlaub gefahren sind. Lange haben wir uns nicht getraut, weil sie erst drei Jahre alt ist, doch dieses Jahr hat uns irgendwas dazu angetrieben. Seien es Jasmins Tanten Lydia und Zoe und ihr Onkel Zayn.
Lächelnd gehe ich auf die beiden zu und setzte mich neben Aidan in den Sand, der mir einen Kuss auf die Wange drückt.

"Wer ist denn diese Meerjungfrau?", frage ich die kleine Rothaarige, die Aidans Augen hat.

Immer wieder wird uns gesagt, wie sehr sie uns ähnelt. Bloß kriege ich entweder zu hören, dass sie wie Aidan aussieht - oder wie ich.
Sie grinst und sieht zu ihrem Papa. Dann sieht sie wieder zu mir.

"Ich bin jetzt wie Barbie. Aber ich heiße Jasmin weil  Barbie nicht schön klingt.", antwortet sie und hält mir die Puppe unter die Nase.
Ich muss lächeln. "Ich finde, du bist sogar noch hübscher als Barbie."

"Die Hübscheste", stimmt Aidan mir zu. "Sogar noch hübscher als Mama." Er zwinkert mir zu, was mich zum Lachen bringt.

Jasmin zeigt ihre kleinen Milchzähne. "Ich weiß. Ich bin hübscher als alle auf der ganzen Welt!"

"Jetzt weiß ich, von wem sie ihr Selbstbewusstsein hat.", merke ich an.

Aidan schüttelt gespielt empört den Kopf. "Du willst doch nicht etwa andeuten, dass ich es bin?"

"Neeiiinn"

"Dann ist gut."

"Papa?", ruft unsere Quasselstrippe dazwischen.

"Was ist los?"

"Papa, kannst du Ken sein? Du kannst im Wasser atmen, okay? Aber du brauchst keine Flosse."

Aidan nickt und ich sehe, dass er versucht, nicht zu lachen. Sein Oberkörper ist komplett voll mit Sand, weil Jasmin und er sich wahrscheinlich im Sand gewälzt hatten. Schließlich sind sie ja Barbie und Ken.

"Mama, du bist meine Schwester.", kommandiert sie weiter.

"Und wie heiße ich?", frage ich und küsse ihren Kopf mit dem dünnen roten Haar.

Verwirrt blinzelt sie mich an. "Du heißt Mama!", erwidert sie, als gäbe es nichts Logischeres.

Aidan lacht leise "Also wirklich, Mama. Wie kannst du so etwas bloß vergessen?"

*

Spät am Abend haben Aidan und ich es endlich geschafft, sie schlafen zu legen. Das ist jeden Tag das Schlimmste, was uns bevorsteht, denn Jasmin will nicht schlafen. Nie.
Zusammen lassen wir uns auf der Couch des nicht sehr großen Ferienhauses nieder. Er nimmt mich in seine Arme und drückt mich an sich - und ich lausche dem regelmäßigen Schlag seines Herzens.

"Unsere kleine Meerjungfrau schläft.", flüstere ich lächelnd bei dem Gedanken, dass sie eine Meerjungfrauen Kuschelpuppe an sich drückt, während sie schläft. Ohne diese Puppe kann sie nicht einschlafen.

Er lächelt und küsst mich. "Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich wirklich mit der schönsten Frau der Welt verheiratet bin."

"Schleimer", meine ich und strecke ihm die Zunge raus, doch in meinem Innern wird mir bei seinen Worten ganz warm.

Plötzlich steht er auf und zieht mich mit sich.

"Wo gehen wir hin?"

Er nimmt meine Hand und dreht mich im Kreis. Und hätte ich ein Kleid oder einen Rock an, würde beides sich während ich mich umdrehe kunstvoll aufbauschen. Stattdessen trage ich aber eine Jogginghose und hässliche lange Socken.

"Baila conmigo, corazón.", fordert er und dazu kann ich nicht nein sagen, vorallem nicht, wenn er mich so ansieht, wie er es oft tut - so, dass mein Herz jedes Mal in seinen Armen schmilzt.

"Du willst, dass ich ganz ohne Musik mit dir tanze?"

Wortlos legt er seine Hände an meine Hüften und meine gleiten hinter seinen Nacken, wo ich sie miteinander verschränke.

""

Ich liebe es, wenn er Spanisch spricht. Das lässt mein Herz in manchen Momenten immer noch höher schlagen. Und durch den Spanischunterricht damals in der Schule verstehe ich das meiste, was er sagt.

"No necesitamos música."  - Wir brauchen keine Musik.

"Wenn du meinst", erwidere ich und ziehe ihn zu einem Kuss zu mir herunter, während wir zu der nicht vorhandenen imaginären Musik tanzen.

"Te amo.", flüstert er in mein Ohr, als wir uns voneinander lösen.

Mein halber Spanier scheint für heute entschieden zu haben, nur noch Spanisch zu sprechen.
Ich muss lächeln. "Ich liebe dich auch."

Ende.

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Ich danke euch allen fürs Lesen meiner Geschichte - eure Votes und Kommentare haben mich sehr gefreut (und auch über zukünftige Leser würde ich mich sehr freuen xD)
Danke für eure Unterstützung ❤️

Zerschmettert Where stories live. Discover now