Kapitel 15

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M A D E L I N E
~24. November~

Ich habe tatsächlich den ersten Schock überstanden und Noah hat mich nun zu einem Training mit ihm überredet, da ich mich ja "grottenschlecht verteidigen" kann. Er ist der Meinung, dass wir jetzt jeden zweiten Tag ein Verteidigungstraining mit Boxen und allem drum und dran machen müssen, damit er mich nicht auf Schritt und Tritt verfolgen muss, um mich zu "beschützen". Das trifft sich eigentlich sogar ganz gut.

Jedoch muss ich sagen, es gibt keinen schlimmeren Trainer als Noah. Er akzeptiert es nicht, wenn ich keine Power mehr habe, weil er meint, dass ich ja auch nicht mitten im Notfall sagen kann "Warte kurz, ich brauche eine Pause". Er hat zwar Recht, aber es nervt mich trotzdem.

Naja, wie auch immer. Wir sind also mal wieder auf dem Weg in die Trainingshalle, beziehungsweise packe ich gerade meine Sportklamotten in eine Tasche und mache mich dann auf den Weg, da Noah mit meiner gestrigen Leistung nicht zufrieden ist und wir deswegen heute nochmal trainieren müssen. Und meine Motivation ist gleich Null. Also trete ich aus meinem Zimmer, ziehe mir meine Schuhe und Jacke an und gehe dann mit Noah ins Auto, um loszufahren.

Als wir ungefähr zehn Minuten später vor der Trainingshalle ankommen, gehe ich in die Umkleidekabine und ziehe mir ein weißes Top und eine kurze, schwarze Hose an. Dann binde ich meine langen Haare noch zu einem Dutt und gehe dann mit meiner Trinkflasche in die Halle, in der Noah bereits auf mich wartet. Er trägt ein schwarzes T-Shirt, welches sich über seine Muskeln spannt, und eine graue Hose.

In der Halle sind noch vier andere Männer, welche ich alle so auf 23 schätze. Als Noah mich sieht, kommt er sofort auf mich zu. "Hättest du dir nicht vielleicht noch was kürzeres anziehen können?", fragt er ironisch.
"Wenn du willst, dann kann ich mich hier auch ganz ausziehen, wenn es dir lieber ist.", sage ich und spiele provokant am Bund meiner kurzen Hose.
"Lass den Scheiß. Die vier da hinten geilen sich schon an dir auf.", flüstert er und bewegt seinen Kopf in Richtung der Männer, welche zu uns schauen.

"Und das ist ein Problem für dich?", frage ich und blicke ihm ins Gesicht, um die Ernsthaftigkeit seiner Aussagen zu suchen.
Er beißt sich kurz auf seine Lippe und schaut zur Seite. "Ja, das ist ein Problem für mich."
Nun werde ich hellhörig. "Achja? Warum das denn?"
"Weil das einigen Vollidioten das Signal gibt, sie zu wollen, wenn du verstehst was ich meine.", erklärt er. "Das soll nicht heißen, dass es an deiner Kleidung liegt, und du daran Schuld bist, sondern, dass einige Typen einfach nur krank sind und der liebe Gott ihnen kein Gehirn gegeben hat. Glaub mir, wenn ich jetzt nicht hier wäre, dann hätten die dich schon längst angemacht."

"Du machst dir also Sorgen um mich?", frage ich und muss grinsen.
"Maddy, das ist nicht lustig. Und ja verdammt, vielleicht mache ich mir Sorgen. Aber das ist eigentlich selbstverständlich. Bitte verspreche mir, dass du dich nur so anziehst, wenn ich dabei bin. Das kann nämlich echt schnell ausarten. Und nachdem das ausgeartet ist, ist immer die erste Frage: 'Was hattest du an?' und dann folgt sowas wie: 'Dann hast du selber Schuld.' Und genau das will ich vermeiden. Ich will dir jetzt nicht das Gefühl geben, dass du dich schlampig anziehst, denn ich finde jeder sollte tragen was er möchte, und ehrlich gesagt steht es dir auch, aber die Welt ist einfach gefährlich und krank."

Okay wow. Wie kann so jemand wie er nur zu so einer extrem kriminellen Gruppe gehören?

"Tut mir leid.", murmel ich, denn mir fällt nichts anderes ein.
"Entschuldige dich nicht, lass uns jetzt einfach trainieren, okay?", fragt er und ich nicke.

Drei Stunden später betreten wir verschwitzt unsere Wohnung und ich sprinte direkt ins Badezimmer unter die Dusche, da Noah und ich schon im Auto angefangen haben zu streiten, weil wir beide als erstes duschen wollten. Das warme Wasser prasselt auf meine Haut und entspannt meinen Körper sofort. Ich bin erschöpft von dem Tag.

Jedoch schweben Noahs Worte die ganze Zeit in meinem Kopf. Ich schätze seine Meinung zu diesem Thema sehr. Und ich finde es krass, dass er in einer Guppe ist, in der dies auch passiert. Irgendwie traurig, dass er aus dem Drogengeschäft einfach nicht rauskommt. Und das krasseste ist ja auch noch, dass er nun eigentlich auch morden soll. Er soll die Leute umbringen, die sich dem Boss, Carlos, und seinem Plan, alle Macht der Welt zu erlangen, in den Weg stellen.

Noah hat mir zwar versprochen, dass er dies niemals tun wird, aber was, wenn er ansonsten selber sterben müsste? Würde er andere töten, um sich selbst zu retten?

Meine Gedanken werden von einem lauten Klopfen unterbrochen. "Bist du bald mal fertig? Ich will auch duschen!", ruft Noah von außen gegen die Badezimmertür. Ich wasche schnell mein Shampoo aus meinen Haaren und stelle das Wasser ab. Dann wickle ich mir ein Handtuch um den Körper und trete aus dem Badezimmer. Dort steht Noah und fährt meinen Körper mit seinem Blick ab, kneift dann einmal kurz seine Augen zusammen und geht ins Badezimmer.

Was war das denn?
In meinem Zimmer mache ich mir Musik an und schreibe etwas mit Tami, und wir beschließen, dass wir uns unbedingt mal wiedersehen müssen.
Nach einer halben Stunde betritt Noah mein Zimmer.
"Hey", sagt er und setzt sich auf meinen Schreibtschstuhl.
"Was willst du?", frage ich verwirrt.

"Ich hab ja noch die einen oder anderen Dinge gut bei dir, richtig?", fragt er und ich ahne schlimmes. Ich fixiere ihn mit meinen Augen und nicke kurz, da mir die Situation etwas Angst macht.

"Rein theoretisch kann ich ja alles zusammentun und daraus eine große Sache machen, oder?", fragt er. Ich nicke wieder, jedoch unsicher.
"Gut. Also die vier oder fünf Dinge gut bei dir lege ich zusammen und will, dass du meine Freundin spielst, wenn meine Eltern zu Besuch kommen."

Bitte was?!

"Warum sollte ich das tun?", frage ich geschockt.
"Weil ich was bei dir gut habe. Und du hast ganz am Anfang gesagt, dass es alles sein kann. Also spricht nichts dagegen. Außerdem habe ich meiner Mutter vor ein paar Monaten erzählt, dass mich mit 'meiner Freundin' zusammengezogen bin, damit sie mich nicht weiterhin damit nervt, dass ich eine brauche."
"Aber das ist ja nicht mein Problem."
Er verdreht die Augen. "Du hast es mir versprochen, also halte dein Wort."

"Ich habe dir aber nicht versprochen, deine Freundin zu spielen!"
"Maddy, es ist nur ungefähr ein Monat. Das wirst du überleben.", versucht er mich zu überreden.
"Wann wolltest du mir eigentlich erzählen, dass deine Eltern zu Besuch kommen? Und wann kommen sie überhaupt?"

"Ich erzähle es dir doch jetzt. Und sie kommen nächste Woche Sonntag, und mein kleiner Bruder kommt auch. Du kannst mich jetzt nicht im Stich lassen. Du hast gesagt, du machst es, egal was es ist."

Ich atme laut aus. "Okay, ich mache es. Aber nur, weil ich meine Versprechen nicht breche.", gebe ich dann nach.
Er steht mir einem Lächeln im Gesicht auf. "Danke! Näheres besprechen wir wann anders.", sagt er und geht dann wieder rüber in sein Zimmer.

Na toll, worauf habe ich mich hier gerade eingelassen?

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Roommate | ✔️Where stories live. Discover now