♦ Kapitel 9 ♦ - ,,Du kannst es nicht aufhalten, es hat schon begonnen.''

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Wenige Stunden später - ich sass immer noch auf Caius Schoss, die Finger mit den seinen verwoben - klopfte es an der mächtigen Tür. Neugierig hob ich den Kopf und sah, wie zwei niedrige Wachen eine verletzte Vampirin in den Thronsaal schleppten. Ihre Schulter war ausgekugelt, ihr weißes Leinenkleid blutdurchtränkt. Ein langer Schnitt zog sich über ihre linke Gesichtshälfte. In ihren Haaren hatten sich Blätter verfangen. Ein roter Abdruck zeichnete sich auf ihrem Hals ab, wie als wäre sie gewürgt worden. Alles in einem gab sie ein klägliches Erscheinungsbild ab, doch ich sah Hass und Zorn in ihren Augen lodern, sowie Ehrgeiz. Ihre blutroten Augen standen im krassen Gegensatz zu ihrem weißen Haar. Sie schaute jeden einzelnen an, ein wilder Ausdruck tauchte in ihrem Gesicht auf. Ihr Mund war zu einem siegreichen Lächeln verzogen. Eine böse Vorahnung packte mich, erinnerte mich an das Lächeln des kleinen Mädchens. Es war ein Lächeln, das bedeutete, dass bald etwas sehr schlimmes geschehen würde. Unsicher erhob ich mich, ließ Caius Hand los, die mir Sicherheit gab und mein Selbstbewusstsein stärkte. Schritt für Schritt setzte ich meinen Weg zu der weißhaarigen Frau fort. Ich drückte meinen Rücken durch, wollte mir meine Unsicherheit nicht anmerken lassen. Ein kaltes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Bei ihr angekommen strich ich ihr fast liebevoll über die Wange, doch dann packte ich ihren Kiefer und drückte zu. Die Wachen ließen sie los, entfernten sich wieder. Schmerzerfüllt keuchte die Frau auf, doch dann lachte sie. Es war ein irres, wildes Lachen. Ein Lachen, das mir eine Gänsehaut verpasste.

''Du kannst es nicht aufhalten, es hat schon begonnen!'', keuchte sie.

''Was hat schon angefangen?'', wollte ich wissen, während ich fester zudrückte.

''Sag ich dir nicht, sag ich dir nicht!''

Meine Faust krachte in ihren Bauch. Mehrmals schlug ich zu, bis sie schließlich Blut spuckte. Angeekelt wich ich ihr knapp aus, wollte meine Kleider nicht beschmutzen. Speichel gemischt mit Blut lief ihr Kinn hinab.

''WAS HAT SCHON ANGEFANGEN?!''

Ich verlor die Beherrschung, drückte so fest zu, dass ihr Kiefer brach. Ihre Augen weiteten sich erschrocken, doch schon bald tauchte ein neuer Ausdruck in ihren Augen auf, etwas, das ich nicht beschreiben konnte. 

Wütend packte ich ihren Hals und zwang sie, in meine Augen zu blicken. Sie verfärbten sich schwarz, dieselbe Farbe, die ihr Herz hatte. Ich klinkte mich in ihren Geist hinein. Mein Bewusstsein konzentrierte sich auf ihr totes Herz. Ich ballte meine ganze Konzentration und nahm nur noch ihr totes Herz wahr. Dann schnipste ich. Ihr Herz schlug einmal, doch anstatt gleich wieder zu stoppen, schlug es noch einmal. Dann wieder einmal. Sobald ein Herzschlag aufhörte, begann der nächste, doch es wurde immer schneller. 

Geschockt riss ich die Augen auf, ließ sie los und stolperte einen Schritt nach hinten. Mein Bewusstsein klinkte sich aus ihrem Geist raus. Schmerzerfüllt kreischte die Frau auf, immer und immer wieder. Ihre Schreie halten durch den Thronsaal. Ihre Hände hatte sie fest gegen ihren Brustkorb gedrückt. Tränen liefen ihre Wange hinab. Sie fiel zitternd auf die Knie. Eine Erhöhung machte sich in ihrem Brustkorb bemerkbar, drang immer mehr an die Oberfläche. Es war ihr Herz, das einen Weg hinaus suchte. Dann platze ihr Brustkorb und ihr Herz explodierte vor unseren Augen. Blut spritzte, nässte jeden, der sich in unmittelbarer Nähe befand. Ich war nun von Kopf bis Fuß mit ihrem Blut besudelt. Ihre Augen waren weit aufgerissen, in ihrem Brustkorb klaffte ein großes Loch. Ihr Körper lag tot am Boden. 

Unfähig mich zu bewegen, stand ich starr da, schaute ihre Leiche an. Mein Gehirn konnte sich nicht zusammen reimen, was da gerade geschehen war.

Als ob das noch nicht genug gewesen wäre, kehrten meine Kopfschmerzen zurück, verwirrten meine Sinne, sodass ich plötzlich nur noch verschwommen sah. Wahrscheinlich waren auch meine Tränen ein Grund. Mein Gehör gab einfach den Geist auf, so hörte ich nicht, wie um mich ungläubig und zutiefst geschockt geflüstert wurde. Außerdem sah ich auch nicht die Angst in ihren Augen und die Sorge in Caius seinen.

Lethal Eyes #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt