♦ Kapitel 8 ♦ - ,,Er sorgt sich um dich, wie ich mich um Didyme gesorgt habe.''

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Am nächsten Tag lief ich die mit Blumen gesäumten Wege entlang auf der Suche nach einem geeigneten, schattigen Platz. Die Mauern warfen lange Schatten in den Garten. Tief zog ich den berauschenden Duft der Blumen ein. Sonnenlicht fiel auf den Garten und ließ die Wasseroberfläche des Teichs glitzern. Vögel sangen, Bienen summten. Meine Kapuze hatte ich tief ins Gesicht gezogen. Ich hatte keine Lust zu glitzern wie eine Discokugel. Außerdem war ich nicht gerne in der Sonne, ich mochte das Gefühl der Sonne auf meiner Haut nicht. 

Als ich endlich fündig wurde - es war eine abgelegene, verwitterte Bank, die ihre besten Jahre schon hinter sich gelassen hatte - setzte ich mich und warf den Kopf in den Nacken. Genüsslich schloss ich die Augen. Mir gefiel der Platz. Er wurde von wilden Sträuchern verborgen und spendete genügend Schatten. So konnte mir niemand zufällig über den Weg laufen und mich stören. Außerdem empfand ich das Tropfen eines Brunnens in der Nähe als beruhigend. 

''Kann ich mich zu dir setzten? Wie ich sehe, hast du meinen Lieblingsplatz schon entdeckt.''

Erschrocken öffnete ich die Augen und blickte Marcus an, der wartend vor mir stand und auf den Platz neben mir deutete.

''Natürlich, Meister.''

Marcus ließ sich neben mich fallen. Seine Augen, die eigentlich immer traurig und abwesend wirkten, glitzerten glücklich, als schwelge er in Erinnerungen.

''Schön, dass du diesen Platz gefunden hast. Fast niemand kennt ihn, außer ich und...'', seine Stimme brach.

''Didyme?'', fragte ich sanft nach.

Ich kannte ihre Geschichte.

Als Aro ein Vampir wurde, verwandelte er seine Schwester Didyme ein paar Jahre danach ebenfalls in einen Vampir. Er dachte sich, wenn er eine solche Gabe besäße, läge es doch nicht weit, dass Didyme auch eine bekäme. Doch ihre Gabe war schwach, sie konnte Menschen/Vampire glücklich machen. Aros Machtgier trieb ihn dadurch dazu, neue Talente zu suchen. Aufgrund Didymes Gabe verliebten sich viele in sie, doch sie erwiderte nur Marcus Gefühle. Die beiden lebten unglaublich glücklich miteinander und der Wunsch, die Volturi zu verlassen wurde immer stärker. Aro heuchelte Verständnis vor, doch dann ermordete er Didyme tückisch, sodass Marcus nie erfahren würde, wer seine geliebte Didyme ermordet hatte. Aro hatte sie wirklich geliebt, doch er war nicht bereit sie für die Macht zu opfern. Nach Didymes Tod benutzte er Chelsea um Marcus weiterhin an die Volturi zu binden. Marcus wurde dadurch in einen Zombie-ähnlichen Zustand versetzt, indem er keinerlei Leidenschaft für irgendetwas empfinden konnte.

Darum war ich jetzt wirklich verwirrt, warum er so offen mit mit sprechen konnte.

''Ja. Weisst du, das hier war unser Lieblingsplatz. Wir sind jeden Tag hier her gekommen, um einfach zu reden oder uns zu entspannen... Sie hat weiße Rosen geliebt, darum sind hier so viele gepflanzt worden.''

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Darum blieb ich einfach still und hörte ihm weiterhin zu.

''Oder Kleider hat sie auch geliebt. Vor allem Kleider aus kostbarer Seide...''

Dann hörte er auf zu erzählen, blieb einen Moment still, doch wendete sich dann mit eindringlichem Blick mir zu.

''Ich sehe, dass du ihm etwas verheimlichst, Jade. Da ist ein schwarzer Fleck in eurer Bindung. Hör auf Geheimnisse für dich zu behalten, er hat das Recht alles zu erfahren, Jade. Er sorgt sich um dich, wie ich mich um Didyme gesorgt habe. Denk immer daran, dass deine Entscheidungen nicht nur auf dich Auswirkungen haben, sondern auf alle, die du liebst.''

Mit diesen Worten stand er auf und ging, gab mir nicht einmal die Möglichkeit zu antworten. Doch wenn ich ehrlich sein sollte, wusste ich gar nicht, was ich überhaupt antworten sollte. 

Lethal Eyes #Wattys2016Where stories live. Discover now