P R O L O G

1K 87 101
                                    

»Ich atme, Harriet! Das Wasser ist meine Luft, so wahr ich hier stehe!«

Das hat sie zu mir gesagt. Genau das. Genau so.

»Du bist betrunken!«, habe ich ihr lachend zugerufen und gedacht, was für eine verrückte Nudel Anabelle doch ist. Die Art und Weise wie sie redete, immer so gestelzt und hochgestochen (selbst in diesem Zustand) ließ mich mit den Augen rollen. Ich sehe es noch vor mir, wie ihr nasser Haarschopf in diesem langweiligen Mausbraun unter der Oberfläche des Sees verschwand.

»Alter, die is' ja total dicht.«

Mallorys Stimme, eintönig und gelangweilt wie immer. Auch die habe ich noch im Ohr, als säße sie jetzt neben mir und würde mir mal wieder den Rauch ihrer billigen Menthol-Zigaretten ins Gesicht blasen. Sie wusste schon immer, dass ich die Dinger hasse.

»Wir sollten sie da rausholen. In diesem Zustand rumplantschen, das kann doch nicht gut enden.«

Troy, der ewig besorgte Troy. Nie lief er mit glatter Stirn herum. Immer hatte er etwas, das ihm Sorgen bereitete. Mal waren es die anstehenden Finals, dann der krumme Blick irgendeines Quarterbacks, mit dem er es sich verscherzt hatte... doch hauptsächlich war es Anabelle, die seine junge Stirn immer wieder in Falten zu legen vermochte.

»Heul doch nicht rum und geh einfach zu ihr ins Wasser! Kannst eh keinem mehr weismachen, dass du ihr nicht an die Wäsche willst, Casanova.«

Kaden, Mathegenie, Egozentriker, unsozialster Arsch unter dieser Sonne – dennoch irgendwie sympathisch, manchmal zumindest. Mit Alkohol in der Blutbahn eher nicht.

»Gott, du bist so verdammt unsensibel!«

Vera ließ in besagter Nacht keine einzige Gelegenheit aus, um es ihrem Ex in irgendeiner Form ungemütlich zu machen. Ich verstand sie, denn – wie schon gesagt – konnte Kaden ein richtiger Arsch sein. Doch ihre Motivation, ihn zu reizen, ging auf sehr viel persönlichere Gründe zurück und hatte hauptsächlich damit zu tun, dass er sie mit irgendeiner seiner Mitbewohnerinnen betrogen hatte.

Allgemein war klar, dass es nicht einfach sein würde, unser aller Freundschaft am Leben zu erhalten, wenn wir in Colleges quer über dem ganzen Land verstreut studierten, von einer romantischen Beziehung ganz zu schweigen. Und so zynisch es auch klingen mag, ich wusste gleich, dass Kaden nicht würde treu bleiben können. Vera musste es schließlich auf eigene Faust herausfinden.

Doch trotz dieser Spannungen hatten sie beide zu der Lagerfeuerparty eingewilligt, welche wir um der guten alten Zeiten Willen abhalten wollten. Wir hatten Ferien und wollten den Umstand ausnutzen, dass wir endlich einmal alle zur gleichen Zeit am gleichen Ort sein konnten...

Hätten wir doch vorher gewusst, was für fatale Folgen diese Sehnsucht nach der Vergangenheit haben würde.

Queen Of LungsWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu