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Als könnte ich an nichts anderes mehr denken, verschwand mein Lächeln nicht. Ein kleiner Denkzettel war gut, weil ich manchmal zu sehr an mich selbst dachte, wenn es mir schlecht ging. Dabei übertrug sich meine Stimmung auch auf meine Mitmenschen und auch wenn ich manchmal dachte, dass ich allein durch diese Zeit ging und es nur mich belastete, ließ es niemanden kalt. Auch wenn es für Chan und Rachel nicht gerade das Leichteste war meine Launen auszuhalten, schafften sie es doch jedes Mal immer für mich da zu sein und mich aufzubauen. Es war falsch zu denken, dass nur mich die Sache belastete, alle andere in meinem Umfeld bekommen davon auch mit. Für niemanden war es einfach. Noch nicht einmal für meine Eltern, die schon seit Jahren damit rätselten, was mein Verhalten auf sich hatte. Ob eine psychische Krankheit dahintersteckte, eine permanente Unzufriedenheit oder ob ich doch einfach nur stiller geworden war, im Vergleich als Kind. Schließlich war ich laut und frech, aber ich kannte eben auch meine Grenzen und tapste an dieser ständig entlang. Völlig anders als jetzt, wo ich mich nicht einmal im Entferntesten an die Grenze traute.

„Probier die mal an! Die würde dir bestimmt extrem gut stehen."

Ich wusste nicht, was mich geritten hatte mich von Hyunjin überreden zu lassen mit ihm shoppen zu gehen, während er mein persönlicher Styleberater sein wollte. Bis heute hatte ich eine Blockade in meinem Kopf, wenn ich selbst mit Chan in einem Modegeschäft war und jetzt war es auch nicht sonderlich besser gewesen. Nur hatte ich ihm einiges erzählt, wieso ich oft nur Hoodies trug und das nur in bestimmten Farben. Im nächsten Augenblick hatte ich ihm aber auch erzählt, was ich gern ausprobieren wollte, obwohl ich das noch nicht einmal so wirklich meinem besten Freund erzählt hatte. Doch fühlte ich mich bei Hyunjin in dieser Hinsicht ein wenig verstandener, weil dieser mir großen Zuspruch gegeben hatte, dass es mir bestimmt stehen würde. Einfach, weil ich einen zierlicheren Körperbau hatte und mir femininere Kleidung auch stehen würde.

Es war eine Bluse, welche Rüschen am Kragen und an den Ärmeln hatte, während die Schultern zudem ein wenig gepufft waren. Alles im schlichten, reinen Weiß. Sie war wirklich hübsch, keine Frage. Wenn Hyunjin nicht für mich gucken würde, was ich ihm beschrieben hatte, würde ich nicht einmal die Option haben, dass ich es wirklich ausprobieren könnte. Nun wurde ich jedoch nervös und dachte, dass mich alle anstarren würden, weil ich etwas aus der Frauenabteilung zumindest anprobieren würde. Absolut außerhalb meiner Komfortzone, weil die Anprobekabinen immer einen Spiegel hatten und für bekanntlich mied ich jeglichen Blick in den Spiegel, weil ich sah, wie falsch ich war. Ich kannte meine Größe und oft holte ich es mir ein oder zwei Größeren größer, sodass ich wirklich sicher war, dass es mir passte und nicht zu eng anliegt, sodass ich um die Anprobe drumherum kam. Zu dem war Shoppen sowieso total anstrengend.

Zögernd nahm ich also auch noch das Oberteil an mich und steuerte etwas zu nachdenklich mit Hyunjin im Schlepptau die Umkleidekabinen an. Mir wurde übel bei dem Gedanken, dass ich das wirklich tat, worauf ich mich nicht einmal wirklich vorbereitet hatte. Ich dachte, wir würden irgendetwas anderes machen. In ein Café gehen, aber stattdessen hatte er mir bei meinem mentalen Zusammenbruch geholfen und mich dann gezwungen ins Krankenzimmer zugehen, damit die Wunden an meinen Knien verarztet werden konnten. Ich hatte schon bedenken, dass es keine gute Idee war eine Hose anzuprobieren. Doch meinte der Blonde, dass ich keinerlei Probleme damit haben würde, weil sie nur an dem Hosenbund enganliegender sein würde. Also würde ich ihm dahingehend vertrauen müssen.

Ich hatte mit mir kämpfen müssen, aber am Ende machte ich kurzen Prozess und zog mich um, bedacht darauf, dass ich nicht in den Spiegel sah. Sonst würde mir nämlich sehr schnell der Mut vergehen. Außerdem wollte ich auch Hyunjin nicht enttäuschen, dass ich einen Rückzug machte.

Als ich die Sachen anhatte, konnte ich es mir nicht nehmen, doch in den Spiegel zu sehen und musste zunächst schlucken. Es war keinesfalls schlecht, doch war es eben ungewohnt anders, was ich sah. Allein jetzt wirkte ich anders, wie jemand, der ich sein wollte, dem aber jegliches Selbstbewusstsein hierzu fehlte, während ich mir zusätzlich vorstellte, wie ich aussehen würde, wenn meine Haare länger wären und ich etwas geschminkt war. Bei der Vorstellung legte sich ein leichtes Lächeln auf meine Lippen.

Es war nichts total außergewöhnlich, nur eine Kombination aus schwarz und weiß. Doch hatte ich keinerlei Probleme mich darin zu sehen, auch wenn mein Körper dadurch mehr zur Schau gestellt wurde, was ich eigentlich immer zu vermeiden versuchte.

Nervös zog ich also den Vorhang auf und hielt nach Hyunjin Ausschau, der auf einem Hocker saß und sich seinem Handy wohl die ganze Zeit über gewidmet hatte. Als er doch sah, dass ich mich halb hinter den Vorhang versteckte und auf ihn wartete, sprang er auf und begutachtete mich erstmal, als wäre ich irgendeine Schaufensterpuppe.

„Steck mal die Bluse in die Hose. Das kommt sicher gut." Ich kam seiner Forderung nach, auch wenn ich darin etwas unbeholfen war, weil ich nicht wusste, ob das so richtig war, wie ich es machte. „Guck nochmal in den Spiegel. In meinen Augen sieht es besser aus, weil du eine schmale Taille hast und dir sowas definitiv sehr gutsteht." Ich schaute nur flüchtig in mein Spiegelbild und nickte dann, weil er auf gewisse Art und Weise recht hatte. Auch wenn es noch immer befremdlich war.

„Aber ich wüsste nicht, zu was ich es anziehen sollte...", murmelte ich und fing an zu schmollen.
„Zu Geburtstagen, im Alltag... Es muss keinen Grund geben, wieso du das anziehst. Du solltest dich nur darin wohlfühlen, weil es zeigt, wie du bist. Das ist der Grund, warum und wann du es anziehen solltest."

𝗦𝗲𝗺𝗶𝗰𝗼𝗹𝗼𝗻 ✧ CHANLIXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt