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Die Zeit verging, wie im Flug und ehe ich mich versah, befand ich mich schon wieder bei mir Zuhause. Wehleidig, dass ich wieder ein Stück von mir selbst verloren hatte. Natürlich hatten meine Eltern gefragt, wie es war und ich gab ihnen nur als Antwort, dass es toll war. Detailreich war meine Zusammenfassung des Wochenendes für sie nicht, womit sie wohl auch gerechnet hatten. Ich erzählte ihnen nicht mehr ganz so viel, wie ich es noch vor ein paar Jahren tat und früher hatte dies auch einige Probleme mit sich gebracht. Meine Mutter war schließlich ein ziemlich emotional denkender Mensch, der jede kleinste Verhaltensweise von mir auf die Goldwaage legte und mich sehr oft fragte, was mein Problem war, dass ich nicht einmal mehr mit meinen eigenen Eltern reden wollte. Nur hatte sie es irgendwann sein lassen, als ich ihr zum gefühlt hundertsten Mal gesagt hatte, dass alles mit mir in Ordnung wäre und sie sich keine Sorgen machen brauchte.

„Den Selbstgesprächen unser Mom zu urteilen, hast du wieder nicht sonderlich viel mit ihr geredet.", hörte ich hinter mir. Rachel, die eigentlich nur ein Gesprächsthema finden wollte, biss bei mir jedoch dabei auf Granit. Ich mochte es einfach nicht gezwungen zu werden, etwas zu erzählen, was andere in meinen Augen nichts anging. Natürlich war sie meine Mutter, aber ich war eben noch längst nicht verpflichtet ihr alles zu erzählen, nur weil sie mich auf die Welt gebracht und mich großgezogen hatte.

„Soll sie Selbstgespräche führen." Leise grummelnd packte ich die letzten Sachen aus meinem Rucksack und drehte mich dann zu ihr. Sie hatte ihre Stirn gerunzelt und als wüsste ich es nicht besser, machte sie sich nun auch Sorgen. Ich hasste dieses Gefühl total. Zu wissen, dass da sich jemand einen Kopf um dich machte, obwohl eigentlich alles beim alten war und du dich wieder freiwillig in dieselbe Schublade stopfst, damit du nicht sofort auffliegst. „Ich bin ihr nicht zu ewigem Dank verpflichtet dieses Leben zu führen. Ich bin schon lange nicht mehr ihr süßer, kleiner Felix, der ständig blau und grün tragen muss, weil das in ihren Augen jeder Junge so zu machen hat."

Ich wusste nicht einmal woher diese Worte kamen, die die Wahrheit aussprachen. Noch nie hatte ich so etwas zu Rachel gesagt. Meine Gedanken, die schon immer irgendwie in mir waren, während ich mich nie getraut hatte, sie wirklich vor irgendeinem Familienmitglied auszusprechen. Es war eher Frustration, welche aufstieß, die ich gerade nicht steuern konnte.

„Hast du dich mit Chris gestritten oder warum kommst du auf einmal so frustriert nach Hause?", knallte sie mir an den Kopf, was mich wieder zurück in die Realität holte. Wut aufkochen lassen, würde mir nichts bringen und am Ende würde auch noch Chan der Schuldige sein, weil ich bei ihm übernachtet hatte. Mein Unterbewusstsein wollte sich einfach nur dagegen sträuben, wieder dier zu sein, wie man es mal wieder von mir verlangte. Mit einem Seufzen wurde ich dann also den letzten Frust in mir los und fuhr mich runter.

„Das Wochenende war schön. Wir haben gebacken, die Sterne angesehen, ich habe uns geschminkt und sind so shoppen gegangen... Ich brauchte mich eben nicht verstellen... Nicht so wie hier." Der letzte Satz war leise, als hätte ich realisiert, dass die vergangenen Tage nur ein Traum waren, aus dem ich aufwachte. „Ich hab sogar ein Kompliment bekommen von der Kellnerin..." Meine Lippen presste ich fest aufeinander, ehe ich nach dem Rucksack meiner Schwester griff und die Sachen auf mein Bett warf, die mir gehörten. Ich hatte mir nämlich eine weitere Lidschattenpaletten gekauft mit weiteren Farben, eine Foundation, sowie einen Concealer in einer passenderen Farbe. Es war eigentlich nicht viel, aber es war eben viel für mich, weil ich sowas noch nie besaß. Ein kleiner Protest gegen die Erwartungen meiner Eltern, wie ich zu sein hatte.

„Du bist mit Make-up raus? Und du hast das gekauft?", wollte sie auf Nummer sichergehen, dass sie es auch ja nicht missverstanden hatte. Natürlich kam dann dieses Gefühl in mir auf, dass sie mich auslachen würde, Worte sagte, die mich verletzten, obwohl ich ganz genau wusste, dass es nicht der Fall sein würde. Sie hatte mich stets dahingehend versucht aufzubauen, um selbstbewusster zu werden.

Zögernd nickte ich, traute mich nicht zu ihr zu sehen. Mich überkam die Scheu und wollte am liebsten verschwinden. Mich verstecken, weil ich ein kleines bisschen zu mir selbst gefunden hatte.

„Am Dienstag geh ich nach der Schule zu Chan, weil er Geburtstag hat und da ist ein Freund von ihm, der mir vielleicht Tipps im Schminken geben kann...", redete ich einfach weiter, weil ich diese wenigen Sekunden an Stille nicht aushielt. Als ich jedoch spürte, wie Rachel ihre Arme um mich legte und sie ziemlich stolz auf mich schien, verpuffte diese Angst verurteilt zu werden endlich. Das Gefühl, an der Stille zu ersticken, war nicht mehr so präsent.

„Du weißt, dass ich es dir täglich sagen könnte, wie stolz ich auf dich bin. Aber ich bin wirklich, wirklich stolz auf dich, was du wohl in den letzten Tagen geschafft hast..."
„Ich glaube eher, dass ich es Chan zu verdanken habe. Ohne ihn hätte ich das wohl nicht gemacht."

𝗦𝗲𝗺𝗶𝗰𝗼𝗹𝗼𝗻 ✧ CHANLIXWhere stories live. Discover now