23. Kapitel

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Lesenacht Nr.1 - Kapitel 3

Feyas Sicht:
Mitfühlend strich ich ihm über den Arm. Dann fragte ich vorsichtig: „Weißt du warum er so oft so schlecht träumt?“ Niedergeschlagen schüttelte Evan den Kopf. „Meinst du, dass er irgendetwas Schlimmes erlebt hat und dieses Erlebnis noch immer nicht verarbeiten kann?“, warf ich die Vermutung in den Raum. Evan zuckte mit den Schultern. „Er redet nicht darüber. Selbst Lilian hat er nie etwas erzählt, das die Ursache für diese Träume sein könnte. Es macht sie innerlich kaputt.“ Entschlossen stand ich auf. „Ich werde Aiden jetzt zum Reden bringen und Lilian wird dabei sein!“, beschloss ich energisch und verließ das Zimmer. Evan sah mir zweifelnd hinterher.

„Lilian. Könnte ich dich kurz sprechen?“, fragte ich in den Raum hinein und riss so das kuschelnde Paar aus irgendeiner Parallelwelt in der es nur die beiden gab. Sie sah kurz zu Aiden, dann wieder zu mir, warf Aiden einen entschuldigenden Blick zu und kam dann zu mir. Ich zog sie aus dem Raum, die Treppe hoch in ihr Zimmer, damit wir ungestört reden konnten. „Stimmt es, dass Aiden, dein Mate, dir nicht erzählt hat warum er so schlecht träumt und was er träumt?“, platzte ich sofort heraus, als die Tür ins Schloss gefallen war. Ich bemerkte erst was genau ich gesagt hatte, als Lilians Augen sich mit Tränen füllten und sie leise schluchzte. „Ich habe ihn oft gefragt. Aber er hat immer abgeblockt. Er redet nicht darüber. Ich meine, vertraut er mir etwa nicht, oder was?“, schimpfte sie weinend. Ich legte ihr besänftigend die Hand auf den Rücken und erwiderte: „Ich glaube nicht, dass es an dir liegt. Vielleicht ist es einfach eine schlimme Erinnerung die er nicht verarbeiten kann. Er will nicht darüber reden, frisst alles in sich hinein und muss dafür nachts diese Erinnerungen noch einmal durchleben. Das wäre meine Theorie. Sag, stimmst du zu?“ Langsam und zögerlich nickte sie. Ich lächelte und fuhr fort: „Wir werden ihn dazu bringen, dass er es zumindest dir erzählt. Ich kann gerne dann auch rausgehen. Aber er muss wenigstens dich einweihen!“ Entschlossenheit klang in meiner Stimme mit. Aufmunternd stupste ich Lilian in die Seite. „Nimm Evan mit. Das letzte Mal als ich Aiden dazu überreden wollte es mir zu erzählen ist er ausgerastet und hat mir beinahe das Gesicht zerkratzt. Ich konnte gerade noch so ausweichen. Er hat es tagelang bereut und mir jeden Tag gesagt wie sehr es ihm leid tut.“, warnte sie halbherzig. Auf dem Weg zurück zu Aiden lasen wir Evan auf und er erklärte sich sofort bereit uns beizustehen und Aiden wenn nötig zurückzuhalten. Zu dritt stiegen wir die Treppe hinunter. Im Wohnzimmer saß Aiden auf der Couch und starrte mit leerem Blick an die Wand. Vorsichtig ließ Lilian sich neben ihm auf das breite Sofa sinken. Sofort wandte er ihr seine Aufmerksamkeit zu. Schlang seine Arme um sie, als würde sie ihn vor dem Ertrinken retten. Dieser Mensch war innerlich vollkommen kaputt. Das sah man auch als Außenstehender. Ich fühlte mich schrecklich, ihm dieses Leid nicht ersparen zu können und das als ganz einfaches, menschliches Wesen. Wie musste Lilian sich dann erst fühlen. Über Aidens Schulter sah sie mich unsicher an. Sie wartete auf mein Signal. Ich nickte ihr zu und Evan neben mir spannte sich an. „Aiden. Ich bitte dich. Sag mir was dich so sehr beschäftigt. Ich kann dir helfen. Bitte. Erzähl es mir. Teile dein Leid. Das hilft.“, sprach sie mit zitternder Stimme auf ihn ein. Sein Kopf schoss ruckartig hoch und er sah sie entsetzt an. „Ich kann nicht.“, hauchte er so leise, dass ich es kaum verstehen konnte. Lilians Blick wanderte wieder zu mir. Mit der Hand deutete ich ihr weiterzumachen. „Doch. Du kannst. Du musst sogar. Ich will dich nicht verlieren, Aiden. Rede darüber. Mit mir. Bitte.“, flehte sie ihn an. Er begann zu zittern und schüttelte kaum merklich den Kopf. Sie nickte entschlossen. Wieder schüttelte er den Kopf, diesmal deutlicher. „Sei doch nicht so stur. Ich will dir helfen. Lass mich an dich ran, Aiden. Weißt du eigentlich wie sehr es mich verletzt dich Nacht für Nacht so zu sehen? Ich fühle mich hilflos. Ich will etwas gegen deine Alpträume tun. Aber dafür musst du mir erzählen, was passiert ist. Bitte. Sag mir, was dich so sehr in deinen Träumen heimsucht. Lass mich dir helfen.“, platzte Lilian heraus. Zum Ende hin wurde ihre Stimme wieder leiser und flehender. Aiden sah ihr in die tränennassen Augen, doch er sagte nichts. Innerlich schien er einen Kampf auszuführen. Plötzlich sprang er auf. Wut war auf seinem Gesicht zu sehen. Geschockt wich Lilian zurück und Evan machte einen Schritt nach vorne. Er war in vollkommener Alarmbereitschaft. Bereit sofort Aiden an die Wand zu nageln sollte er auf einen von uns losgehen wollen. „Was wenn ich deine Hilfe gar nicht will?“, schrie Aiden auf einmal außer sich. Lilian keuchte erschrocken auf. Das hatte er nicht wirklich gesagt.... Bitte.

Des Rudels Luna Where stories live. Discover now