13. Kapitel

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Evans Sicht:
Etwa zwei Meter entfernt schob sich ein junger Wolf aus dem Gebüsch. Er humpelte und sein Fell war blutverschmiert. Aiden neben mir setzte bereits zum Sprung an, doch ich gab ihm zu verstehen, dass er noch warten sollte. Nathan! Hier ist ein fremder Wolf. Komm mit den anderen unverzüglich zu mir. Wir sind in der Nähe des Flusses. Der junge Wolf begann zu winseln und sah aus großen Augen zu uns auf. Vorsichtig trat ich einen Schritt auf ihn zu. Immer noch bereit ihn sofort zu töten, sollte er sich auffällig verhalten. Plötzlich knackte hinter mir ein Ast und ich drehte den Kopf ein wenig. Doch genau diesen Moment nutzte der fremde Jungwolf aus, um mich von hinten anzugreifen. Ein anderer Wolf, vermutlich der, der auf den Ast getreten war, hatte sich auf Aiden geworfen. Verbissen versuchte ich das Jungtier von mir zu bekommen. Doch er hatte einen äußerst starken Biss. Seine Zähne bohrten sich immer tiefer in meine Schulter. Mit aller Kraft stemmte ich mich mit der Schulter gegen einen Baum. Nun war er zwischen meiner Schulter und dem Baumstamm gefangen. Immer stärker drückte ich ihn dagegen, bis ich ein Knacken vernahm. Der Wolf jaulte auf und ich ließ ihn mit gebrochenem Rückgrat zu Boden fallen. Noch ein letztes Mal schnappte ich nach ihm, bevor ich mich umdrehte und versuchte den anderen Jungwolf von Aidens blutenden Körper zu entfernen. Er war nicht ganz so kräftig und so war es ein leichtes für mich, ihn in den Fluss zu schubsen. Mit den Pfoten schlug er um sich und versuchte sich über Wasser zu halten. Doch nur kurz später verließ ihn der letzte Rest Kraft und er ging unter. Aiden atmete unregelmäßig und flach. Schnell lief ich wieder zu ihm und half ihm auf. In diesem Moment sprang Nathan, gefolgt von vier anderen Wölfen aus dem Gebüsch. Er sah sich verwirrt um. Als er mich erblickte, wie ich versuchte Aiden wieder auf die Pfoten zu bekommen, schien er zu verstehen. Sofort sprang er an Aidens andere Seite und so stützten wir ihn wieder auf die Beine. Kümmert euch um den Kleinen. Aber tötet ihn nicht. Vielleicht wird er sich irgendwann dem Rudel anschließen. befahl ich den übrigen Rudelmitgliedern. Miles machte einen Schritt auf den Kleinen mit dem gebrochenen Rücken zu, doch dieser wich heulend zurück. Hätte ich in seiner Position auch gemacht. Miles war ein großer, ziemlich stämmiger Kerl und das nicht nur als Wolf. Er konnte einem schon ziemlich Angst einjagen... Jake ging an Miles vorbei und bewegte sich auf den jungen Wolf zu. Dieser beobachtete ihn wachsam, doch schien nicht ganz so große Angst vor dem kleinen sandfarbenen Wolf zu haben wie vor dem schwarzen Riesen. Doch er würde noch lernen, dass man meinen T.I.C. (Third in Command) nicht unterschätzen sollte. Jake hatte ihn nun ebenfalls auf die Beine gestützt und hievte ihn nun auf den Rücken von Miles. Zumindest versuchte er es, denn der verletzte Jungwolf wehrte sich so sehr wie es seine Verletzung zuließ. Nach einem kurzen Kampf lag er dann aber doch ausgestreckt auf Miles' Rücken. Wenn wir ihn ins Rudelhaus gebracht hatten, konnte Feya sich gleich an den Aufgaben einer Luna versuchen. Doch erstmal würde sie Aiden versorgen müssen. Kaum hatten wir die Lichtung, auf der das Rudelhaus stand, betreten, flog die Tür auf und Lilian stürmte mit Tränen überströmten Gesicht heraus. Sie rannte direkt auf uns zu und nahm Aidens Kopf in ihre Hände. „Ich bin hier. Es wird alles gut. Wir kümmern uns darum.“, sprach sie beruhigend, doch mit leicht panischem Unterton. Feya stand mit offenem Mund im Türrahmen. Ich verwandelte mich zurück und ging langsam auf sie zu. „Was ist passiert?“, fragte sie mit zitternder Stimme. „Wir wurden angegriffen. Aiden wurde verletzt. Könntest du dich um ihn kümmern? Lilian wird dir helfen.“, erwiderte ich sanft. Sie nickte zögernd und ich sagte: „Den Kleinen werden wir dir später vielleicht noch bringen.“ Sie nickte nur und musterte mich kurz. „Ist das dein Blut?“, fragte sie ängstlich als sie mein blutverschmiertes Shirt sah. „Nein. Ich habe kaum etwas abbekommen. Bis auf eine verdrehte Schulter und ein paar Kratzer. Sei bitte vorsichtig. Dieses kleine Miststück ist stärker als es aussieht.“, antwortete ich mit einem wütenden Blick zu dem fremden Wolf, der schlapp über Miles' Rücken hing. Sie nickte wieder und ging dann an mir vorbei zu Lilian. Diese kauerte neben dem, mittlerweile wieder in menschlicher Form da liegenden, verletzten Aiden. Gemeinsam mit ihr beförderte Feya Aiden ins Haus. Ich drehte mich noch einmal zu Miles und Jake. „Sorgt dafür, dass er sich zurückverwandelt!“, befahl ich den beiden und sie nickten mir zu. Dann folgte ich den Mädchen ins Haus. Sie hatten es bereits geschafft Aiden die Hälfte der Treppe hoch zu schleppen. Schnell eilte ich ihnen zu Hilfe und löste Feya ab. Wir sollten vielleicht umbauen. Das Krankenzimmer musste ins Erdgeschoss. In besagtem Zimmer angekommen setzte ich Aiden auf der Liege ab und ging zu einem Stuhl in der Ecke des Raumes. „Evan, stopp! Verwundert drehte ich mich um. Feya kam auf mich um und ging um mich herum. Ich wollte mich ihr wieder zuwenden, doch sie hinderte mich daran. „Das nennst du nur Kratzer?!“, fragte sie entsetzt. „Zieh das Shirt aus. Ich sehe mir das mal an.“

Feyas Sicht:
Als er sich von mir abwandte um zu dem Stuhl in der Ecke zu gehen, sah ich, dass seine Schulter vollkommen blutig war. Entsetzt zog ich die Luft ein und befahl ihm stehenzubleiben. Zu meinem Erstaunen tat er es tatsächlich und drehte sich zu mir um. Ich lief um ihn herum um seinen Rücken wieder sehen zu können. „Zieh das Shirt aus. Ich she mir das mal an.“ Ich konnte nicht verhindern, dass ich rot anlief, als ich ihm diese Anweisung gab. Aber....was soll's. Langsam zog er sich sein Shirt über den Kopf. Als ich die Wunde dann tatsächlich sah, drehte sich mir der Magen um.

Des Rudels Luna Where stories live. Discover now