36. Kapitel

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Feyas Sicht:
Alarmiert starrte ich ihn an. Für einen Sekundenbruchteil huschte mein Blick zu Lilian, die ihren Bruder ebenso erschrocken wie ich, aber auch leicht verängstigt und reumütig, ansah. Langsam trat Evan auf uns zu. Prüfend musterte er erst Lilian, dann mich. „Was sollte ich wissen, Camilla?“, fragte er sie, ohne den Blick von mir zu lösen. Verlegen senkte sie den Blick und murmelte leise: „Nicht so wichtig, Evan.“ Er sah zu ihr. Fixierte sie und sagte dann nachdrücklich: „Camilla! Sag es mir! Jetzt!“ In seiner Stimme klang ein, mir vollkommen fremder, mächtiger Befehlston heraus. Das Schlimmste jedoch war, dass seine Augen begannen rot zu glühen und nun aussahen als würden sie Feuer spucken. Man sah sofort, dass Evan keine Widerrede duldete. Langsam hob Camilla den Kopf. Ihre Augen waren seltsam stumpf und glühten ebenfalls rot. Sie sah zum Fürchten aus, wie sie da stand und wie in Trance den Mund öffnete. Es fehlte nur noch, dass ihr Blut aus den Mundwinkeln floss, wie bei einem Vampir. „Ja Alpha. Natürlich Alpha.“ „Quatsch nicht, rede!“, knurrte Evan in demselben Tonfall. Camilla nickte wieder. „Lilian, eure Schwester, mein Alpha, erklärte eurer ehrwürdigen Mate und Luna eures Rudels, die Funktion ihrer Rolle. Sie hat berichtete ihr alles, was es über das Amt der Luna zu wissen gibt. Ich bitte um Verzeihung, sie nicht gestoppt zu haben, mein großer Alpha.“, sagte Camilla wie hypnotisiert. Auch ihre Stimme klang nicht mehr so wie vorher. Sie hörte sich an, als würde sie nur ein Echo sein, das bereits an mehreren Felswänden zurückgeworfen worden war. Ein tiefes Knurren erklang in Evans Kehle. Langsam und unverkennbar an der obersten Grenze bröckelnder Selbstbeherrschung, drehte er sich zu seiner Schwester um. Diese sah ängstlich zu ihm auf und wich ein paar Schritte zurück. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und stürmte in panischer Flucht aus dem Haus. Evan setzte ihr hinterher. Und das bereits halb verwandelt. Hin und her gerissen stand ich unbeweglich an meinem Platz. Ich wusste nicht, ob ich den Geschwistern hinterher sollte um Evan davon abzuhalten in seiner Wut seine Schwester umzubringen, oder ob ich Camilla helfen sollte, die, seitdem Evan seine rot glühenden Augen von ihr abgewendet hatte, zitternd am Boden lag. Ich entschied mich dafür ihr zu helfen. Die beiden Geschwister würde ich sowieso nicht mehr einholen. Musste Lilian halt mal alleine klar kommen. Das hörte sich jetzt vielleicht hart an, aber ich konnte ja auch nichts machen. Ich war schließlich nur ein Mensch und mein Selbsterhaltungstrieb, der schon immer sehr stark ausgeprägt gewesen war, hielt mich noch zusätzlich zurück. „Es tut mir leid. Ich konnte mich nicht wehren! Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn er meinetwegen seine Zwillingsschwester verletzt oder sogar tötet. Oh, der arme Aiden! Was habe ich getan?! Und das nur weil ich so unfassbar schwach bin!“, schluchzte plötzlich Camilla los und ich wandte mich ihr zu. Tröstend strich ich ihr über den Rücken. „Es ist nicht deine Schuld und du bist auch nicht schwach. Ich habe zwar keine Ahnung, was da gerade passiert ist, aber es sah nicht so aus, als hätte irgendwer eine Chance gehabt sich Evans Befehl zu entziehen. Und Lilian wird schon nichts passieren. Er ist ihr Bruder. Er wird ihr nichts tun.“ Da war ich mir allerdings selber nicht einmal sicher und Camillas Worte zerstörten die letzte Hoffnung fast vollständig: „Er ist blind vor Wut und Schmerz. Es war ihm so wichtig es dir selber zu erzählen. Lilian hat seine Anweisung missachtet und seinen Stolz verletzt. Das könnte böse enden. Er wird keinen Unterschied machen. Seine Wut ist dafür zu stark.“ „Bring mich zu den beiden!“, rief ich entschlossen. Entsetzt sah sie mich an und stammelte: „Das geht nicht! Das kann ich nicht! Er könnte es sich und vor allem mir niemals verzeihen, würde er dich verletzen. Ich kann dich nicht in Gefahr bringen!“ „Du wirst. Ich kann ihn beruhigen! Versprochen. Mir Word nichts geschehen. Aber ich kann nicht zulassen, dass Evan seine eigene Schwester verletzt und noch dazu, dass Aiden sich womöglich an ihm rächt. Bring mich zu ihm. Bitte!“, flehte ich. Einen Moment lang schien sie noch mit sich zu ringen, dann gab sie seufzend nach und verwandelte sich draußen vor der Tür. Der riesige cremefarbene Wolf deutete mit seinem massigen Kopf auf seinen Rücken und legte sich dann auf den Bauch. Ich kletterte hinauf und grub meine Finger fest in das dichte Fell. Und schon rannte sie los. Die Schnelligkeit war absolut atemberaubend. Dann auf einmal hörte ich aggressives Knurren und es wurde immer lauter, je näher wir kamen. Auf einer kleinen Lichtung sah man sie dann. Die zwei dunkelbraunen Wölfe, die sich gegenüber standen. Der größere, dunklere Wolf knurrte den Kleineren an. Dieser kauerte sich verängstigt zusammen. Der Camilla Wolf hielt abrupt an und ich rutschte von ihrem Rücken. Vorsichtig trat ich auf die kleine Lichtung. Ich befand mich hinter dem größeren Wolf. Dann schien der Kleine mich entdeckt zu haben, denn seine Augen weiteten sich vor Entsetzen.

Des Rudels Luna Where stories live. Discover now