Badass

By stylesti

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Dass eine einzige Party das Leben der siebzehnjährigen Rebecca völlig auf den Kopf stellt, hatte sie nicht ko... More

0 | Schuld
1 | Die Party
2 | Der schöne Unbekannte
3 | Der imaginäre Hund
4 | Predigten und Strafen
5 | Babysitten mit Links
6 | Caleb
7 | Geständnisse und andere Katastrophen
8 | Heilige Scheiße
9 | Pizza
10 | Eine Entschuldigung
11 | Daddy
12 | Erste Annäherungsversuche
13 | Gorillas
14 | Wutausbruch
15 | Krankenschwester Beccs
16 | Arschlöcher bleiben Arschlöcher
17 | Hass und Liebe
18 | Ein Tritt in den Schritt
19 | Ein unerwarteter Anruf
20 | Alecs andere Seite
21 | Der Morgen danach
22 | Rote Spitze
23 | Ein Abschiedskuss
24 | Eine teuflische Idee
25 | Rache ist süß
26 | Schnüffeln muss Gelernt sein
27 | Ablenkungsmanöver a la Becca
28 | Lügen
29 | Dr. Moranis
30 | Eifersüchtig?
31 | Erwischt
32 | Nicht wie die anderen
33 | Du bist schön
34 | Das erste Date
35 | Ich liebe ihn
36 | Stolz
37 | Schokoeis heilt alle Wunden
38 | Fehler
39 | Trauer
40 | Es tut mir leid
41 | Liebe
42 | Fragen über Fragen
43 | Dunkelheit
44 | Ein paar Antworten
45 | Fiese Gedanken
47 | Ich will nur reden
48 | Nur ein einziges Mal
49 | Alles und nichts
50 | Lasagne
51 | Sein wahres Gesicht
52 | Brüder
53 | Der Anfang vom Ende
54 | Danke
55 | Leb wohl
56 | Das Ende der Party
Danksagung
Badass Spin-off
Kickass
Kickass 2.0

46 | Das fünfte Rad am Wagen

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By stylesti

• Three Days Grace - Get Out Alive •

»Es ist seltsam zwischen uns«, gestehe ich leise. »Irgendwie anders als vorher. Er hat sich verändert. Ich vielleicht auch, aber vor allem er.«

»Inwiefern?«

»Er ist ruhiger geworden. Verschlossener. Irgendwie...so traurig und in sich gekehrt.« Ich lege den Stift zur Seite und reibe mir mit der Handfläche über das Gesicht. Dass ich den Grund für Alecs seltsames Verhalten wahrscheinlich kenne, verrate ich ihr nicht. »Ich liebe ihn. Ich liebe diese Seite an ihm, so wie ich alles an ihm liebe, aber ich mache mir trotzdem Sorgen.«

»Hat er sich denn komplett verändert?«, fragt sie mit gerunzelter Stirn. Sie beißt ein Stück von ihrer Pizza ab und mustert mich dann kauend.

Ich schaue von Loreen zu Aaron, der sich, wenn es um Alec geht, fast immer heraushält, und dann wieder zu Loreen, bevor ich langsam den Kopf schüttele. »Nein, ab und zu reißt er immer noch die selben idiotischen Sprüche wie damals«, antworte ich und lache. »Wenn er mich küsst oder...« Ich zögere kurz. »...wir miteinander schlafen, fühlt es sich nicht anders an. Er ist immer noch Alec, aber...manchmal merke ich ihm seine Müdigkeit an, die Anspannung und seine Unruhe.«

»Das alles ist aber erst seit ein paar Wochen so, seit dem Gespräch mit Sara, oder? Was hat sie dir noch erzählt?« Loreen beißt noch einmal von ihrer Pizza ab und sieht mich dann mit ihren braunen Augen an. Fast habe ich das Gefühl nicht vor meiner besten Freundin, sondern einer Therapeutin zu sitzen. Ich schüttele den Gedanken schnell wieder ab. »Abgesehen davon, dass sie zusammen gewesen sind, meine ich«, schiebt sie kauend hinterher.

»Nichts«, sage ich schnell. Ich habe den beiden nichts von Alecs Mutter erzählt. Nur davon, dass Alec damals mit Sara zusammen gewesen ist. Leider ist das nicht die ganze Wahrheit, aber was soll ich ihnen auch erzählen? Ich verstehe die Sache mit Alecs Mum selbst nicht einmal richtig. Mir liegen noch viel zu viele Fragen auf der Zunge.

Loreen verengt misstrauisch die Augen. »Du lügst.«

»Tue ich nicht.« Ich versuche ihrem festen Blick standzuhalten, was schwieriger ist, als es sich anhört. Loreen ist eine Meisterin im Lügen und ich...naja, ich nicht so. Sie anzulügen, bringt nichts. Egal was ich sage, ihr wird auffallen, dass ich nicht die Wahrheit sage.

»Oh doch. Immer wenn du lügst, zuckt dein rechter Mundwinkel«, ruft sie und wirft ihren leeren Pizzakarton dann in den Mülleimer auf der anderen Seite der Küche. Überraschenderweise trifft sie sogar.

»Na schön, sie hat mir mehr erzählt, aber das kann ich euch nicht verraten. Es geht einfach nicht. Das wäre nicht okay.« Dass Sara keinerlei Probleme damit hat, den Tod von Alecs Mutter herum zu posaunen, heißt noch lange nicht, dass ich das Recht habe, es ihr gleichzutun. Im Gegensatz zu ihr besitze ich genug Anstand, um es nicht jedem zu erzählen.

Wenn Alec es mir bis jetzt nicht erzählt hat, hat er seine Gründe dafür und ich gehe einfach mal davon aus, dass er nicht möchte, dass es jemand weiß. Also halte ich den Mund und lüge meine zwei besten Freunde an, dass sie wissen, dass ich lüge, macht die Sache angenehmer.

Es sind ein paar Tage vergangen seit ich bei Alec im Wohnheim gewesen bin und wir uns gemeinsam Filme angesehen haben. Nach dem Gespräch mit ihm, über meine Eltern, habe ich meine Sachen gepackt, damit er mich zu ihnen fahren und ich wieder zu Hause schlafen kann. Seine Worte haben mich so sehr getroffen, dass ich trotz ständiger Streitereien nicht länger sauer auf die beiden sein konnte. Jedenfalls nicht richtig. Denn Alec hat recht. So ein Streit ist es nicht wert, den Kontakt mit den eigenen Eltern abzubrechen oder sie aus dem Leben zu streichen. Wenn ihnen jetzt etwas zustoßen würde, könnte ich mir das niemals verzeihen.

Inzwischen bin ich noch verwirrter als zuvor. Als ich gestern bei den Moranis war, um mit Caleb an seiner Konsole zu zocken, bin ich auf Mrs. Moranis gestoßen. Sie sah...lebendig aus. Lebendiger als je zuvor. Vielleicht hätte ich es mir denken können, aber vielleicht wollte ich es mir auch einfach nicht vorstellen. Nämlich, dass Mrs. Moranis gar nicht Alecs leibliche Mutter ist...und vermutlich auch nicht Calebs.

Eine Stiefmutter - auf diesen Gedanken wäre ich im Leben nicht gekommen. Jedes Mal, wenn ich sie gemeinsam gesehen habe - was nicht wirklich oft ist -, haben sie so harmonisch gewirkt. Wie eine richtige Familie.

Sie hat die selben dunklen Haare und den selben beneidenswerten Hautton wie die beiden Brüder, aber als ich sie dieses Mal gesehen habe, ist mir aufgefallen, dass sie sonst keinerlei Ähnlichkeiten haben.

Nachdem Aaron und Loreen gehen, bleibe ich in der Küche sitzen und lerne weiter. Biologie ist der pure Horror, aber nachdem mir Alec letzte Woche einige Sachen erklärt hat, fällt es mir leichter.

Mir von ihm helfen zu lassen, hat mich viel Überwindung gekostet. Nicht, weil ich mich schäme, Hilfe zu benötigen, sondern einfach nur, weil er selbst so überfordert mit seinem Studium zu sein scheint, dass ich ihm nicht noch zusätzlich zur Last fallen will. Aber letzte Woche war ich so frustriert, dass es ihm aufgefallen ist. Schließlich hat er darauf bestanden, mir ein bisschen Nachhilfe in Bio zu geben und aus ein bisschen ist am Ende ein ganzer Nachmittag geworden.

Irgendwann gegen siebzehn Uhr kommt auch meine Mutter nach Hause. Sie sieht frischer und jünger aus, als sie durch die Tür stürmt und vor mir stehen bleibt. Ihr Gesicht strahlt. Überrascht lächle ich zurück. Die letzten Wochen habe ich sie kaum lächeln sehen. Die meiste Zeit war sie damit beschäftigt, meinem Vater den Kopf abzureißen und sich gleichzeitig von ihm den Kopf abreißen zu lassen. Ein richtiges Geben und Nehmen.

»Hey«, rufe ich und beobachte sie, als sie den Kühlschrank öffnet und sich einen Joghurt herausholt. »Warum bist du schon so früh Zuhause?«

Meine Mutter reißt die Folie vom Joghurt ab, wirft sie in den Mülleimer und holt sich einen Löffel, bevor sie sich zu mir an den Tisch setzt. Meistens lässt sie sich erst gegen zehn Uhr abends zu Hause blicken und vertieft sich den ganzen Tag in ihre Arbeit, daher finde ich meine Frage ziemlich berechtigt.

Ich schiebe meine Schulsachen ein wenig zur Seite, um ihr Platz zu machen. »Ich habe genug Überstunden gezogen diesen Monat. Jetzt gönne ich mir ein bisschen Kurzurlaub.« Sie schaut von mir zu meinen Büchern und Heften. Neugierig wirft sie einen Blick auf die Titel meiner Deutschlektüren, die auf dem Tisch verstreut herumliegen, und blättert in den Büchern herum, obwohl die alles andere als spannend sind. »Und wie läuft es in der Schule?«

»Alles super«, sage ich und irgendwie stimmt das ja auch. Notentechnisch sieht es auf jeden Fall vielversprechend aus. Jedenfalls in meinen Leistungskursen und Philosophie, aber Biologie schaffe ich auch noch irgendwie. So schwierig kann das ja nicht sein und wer weiß, vielleicht bekomme ich noch ein zweites und drittes Mal Nachhilfe von Alec. Und vielleicht sogar noch ein viertes und fünftes Mal.

»Und bei dir und Dad? Alles gut?« Sobald ich die Frage laut gestellt habe, bereue ich meine Worte auch schon wieder. Vielleicht ist es zu früh, um danach zu fragen...andererseits bin ich ein Teil dieser Familie und es ist mein gutes Recht, zu erfahren was los ist. Vor allem wenn ich in die dauerhaften Streitereien und Kriege meiner Eltern mit einbezogen werde.

Mum löffelt ihren Joghurt aus und sieht mich überrascht an. »Zwischen deinem Vater und mir? Wie kommst du darauf?«

Ach, ich weiß auch nicht. Vielleicht weil ihr in letzter Zeit dauerhaft am Streiten seid? Ich beiße mir auf die Zunge, um die Worte nicht laut auszusprechen und sage stattdessen:»Nur so. Ihr streitet öfter...als sonst.«

»Ach das...« Sie seufzt und legt ihre Hand auf meine. »Mach dir keine Sorgen, mein Spatz. Manchmal streitet man sich eben. Das ist nichts Weltbewegendes.«

Ich weiß nicht, ob ich ihr glauben soll, aber irgendetwas an der Art und Weise wie sie es sagt, verrät mir, dass sie die Wahrheit sagt und ich hoffe wirklich, dass es stimmt.

Nachdem wir noch ein wenig miteinander geplaudert haben, verabschiedet Mum sich nach oben, um ein heißes Dad zu nehmen. Einfach so mit ihr zu reden, selbst wenn wir nur über belanglose Dinge sprechen, fühlt sich gut an. Genau diese Art von Unterhaltung habe ich zwischen uns vermisst.

Als meine Mutter nach oben verschwindet, hole ich wieder meine Mitschriften für Biologie hervor und lerne weiter. Das Lernen lenkt mich von meinen Gedanken ab. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass ich mich in den letzten Wochen so auf meine Bücher stürze.

Eine halbe Stunde später klingelt es an der Tür. Meine Mutter, die ihr Bad früher abgebrochen hat, als ich erwartet habe, ruft von oben:»Becca? Machst du auf?«

Seufzend schiebe ich meine Schulsachen zur Seite und stehe auf. Ich habe keinen blassen Schimmer, wer so spät am Abend bei uns klingelt. Mein Vater kann es nicht sein, er besitzt einen Schlüssel...und Aaron und Loreen haben sich vor gut einer Stunde verabschiedet. Also tippe ich auf einen Nachbarn, der sich irgendetwas von uns borgen möchte.

Auf dem Weg zur Haustür bin ich so unachtsam, dass ich ich mir meinen Zeh am Türrahmen stoße. Stöhnend hüpfe ich weiter zur Tür, reiße sie auf und starre auf meinen pochenden Zeh.

»Warum stöhnst du denn schon? Ich bin doch noch gar nicht in dir gewesen.«

Ich hebe ruckartig den Blick.

Zu meiner Überraschung steht Alec vor mir. Er grinst, als er mich sieht und irgendwie habe ich das Gefühl, dass er heute besser aussieht, als sonst. Seine Haut ist immer noch blass und die Ringe unter seinen Augen sind tief und dunkel wie eh und je, aber er sieht glücklich aus. Und als ich ihn sehe, ist mein schmerzender Zeh wie vergessen.

Mit einem Lächeln im Gesicht sehe ich ihn an. »Was machst du denn hier?«

Alec öffnet kurz den Mund, schließt ihn aber wieder, ohne etwas zu sagen, als müsste er seine Worte noch einmal überdenken. Schließlich tritt er auf mich zu und küsst mich. »Ich habe dich einfach vermisst.«

Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich das ist, was er mir hatte sagen wollen, aber ich freue mich über seine Worte. Grinsend ziehe ich ihn am Saum seines T-Shirts und möchte ihn gerade wieder küssen, als die Stimme meiner Mutter plötzlich hinter mir ertönt:»Oh, hallo Alec.«

Frustriert kralle ich meine Finger in sein Shirt, während er über meine Schulter, zu meiner Mutter schaut. »Guten Abend, Mrs. Wattler.«

Ich warte und hoffe, dass meine Mutter sich umdrehen und wieder nach oben gehen wird, da sagt sie plötzlich:»Willst du mit uns zu Abend essen?«

Alec sieht mich an und ich nicke, woraufhin er das Angebot meiner Mutter dankend annimmt. Ich weiß nicht, wieso sie überhaupt fragt. Ein Nein würde sie sowieso nicht akzeptieren. Mum hätte ihn niemals ohne etwas zu Essen gehen lassen, also müssen wir da jetzt wohl oder übel durch.

Mein Vater kommt heute erst später, also essen wir nur zu dritt. Alec hilft meiner Mutter, das Gemüse klein zu hacken, während ich den Tisch decke und mich die meiste Zeit eher wie das fünfte Rad am Wagen fühle.

Mum erklärt Alec gerade wie man am schnellsten Zwiebel klein schneidet, ohne sich in den Finger zu schneiden, als ich mich seufzend hinsetze und die beiden beobachte. Alec scheint wie ausgewechselt zu sein. Er redet mit meiner Mutter und lacht, als würden sie sich schon Jahre lang kennen und ich frage mich, wie die Bindung zu seiner leiblichen Mutter gewesen ist, ob sie sich gut verstanden haben oder nicht.

Ich würde gerne mehr über sie erfahren, wie sie war und ob sie eine gute Mutter gewesen ist, wie sie ausgesehen hat und wieso sie sich das Leben genommen hat, aber vor allen Dingen möchte ich wissen, wieso Alec sich so sehr die Schuld dafür zu geben scheint, dass sie tot ist.

Der Rest des Abends vergeht ziemlich normal. Naja, Alec versteht sich für meinen Geschmack ein wenig zu gut mit meiner Mutter, aber ich bin wahrscheinlich einfach nur eifersüchtig, weil ich mich fast schon überflüssig zwischen den beiden fühle. Andererseits fühlt es sich gut an, Alec so glücklich zu sehen. Er scheint bei meiner Mutter richtig aufzublühen und ich habe schon fast das Gefühl, dass sie ihn wie ihren eigenen Sohn behandelt.

Ich beiße gerade in einen Pilz, als ich meine Mutter fragen höre:»Also, seid ihr...jetzt zusammen? So richtig

Sie schaut zwischen Alec und mir hin und her. Natürlich weiß ich, dass wir beide zusammen sind, so richtig zusammen sind, wie sie es ausgedrückt hat. Es aber vor meiner eigenen Mutter laut auszusprechen, fühlt sich seltsam an. Unsicher werfe ich Alec einen Blick zu. Er grinst mich an

Schließlich seufze ich:»Ja sind wir, Mum. So richtig

»Schön.« Sie strahlt von einem Ohr bis zum anderen. »Und wann ist die Hochzeit?«

Ich verschlucke mich bei ihren Worten beinahe an meinem Essen und huste wie wild. Alec klopft mir rechtzeitig auf den Rücken, während meine Mutter wie ein kleines Mädchen zu kichern beginnt. »Nur ein kleiner Witz!«

»Das war nicht witzig!«, keuche ich und trinke einen Schluck Wasser, um mich zu beruhigen. Meine Eltern hegen beide einen seltsamen Sinn für Humor.

»Und Alec, studierst du? Oder arbeitest du schon?«, fragt meine Mutter. Sie tut so, als wäre die Frage keine große Sache, dabei weiß ich, dass sie auf Alecs Antworten brennt.

»Ich studiere«, antwortet er nur knapp.

Meine Mutter sieht Alec neugierig an. »Und was?«

»Ähm-«

»Moment, lass mich raten!«, ruft sie dazwischen, bevor er antworten kann. »Mathe und Chemie auf Lehramt? Oder nein, warte. Elektrotechnik? Maschinenbau? Bauingenieurswesen!«

»Nicht wirklich«, meint er und lacht. »Mathe ist nicht ganz so meins. Ich studiere Medizin.«

»Medizin?« Die Augen meiner Mutter werden ganz groß. »Medizin-Medizin?«

Alec sieht meine Mutter amüsiert an. »Gibt es denn noch ein anderes Medizin-Studium von dem ich noch nicht weiß?«

Die nächsten zehn Minuten möchte meine Mutter alles über Alecs Studium erfahren. Ich schalte seufzend ab und konzentriere mich vollends auf mein Essen und darauf, nicht alle zehn Sekunden die Augen zu verdrehen.

»Ohhh! Alec, ich habe ein paar unglaublich süße Kinderfotos von Becca. Die muss ich dir noch unbedingt zeigen!« Mum springt von ihrem Stuhl auf, bevor ich sie zurückhalten kann und rennt nach oben, um die Fotoalben zu suchen.

Das kann und darf nicht wahr sein. Ich bin das wohl hässlichste Kind in der Geschichte der Menschheit gewesen. Klein, mit schmalen Augen und Segelohren, ganz zu Schweigen von meinen seltsamen Haaren, die weder glatt, noch gelockt waren und andauernd in alle Richtungen abstanden.

Stöhnend vergrabe ich mein Gesicht in den Händen, als ich Alecs Hand auf meinem Bein spüre. Er streicht sanft über meinen Oberschenkel, aber ich bin mir sicher, dass er sein teuflisches Lachen unterdrücken muss. Er freut sich offensichtlich auf die Kinderfotos.

»Sie ist toll«, sagt er auf einmal.

Gespielt entsetzt schaue ich auf. »Bevorzugst du jetzt doch meine Mutter und willst mir den Laufpass erteilen?«

Alec beugt sich lachend vor, um mich zu küssen. »Sei nicht albern. Ich würde niemals auf deinen wunderbaren Hintern verzichten wollen«, flüstert er mir ins Ohr, während seine Hände über meine Beine nach hinten wandern. Ich bin nur froh, dass ich in diesem Moment sitze.

Ich schaue mich panisch um und schlage seine Hand weg, obwohl ich weiß, dass meine Mutter noch oben nach den Fotoalben sucht. »Du Vollidiot!«

Nachdem meine Mutter Alec jedes einzelne Kinderfoto, das von mir existiert, gezeigt hat und ihm detailliert die Hintergrundgeschichte zu der Entstehung jedes Fotos erzählt hat, habe ich sie dazu überreden können, nach oben zu gehen und sich auszuruhen, während wir die Küche aufräumen.

Alec und ich erledigen den Abwasch und räumen die Küche auf, während leise Musik aus dem Radio schallt. Ich weiß nicht, was mit Alec los ist - warum er einen Tag lang schlecht gelaunt und dann auf einmal wieder gut drauf ist, aber ich beklage mich nicht.

Ich begleite ihn nach draußen zu seinem Auto. Leider muss er wieder zurück zu seinem Wohnheim fahren, aber es ist trotzdem schön gewesen, ihn überhaupt zu sehen. Zumal ich gar nicht mit seinem Besuch gerechnet habe. Ich halte seine Hand, als wir durch unseren Vorgarten und zu seinem Range Rover spazieren.

»Ich bin froh, dass du gekommen bist«, sage ich leise. Es ist bereits stockdunkel. Die Straße ist leer und auch die Häuser unserer Nachbarn stehen in kompletter Dunkelheit gehüllt da. Vermutlich schlafen die meisten schon.

Er fährt sich grinsend durch die Haare und öffnet seinen Kofferraum, um die Box, die meine Mutter mit ein paar Essensresten gefüllt und ihm mitgegeben hat, herein zu legen. Auch wenn ich mich heute Abend manchmal wie das fünfte Rad am Wagen gefühlt habe, tut es gut, zu wissen, dass meine Mutter und Alec sich so gut verstehen.

»Du siehst gut aus heute«, sage ich schließlich. »Hast du gestern Nacht geschlafen?«

»Ein bisschen«, meint er und setzt sich an den Rand seines Kofferraums. »Aber sag mal, was soll das heißen? Sah ich denn vorher nicht gut aus?«

Ich lache. »Doch doch...nur...«

Alec lächelt zu mir auf, hebt die Arme und legt seine Hände auf meine Hüften. Langsam schiebt er sie bis zu meinen Hintern und zieht mich mit einem Ruck zu sich.

»Alec«, sage ich leise und schaue mich panisch um, während ich versuche, ihn von mir zu drücken. »Meine Mutter kann uns sehen!«

»Egal.« Er legt seine Lippen auf meinen Hals und saugt sanft an meiner Haut. Für einen Moment vergesse ich, dass wir auf der Straße vor meinem Haus stehen, aber als sein Griff grober wird und er mich fester an sich drückt, erwache ich wieder aus meiner kurzen Trance. Wenn jetzt irgendjemand am Fenster steht und uns beobachtet... Ich lege meine Hände auf Alecs Schultern und drücke ihn sanft von mir. »Alec! Meine Mutter...und die Nachbarn!«

»Lass sie doch spannen, wenn sie nichts Besseres zu tun haben.« Er schaut mich an. Seine Hände schieben sich langsam in die hinteren Taschen meiner Jeans. »Ich wollte das schon den ganzen Abend machen.«

»Also bist du nur deswegen gekommen?«, frage ich gespielt empört, kann mir das Grinsen aber nicht verkneifen.

Vor meiner Mutter hat Alec seine Rolle als anständiger, witziger Typ gut hinbekommen. Wenn sie nur wüsste, wie er manchmal wirklich drauf ist...obwohl ich glaube, sie würde ihn trotzdem noch lieben.

Er drückt mich wieder fester an sich. »Ja, so ziemlich. Obwohl wir oben auf deinem Zimmer definitiv mehr Spaß haben könnten.«

Ich verdrehe lachend die Augen. »Los fahr jetzt!«, sage ich lauter und drücke mich von ihm. »Es ist schon spät und du hast morgen früh doch diesen wichtigen Termin, von dem du erzählt hast. Was war das noch?«

Plötzlich verdüstert sich sein Blick. »Nichts Wichtiges.«

Verwirrt schaue ich ihm hinterher. Mit einem Mal scheint er es ziemlich eilig zu haben. Er schließt den Kofferraum, geht rüber zur Fahrerseite und öffnet die Tür. Bevor er einsteigt, schaut er noch einmal zu mir herüber. »Du hast mir doch einmal Sex im Auto versprochen.«

»Hab ich das?«, frage ich überrascht über seinen plötzlichen Stimmungswechsel. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich das nicht getan habe.

Alec leckt sich grinsend über die Unterlippe und ruft über das Dach seines Autos:»Jetzt schon.«

»Du bist...« Ich verdrehe die Augen, als mir kein passender Begriff einfällt, um ihn zu beschreiben.

»Ich erinnere dich noch einmal daran«, meint er mit einem verräterischen Blitzen in den Augen.

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