Badass

By stylesti

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Dass eine einzige Party das Leben der siebzehnjährigen Rebecca völlig auf den Kopf stellt, hatte sie nicht ko... More

0 | Schuld
1 | Die Party
2 | Der schöne Unbekannte
3 | Der imaginäre Hund
4 | Predigten und Strafen
5 | Babysitten mit Links
6 | Caleb
7 | Geständnisse und andere Katastrophen
8 | Heilige Scheiße
9 | Pizza
10 | Eine Entschuldigung
11 | Daddy
12 | Erste Annäherungsversuche
13 | Gorillas
14 | Wutausbruch
15 | Krankenschwester Beccs
16 | Arschlöcher bleiben Arschlöcher
17 | Hass und Liebe
18 | Ein Tritt in den Schritt
19 | Ein unerwarteter Anruf
20 | Alecs andere Seite
21 | Der Morgen danach
22 | Rote Spitze
23 | Ein Abschiedskuss
24 | Eine teuflische Idee
25 | Rache ist süß
26 | Schnüffeln muss Gelernt sein
27 | Ablenkungsmanöver a la Becca
28 | Lügen
29 | Dr. Moranis
30 | Eifersüchtig?
31 | Erwischt
32 | Nicht wie die anderen
33 | Du bist schön
34 | Das erste Date
35 | Ich liebe ihn
36 | Stolz
38 | Fehler
39 | Trauer
40 | Es tut mir leid
41 | Liebe
42 | Fragen über Fragen
43 | Dunkelheit
44 | Ein paar Antworten
45 | Fiese Gedanken
46 | Das fünfte Rad am Wagen
47 | Ich will nur reden
48 | Nur ein einziges Mal
49 | Alles und nichts
50 | Lasagne
51 | Sein wahres Gesicht
52 | Brüder
53 | Der Anfang vom Ende
54 | Danke
55 | Leb wohl
56 | Das Ende der Party
Danksagung
Badass Spin-off
Kickass
Kickass 2.0

37 | Schokoeis heilt alle Wunden

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By stylesti

• Arrows to Athens - Black Sky •  

Die nächsten Tage höre ich nichts mehr von Alec. Aber ich rede mir ein, dass es so am besten ist. Ich brauche ein wenig Zeit für mich, muss mir darüber klar werden, wie es weiter zwischen uns gehen und ob ich es wagen soll, ihm meine Gefühle zu gestehen. Es fällt mir schwerer als gedacht, meine Liebe zu ihm unter Verschluss zu halten. Es fühlt sich schrecklich an; fühlt sich an, als würde sich jedes Mal, wenn ich diese drei Worte zu ihm sagen möchte, meine Kehle zuschnüren.

Ihn nicht zu sehen, hat auch seine Vorteile. Auch wenn ich viel an ihn denken muss, nutze ich die freien Tage, um zu lernen. Das Abitur rückt immer näher und ich will vorbereitet sein, um meinen Traum von einem Psychologie-Studium zu verwirklichen. Es wäre ein Desaster, wenn am Ende alles an meiner Note scheitern würde. Aus diesem Grund beiße ich in den sauren Apfel und beginne nicht erst ein paar Wochen vor den eigentlichen Prüfungen mit dem Lernen.

Ich blättere durch Lektüreschlüssel zu den Büchern, die ich im Deutsch- und Englischunterricht lesen musste und gehe meine Biologiemappe noch einmal durch. Während ich mir Notizen zu meinen einzelnen Themen mache, rutschen meine Gedanken immer wieder zu Alec. Aus den Augen, aus dem Sinn, denke ich, was für ein schwachsinniges Sprichwort. Wenn alles nur so einfach wäre.

Mein Vater ist die meiste Zeit nicht zu Hause, nur meine Mutter schaut ab und zu vorbei und will wissen, was ich in der restlichen Zeit der Ferien so treibe. Doch dass meine Eltern so viel arbeiten, stört mich nicht. Es fällt mir einfacher zu lernen, wenn sie nicht durch das Haus rennen und mich andauernd fragen, wie es mit dem Lernen voran geht.

Aaron und Loreen kommen beinahe jeden Tag vorbei, was gleichzeitig ein Segen und ein Fluch zugleich ist. Ein Segen, weil wir uns gegenseitig zum Lernen motivieren und ein Fluch, weil ich gefühlt alle zwei Sekunden mit ansehen darf, wie sie sich verliebte Blicke zuwerfen. Ich freue mich so sehr für die beiden, dass ich es nicht einmal in Worte fassen kann und ich bin erleichtert darüber, dass die Geschichte zwischen ihnen so gut ausgegangen ist, aber gleichzeitig macht es mich traurig. Auch wenn ich nicht so fühlen möchte, kann ich die Gedanken nicht ausschalten. Jedes Mal stelle ich mir, wie es wäre, wenn Alec mich so ansehen würde, wie Aaron Loreen ansieht. Ich wünschte, Alec und ich würden anfangen, uns wie ein normales Pärchen zu verhalten, aber das bleibt wohl nur Wunschdenken.

Loreen scheint meinen Blick irgendwann zu bemerken, denn sie wirft mir einen mitleidigen Blick zu, aber bevor sie auch nur etwas sagen kann, springe ich auf und rufe:»Ich hab einen Riesenhunger! Sollen wir uns Pizza bestellen?« Ich warte ihre Antwort gar nicht ab, krame mein Handy hervor und bestelle für jeden von uns eine Familienpizza.

-

Ein paar Tage später sitze ich gerade abends vor meinem Laptop und gönne mir eine Lernpause und schaue mir zum millionsten Mal schon Mean Girls an, als es plötzlich an meiner Tür klopft. Noch bevor ich den Film stoppen kann, taucht Loreens dunkler Haarschopf hinter der Tür auf und schließlich auch ihr gesamter Körper, der in einem engen, schwarzen Kleid steckt. Es ist nicht so knapp, dass sie darin billig aussehen könnte, ist aber trotzdem verdammt sexy.

»Wow.« Ich ziehe die Kopfhörer aus meinen Ohren und lege meinen Laptop zur Seite, während ich ihre Aufmachung bestaune. Loreen hat sich ihre sonst so wilde Mähne hochgesteckt, was sie älter aussehen lässt. Sie dreht sich einmal um die eigene Achse und verbeugt sich schließlich kichernd vor mir. »Wie sehe ich aus?«

»Du siehst zum Flachlegen gut aus«, scherze ich und wackele dabei anzüglich mit den Brauen, in dem Versuch so männlich wie möglich auszusehen. »Also wenn ich ein Kerl wäre, lägst du schon längst auf meinem Bett, unter mir, nackt.«

Loreen strahlt mich an. Das scheint genau die Antwort zu sein, die sie hören wollte. »Jetzt bist du dran. Raus aus dieser grässlichen Jogginghose und rein in dein schönstes Kleid!«

Ich sehe sie verständnislos an. »Wieso ich? Ich dachte Aaron und du...«

Sie schüttelt den Kopf. »Er muss heute Abend auf den Geburtstag seiner...wer war es noch? Seine Tante? Sein Onkel? Ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall werden wir beide heute Spaß haben.« Manchmal frage ich mich, ob es nicht wehtut, wenn man so lange strahlt. Loreen ist ein Mensch, der immer und überall gute Laune hat. Ich habe sie in unserer jahrelangen Freundschaft nicht oft schlechtgelaunt erlebt. »Wir haben schon lange nichts mehr gemacht. Nicht seit den...den Sommerferien.«

Sie meint die Party im Juli, die auf die sie uns geschmuggelt hat. Alleine der Gedanke daran macht mich ganz wuschelig. Am liebsten würde ich nie wieder an diesen Tag denken. Wenn ich all das Ungeschehen machen könnte, würde ich es tun. Als ich auf dem Barhocker geschlafen und zu mir gekommen bin, habe ich Alec zum ersten Mal richtig gehen. Er saß vor mir. Selbstbewusst und wunderschön sah er aus, aber ich hätte meine Sachen packen und verschwinden sollen. Mit ihm zu reden, war der größte Fehler, den ich machen konnte.

»Ich werde nicht noch einmal mit dir auf eine Studentenparty gehen, Loreen. Das kannst du vergessen.«

Sie grinst breit. »Keine Studentenparty, nur eine normale Hausparty.«

»Hausparty? Von wem?«, frage ich misstrauisch und rolle mich dabei vom Bett.

»Keine Ahnung, aber erinnerst du dich an Nora?« Sie schaut sich in meinem Zimmer um und schnappt sich dann einen Stuhl, um sich hinzusetzen. »Sie meinte, ich solle vorbeikommen.«

Natürlich erinnere ich mich an Nora. Ein Mädchen, das damals in der Unterstufe versucht hat, mir Loreen auszuspannen und ihre neue beste Freundin zu werden. Sie hat es zwar nicht geschafft, Loreen auf ihre Seite zu ziehen und sie Aaron und mir wegzuschnappen, aber aus irgendeinem mir unerklärlichen Grund sind die beiden heute noch befreundet.

»Ich habe wirklich keine Lust auf eine Party, Loreen. Momentan-«

»...versinkst du lieber in Selbstmitleid, stopfst dir kiloweise Eis rein und schaust einen Film nach dem anderen, während du einem Kerl hinterher weinst, von dem du nicht einmal sicher bist, was er für dich empfindet?«

Ich starre meine beste Freundin fassungslos an. Wie kann sie so etwas sagen? Gut, sie mag vielleicht recht haben, aber sie muss es doch nicht gleich so knallhart ausdrücken! Ich stehe auf und funkele sie wütend an. »Ich komme nicht mit!«

»Doch das wirst du«, antwortet sie mit einem wissenden Grinsen, aber damit kommt sie nicht durch. Sie bekommt mich niemals dazu, mit ihr auf diese blöde Party zu gehen.

Zwei Stunden später sitze ich in einem fremden Haus neben Loreen und Nora, die sich, seit ich sie vor einigen Jahren das letzte Mal gesehen habe, kaum verändert hat. Jedenfalls charakterlich nicht. Sie lästert immer noch über jeden und alles und ich frage mich erneut, was Loreen nur an diesem Mädchen findet. Ich bekomme Bruchstücke von ihrer Unterhaltung mit, einzelne Namen, die mir nichts sagen, aber statt mich an ihrem Gespräch zu beteiligen, schaue ich durch die Gegend.

Selbst wenn ich wollte, könnte ich nichts zu ihrem Gespräch beitragen. Ich kenne nicht einmal die Leute, über die sie den neusten Klatsch und Tratsch tauschen.

Mein Blick fliegt über die ganzen Menschen, die um uns herum sitzen, stehen oder auch tanzen. Der Raum leuchtet in einem grässlichen gelb, das mir beinahe Kopfschmerzen bereitet und die Musik, die gespielt wird, ist nicht gerade das, was ich unter guter Musik verstehe.

Alle scheinen Spaß zu haben, alle außer mir. Vielleicht sollte ich auch etwas trinken, um wenigstens so tun zu können, als hätte ich ansatzweise Spaß hierbei. Viel lieber würde ich gerade in meinem Zimmer sitzen, mich in meine Decke kuscheln und einen Film schauen.

Loreen konnte mich am Ende zwar dazu überreden, mit ihr auf die Party zu kommen, aber sie konnte mich nicht dazu kriegen, in ein Kleid zu schlüpfen. Ich habe mir aus Protest nur einen Kapuzenpulli und eine Jeans übergezogen, womit ich hier auf jeden Fall auffalle. Alleine an Noras Blick, als wir hier aufgekreuzt sind, konnte ich sehen, was sie von meiner Aufmachung hält – nämlich rein gar nichts. Aber das ist mir egal. Mir ist alles egal. Ich will hier am liebsten einfach nur weg und irgendetwas sagt mir, dass Loreen nicht einmal bemerken würde, dass ich verschwunden bin.

»Hier.«

Ich schaue verwirrt auf den roten Becher, den Nora mir grinsend hinhält. Mein Blick gleitet zu Loreen, die auch genau so einen in ihrer Hand hält und vorsichtig daran nippt, als könnte der Becher irgendeine saure Substanz beinhalten.

Kurz wiege ich meine Optionen ab. Wenn ich trinke, könnte ich Spaß haben. Ich könnte Alec vergessen und mit Nora und Loreen mitreden, obwohl ich keine Ahnung habe, wovon sie die ganze Zeit reden. Wenigstens für diese eine Nacht könnte ich Spaß haben und alles vergessen. Der Alkohol bringt offensichtlich nur Vorteile. Doch am Ende schüttele ich entschieden den Kopf. »Nein, ich trinke nichts.«

Nora wirft ihren Kopf nach hinten und bricht in schallendes Lachen, ohne den Becher zurückzuziehen. Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich so Witziges gesagt haben soll, deshalb verkneife ich mir einen Kommentar.

Nachdem sie sich schließlich die Tränen weggewischt hat, drückt sie mir den Becher regelrecht in den Schoß. »Trink das, du willst doch kein Spießer sein, Becca. Da ist schon nichts Schlimmes drinnen.«

Ich trinke nicht sofort. Im ersten Augenblick kämpfe ich noch mit mir selbst, aber am Ende verliert die Vernunft und ich kippe alles in einem Zug in mich. Nora scheint nur darauf gewartet zu haben, denn eine Sekunde später drückt sie mir den nächsten Becher in die Hand.

Nach ein paar Stunden weiß ich nicht mehr, was und wie viel ich getrunken habe, aber das ist egal. Ich lache mit Loreen und Nora zusammen. Wir reden über irgendwelche Leute an der Schule.

»Hat Aaron eigentlich immer noch was mit dieser...wie hieß sie noch?«

»Sara«, helfe ich Nora auf die Sprünge. »Nein, die beiden haben keinen Kontakt mehr.«

Loreen kichert. »Ich würde ihr eigenhändig die Augen auskratzen, wenn sie Aaron auch nur ansieht. Nur weil sie älter ist, denkt sie, sie wäre was Besseres. Sie ist so eine hinterhältige Schlange.«

»Hab gehört sie hatte ihr erstes Mal mit zwölf«, meint Nora und schaut Loreen und mir dabei abwechselnd in die Augen und bricht dann in schallendes Gelächter aus. »Mit zwölf! Da habe ich noch mit meinen Barbies gespielt!«

»Ich hätte von ihr auch nichts anderes erwartet«, meint Loreen und schnalzt dabei mit der Zunge. »Die Kerle schauen ihr doch eh nur auf die Brüste. Die sind ja kaum zu übersehen.«

Irgendwann ist mir so schwindelig, dass ich aufstehe. Bei dem schnellen Gesprächstempo komme ich gar nicht mehr mit und ich brauche dringend frische Luft. Der ganze Raum scheint sich um mich herum zu drehen, als ich mich an Loreen festhalte, um unbeschadet aufzustehen. »Muss mal kurz raus«, rufe ich den beiden zu, aber die scheinen mich gar nicht mehr wahrzunehmen.

Ich krame mein Handy aus der Hosentasche und bahne mir einen Weg durch das Haus. Wenn ich hier nicht auf der Stelle herauskomme, drehe ich noch durch. Die ganzen Menschen, das Lachen und die laute Musik kommen mir viel intensiver vor, als noch vor einigen Stunden. Es ist als würden sie mir direkt ins Gesicht lachen, der Boden scheint unter dem lauten Bass zu pulsieren. Kurz vor der Haustür stolpere ich über meine eigenen Beine, aber ich kann mich noch schnell genug festhalten. Mit einer Hand klammere ich mich an mein Handy, als wäre es das Einzige, das mich noch aufrecht erhält.

Als ich endlich auf der Veranda stehe, wähle ich Alecs Nummer. Ich weiß, dass ich das nicht tun sollte. Wir haben uns erst vor einigen Tagen gesehen und ich sollte warten und darauf hoffen, dass er mich anruft, aber ich fühle mich so benebelt, dass mir das alles egal ist. Du hast auch deinen Stolz, höre ich Loreen wieder sagen. Ihre Stimme spukt in meinem Kopf herum, wie eine lästige Fliege. Stolz. Natürlich habe ich auch meinen Stolz, aber ein Anruf wird mich schon nicht umbringen. Vielleicht geht er nicht einmal ran. Für eine klitzekleine Sekunde bete ich, dass er den Hörer nicht abnimmt.

Aber er geht ran. Direkt nach dem ersten Klingeln. Fast als hätte er nur auf meinen Anruf gewartet. »Na Beccs?«

»Hey«, sage ich leise in den Hörer. Es tut so unfassbar gut, seine Stimme zu hören. Und bevor ich begreife, was ich da sage, fange ich an zu reden:»Alec! Ich fühle mich gerade so mies. Loreen beachtet mich gar nicht mehr. Sie hat nur Augen für diese...diese Nora. Ich bin nicht eifersüchtig oder so, ich verstehe einfach nur nicht, wieso sie mich mitnehmen musste. Ich will hier nicht sein. Ich...« Ich atme die kühle Nachtluft ein, bevor ich weiterspreche. »Ich wünschte, du könntest vorbeikommen. Ich habe deine Stimme vermisst. Ich habe dich vermisst.«

»Ich dich-« Er hält mitten im Satz inne. »Warte Mal, Rebecca, bist du betrunken?«

Ich kichere, weil ich mich ertappt fühle. Wie ein Kind, das beim Naschen erwischt wurde, obwohl es das nicht durfte. »Neeee.«

»Natürlich bist du betrunken.« Ich höre etwas im Hintergrund rascheln. »Wo bist du?«

»Auf irgendeiner Hausparty. Keine Ahnung wo, aber ich bin gerade auf der Veranda. Hab's nicht mehr ausgehalten da im Haus. Die Musik ist viel zu laut und mir ist so schwindelig. Außerdem-« Ich bemerke gar nicht, dass ich weine, bis mich ein paar der Leute, die mit mir auf der Veranda stehen, komisch ansehen. Ich wende mich von ihnen ab und drücke den Hörer fester an mein Ohr, während ich versuche, die Tränen wegzuwischen. Alkohol macht mich zu einem emotionalen Wrack und ich weiß nicht wieso. In einer Sekunde bin ich total hibbelig und glücklich und in der nächsten schießen mir die Tränen aus den Augen. »Ich will dich sehen, Alec. Du hast mich nicht angerufen und ich dachte, ich wäre dir egal.«

»Rebecca. Beruhige dich«, höre ich ihn sagen. Er klingt genauso verzweifelt wie ich mich gerade fühle. »Du bist betrunken. Bitte hör auf zu weinen. Ich komme. Sag mir...sag mir nur, wo genau du bist.«

»Ich weiß nicht wo ich bin«, heule ich in den Hörer und schniefe laut. »Hier sind viele Menschen und lauter Lichter...ich wollte nicht auf diese verdammte Party, Alec. Ich-«

»Rebecca. Konzentriere dich«, unterbricht er mich scharf, doch dann wird seine Stimme wieder sanfter:»Siehst du ein Straßenschild? Einen Laden? Irgendetwas?«

Ich kneife die Augen zusammen und schaue in die dunkle Straße vor mir. Weit und breit ist kein Straßenschild zu sehen, dafür aber etwas anderes. »Hier ist eine Pizzeria. Äh...da steht...warte.« Ich kneife die Augen zusammen und versuche mich auf die Buchstaben zu konzentrieren, die vor meinen Augen zu tanzen beginnen. »La...La Luna glaube ich.«

»Okay, bleib genau da stehen. Ich weiß nicht, wie lange ich brauche, aber bin gleich da.«

Ich stecke mein Handy wieder zurück in die Hosentasche und setze mich auf die Bank, die auf der Veranda steht, als mir auf einmal wieder ganz schwindelig wird. Jedes Mal bereue ich es, am Ende doch getrunken zu haben, aber ich lerne scheinbar einfach nie daraus. Alkohol und Rebecca vertragen sich einfach nicht.

Während ich auf der Bank sitze und die Augen schließe, denke ich an all die Momente zwischen Alec und mir. Daran wie wir uns zum ersten Mal begegnet sind, wie wir auf das Zimmer gegangen sind, von dem ich immer noch nicht weiß, wem es gehört hat, und er mir im Gang meinen ersten Kuss geschenkt hat. Und jetzt hat er mir nicht nur meinen ersten Kuss, sondern auch mein erstes Mal geschenkt.

All das kommt mir so surreal vor, als wäre alles nur ein Traum gewesen. Wie könnte mir so etwas jemals passieren? Mir, Rebecca Wattler. Das spannendste an meinem Alltag ist bin zu dieser Party immer mein Schulweg gewesen und jetzt...jetzt sieht mein Leben so aus.

Ich weiß nicht, ob das was ich tue, richtig ist, aber darüber möchte ich auch gar nicht nachdenken. Es fühlte sich in diesem Moment einfach richtig an, Alec anzurufen, also habe ich es getan, ohne an die Konsequenzen zu denken oder daran, was es bedeuten könnte, in welche Richtung ich diesen Abend lenken könnte. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass mir jede Richtung gefällt, solange sie Alec beinhaltet.

Ich höre den Motor von seinem Auto, bevor ich ihn sehe. Er parkt direkt auf der Wiese vor dem Haus, als würde das Grundstück ihm gehören, dabei bin ich mir sicher, dass die Leute, die hier wohnen, es nicht gerne sehen, wie ein fremder Range Rover in ihrem Vorgarten parkt, aber das scheint ihm egal zu sein.

Alec steigt aus dem Auto, schlägt die Tür zu und kommt direkt auf mich zu. »Geht es dir gut?«

»Warum hast du so lange gebraucht?« Ich schaue mit feuchten Augen vorwurfsvoll zu ihm auf, als er vor mir stehen bleibt. Er ist größer als ich ihn in Erinnerung habe.

Er sieht mich an und zieht seine Hand hervor, die er bis eben hinter seinem Rücken versteckt hat. Überrascht reiße ich die Augen auf, als ich erkenne, dass es Schokoladeneis ist.

»Ich hatte das Gefühl, ich habe etwas wieder gut zu machen«, meint er mit einem schiefen Grinsen und drückt mir das Eis und einen Löffel in die Hand, bevor er sich neben mich auf die Bank setzt. »Vielleicht trocknet das ja deine Tränen.«

Ich starre ihn an. »Du hast mir Eis gekauft?«

»Ich kann ja nicht einfach so mit leeren Händen auftauchen und mich bei dir entschuldigen.«

Dieses Mal weine ich lauter, aber aus Freude. Alec lacht und nimmt das Eis aus meiner Hand. Er reißt den Deckel ab und gibt mir den Becher zurück.

»Tut mir leid, dass ich mich nicht bei dir gemeldet habe. Ich war die letzten Tage mit Lernen beschäftigt«, sagt er, aber ich weiß, dass das nicht die ganze Wahrheit ist, doch ich sage nichts dazu. Wenn Alec bereit ist zu reden, wird er hoffentlich endlich zu mir kommen und offen mit mir sprechen können. Statt eine Riesenszene vor ihm anzufangen und ihm vorzuwerfen, dass er nicht ehrlich zu mir ist, esse ich leise mein Eis auf. Ich erzähle ihm, wie Loreen heute einfach so bei mir aufgetaucht ist und mich dazu gedrängt hat, sie auf diese lächerliche Party zu begleiten, wie sehr ich Nora verabscheue, sie mich am Ende aber doch dazu überreden konnte zu trinken.

»Lass uns reingehen«, sage ich, nachdem ich das Eis zur Hälfte aufgegessen habe und keinen Bissen mehr herunter bekomme. Alec sieht mich unsicher an. »Ich denke, das ist keine so gute Idee. Am besten fahre ich dich wieder nach Hause.«

»Nein, ich will nicht nach Hause.« Ich stehe auf, greife nach seiner Hand und ziehe ihn hinter mir her über die Veranda und in das Haus. Er könnte sich meinem Griff ganz leicht entziehen, aber er lässt sich von mir nach oben ziehen. »Was wird das?«

Auf der letzten Treppenstufe bleibe ich stehen und schaue ihn an. »Ich will dir nur etwas zeigen.«

Ich gebe Alec nicht einmal die Möglichkeit zu antworten, drehe mich wieder um und ziehe ihn weiter hinter mich her. Nachdem ich einige falsche Türen aufgerissen habe, komme ich endlich in dem Zimmer an, das ich für das Schlafzimmer halte. Ich ziehe ihn in das Zimmer, schließe hinter ihm die Tür und verriegele sie zur Sicherheit.

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht drehe ich mich wieder zu Alec. Ich will ihn gerade küssen, als er mich zurückhält. »Das willst du nicht, Re-«

Aber ich höre gar nicht darauf, was er sagt. Ich drücke meinen Mund auf seinen, bevor er weitersprechen kann, doch der Kuss findet ein abruptes Ende, als Alec mich sanft von sich schiebt. »Hör mir zu, Beccs. Du bist betrunken, du willst das nicht wirklich.«

»Doch«, sage ich mit fester Stimme, auch wenn ich mich nicht so sicher fühle, wie ich wahrscheinlich klinge. »Genau das will ich.«

Ich lege meine Hand in Alecs Nacken, um sein Gesicht zu mir herunter zu ziehen, während ich mit der anderen Hand über seinen Gürtel fahre. Mein Mund findet wieder seinen und dieses Mal küsst er mich zurück. Es fühlt sich unglaublich toll an, ihn endlich wieder zu küssen. Mir ist gar nicht aufgefallen, wie sehr ich das gebraucht habe.

Seine Hände tasten sich langsam unter meinen Kapuzenpulli, während er mich immer weiter nach hinten drängt. Ich weiß gar nicht, was passiert, als ich plötzlich etwas an meinem Bein spüre und stolpere. Kichernd falle ich mit dem Rücken aufs Bett, aber Alec erstickt kurz darauf mein Lachen, als er sich auf mich setzt und mit seiner Zunge in meinen Mund fährt.

Ich liebe Alecs Küsse. Ich liebe seine Berührungen und die süßen Worte, die er mir zwischen unseren Küssen ins Ohr flüstert. Ich liebe es, wenn er mir in die Unterlippe beißt und mich ansieht, als wäre ich alles, was er braucht.

»Du schmeckst nach Alkohol«, flüstert er lachend an meinem Mund. Ich vergrabe meine Hände in seinem Haar. »Egal.«

Ich möchte den Kopf heben, um ihn wieder zu küssen, aber er drückt mich zurück ins Bett. Seine Lippen fahren über meinen Hals bis hin zu meinem Kinn, aber noch bevor er meinen Mund erreicht, zieht Alec sich zurück.

Mit glasigen Augen und kichernd schaue ich zu ihm auf. Er schließt kurz die Augen und fährt sich frustriert durch die Haare. »Ich...ich kann das nicht. Nicht, wenn du so bist.«

»Wie?«, frage ich wie vor den Kopf gestoßen.

»Du bist immer noch betrunken, Rebecca.« Er schüttelt den Kopf. »Ich will nicht mit dir schlafen, wenn du betrunken bist.«

»Aber beim letzten Mal war es dir auch egal.« Ich kichere bei der Erinnerung an meinen Geburtstag und welche Wendung unser Date am Ende genommen hat. Der Sex mit Alec – auch der an den darauffolgenden Tagen – war das Schönste und Aufregendste, was ich jemals erlebt habe.

»Was beim letzten Mal gewesen ist, ist geschehen. Wir hatten beide getrunken. Jetzt bin ich nüchtern genug, um abzubrechen, bevor es zu spät ist.«

»Aber ich will es«, antworte ich leise. Der Alkohol ist nicht schuld daran, dass ich mit Alec schlafen möchte, dass Einzige, was dem Alkohol vielleicht zuzuschreiben ist, dass ich den Mut hatte, ihn anzurufen, obwohl ich – wie Loreen es einige Tage zuvor ausgedrückt hat – auch meinen Stolz habe.

Er schüttelt nur bedauernd den Kopf und steigt von mir herunter. Immer noch verwirrt schaue ich ihn an, als er sich neben mich aufs Bett legt. Alles passiert so schnell, dass ich gar nicht reagieren kann. Er dreht mich so um, dass ich mit dem Rücken zu ihm liege und legt die Arme von hinten um mich.

»Wir liegen in einem fremden Bett«, erinnere ich ihn leise daran, dass das weder mein Zuhause, noch seines ist.

Alec drückt mich fester. Plötzlich spüre ich seine Lippen an meinem Körper. Er drückt mir einen zarten Kuss auf den Nacken. »Schon okay. Ich bringe dich gleich nach Hause. Lass uns nur noch ein bisschen so liegen bleiben.«

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