Hexagramm - Vogelfrei

By Aquamarin2

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Dreizehn Familien, verbunden durch längst vergessene Mächte. Dreizehn Familien, die schon längst vergessen ha... More

Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Epilog
Infos

Kapitel 9

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By Aquamarin2

Auf dem Bild ist Dorcas.

Zwei Arme umklammerten mich mit aller Macht. Mein Gesicht hatte ich an irgendeine Brust gekuschelt. Samuel, war mein erster Gedanke, doch der war ja zu Hause und nicht hier in Hogwarts. Ich löste mich von dem Jungen, nur um in Sirius Gesicht zu sehen. Sein Atem ging leise und regelmäßig. Vorsichtig löste ich mich von dem Jungen.
Meine Schuhe lagen neben dem Bett und meine Krawatte, sowie die Kette auf dem Nachtisch. Scheinbar hatte Artemis nicht wieder alle mit Elektroschocks verjagt. Zwar behauptete sie, dass sie nur wollte, dass Marlene die Kette erkennt und mir hilft, aber ich habe den leisen Verdacht, dass sie doch auch ein bisschen Spaß daran hatte.
Ich zog mir meine Schuhe wieder an, dann machte ich mich an das Binden meiner Krawatte. Also beide Enden übereinander, dann einmal drumwickeln, versuchen das Ende da rein zu bekommen... warum funktioniert das nicht? Geh da durch. Irgendwie schaffte ich es, meine Finger in meiner Krawatte zu verhaken. Ich sollte das dumme Ding, doch als Gürtel nehmen. Hinter mir fing Sirius an zu lachen.
„Siehst du jeden Morgen so aus, Schätzchen?"
„Nenn mich nicht Schätzchen!"
„Nicht Caro, nicht Schätzchen. Wie wäre es mit Liebste?"
„Nein! Jetzt hilf mir! Die Krawatte will meine Finger fressen."
„Du musst nett zu ihr sein. Wenn du so mit mir umspringen würdest, würde ich dich auch fressen wollen. Wie hast du das denn den ganzen letzten Monat geschafft?"
„Ich habe Fingernägel geopfert." Sirius fing wieder an zu lachen.
„Lass mich mal." Er befreite meine armen Finger aus den Fängen der bösen Krawatte, dann band er diese ordentlich.
„Jetzt kann man dich rauslassen."
„Meine Haare stehen bestimmt in alle Richtungen ab."
„Im Bad liegt eine Bürste von mir. Die kannst du benutzen."
„Sirius. Ich brauche gerade einmal zwei Minuten in mein Zimmer. Danke für dein Angebot, aber ich gehe einfach schnell hoch... dann kann ich mich auch in Ruhe duschen."
„Mein schöner Krawattenknoten."
„Du darfst mir einen Neuen machen." Ich verschwand nach oben.

Eine Stunde später saß ich auf dem Zaun der Weide. Meine Krawatte hatte ich als Gürtel missbraucht, weil ich keine Lust hatte, meine Finger zu brechen. Das konnte Sirius wieder machen. Er hatte ein Talent für den Umgang mit den Biestern. Elsie Taylor, eine Hufflepuff aus meinem Jahrgang, spielte mit dem Nifflerbaby Katia. Sie sah immer wieder zu mir rüber. Hatte ich irgendetwas im Gesicht oder so? Felicitas rannte über die Weide, während Bubble auf dem Zaun herumbalancierte.
„Deine Katze ist ins Wasser gefallen." Brandon Powell lehnte sich neben mich an den Zaun und sah ängstlich zum Wassertrog. Felicitas galoppierte gerade dorthin. Zwei Sekunden später hatte sie ihre Nase im Trog. Bubble kletterte über den Kopf des Pferdes auf dessen Rücken.
„Das macht sie ehrlich gesagt öfter", murmelte ich verlegen. Felicitas galoppierte mit meiner Katze auf den Rücken über die Weide.
„Ich finde sie süß."
„Ich richte es ihr aus."
„Aber das süßeste Geschöpf der Welt kann immer noch keine Krawatte binden." Sirius legte die Arme von hinten um mich.
„Ich flirte nicht mit dir."
„Ich meinte Goldy. Mit den Hufen bekommt sie bestimmt keinen Krawattenknoten hin, aber wenn ich dich so ansehe, könnte die Beschreibung auch auf dich passen." Er lächelte mir charmant zu. Er machte sich mit einer Hand an meinen Gürtel zu schaffen.
„Sirius, guck mal. Den Fingernagel hat die Krawatte noch nicht gefressen." Ich zeigte ihm meinen Mittelfinger.
„Ich bin dann mal, nach Poco sehen", murmelte Brandon neben mir. Er verschwand.
„Und dir werde ich jetzt das Monster um den Hals legen, mein kleiner Frechdachs."
„Ich gehöre mit Sicherheit nicht dir."
„Wem denn sonst? Mir gehören alle Mädchen in Hogwarts. Oder warum sitzt Taylor sonst noch da und ist offensichtlich sehr eifersüchtig auf dich?" Sirius drehte mich um 180 Grad, dann fing er an, meine Krawatte zu binden.
„Fertig." Er grinste mich an.
„Können wir dann? Mein Magen sagt, es gibt Frühstück."
„Ich muss noch meine Katze holen und Felicitas auf Wiedersehen sagen."
„Du und deine Tiere."
„Die sind schlauer als du."
„Pass auf, sonst nehme ich dich mit duschen."
„Dann musst du noch einmal meine Krawatte binden."
„Das ist es mir Wert." Er grinste mich dreckig an.
„Der wurde bisher verschont." Ich zeigte ihm erneut den Mittelfinger.
„Er wäre auch zu schön zum zerbeißen. Da stimmt mir die Krawatte bestimmt zu."
„Klar doch." Ich sprang mit einen Satz über den Zaun.
„Felicitas! Bubble! Kommt her!" Das Einhorn kam angerannt. Bubble sprang von den Rücken auf mein Arm.
„Du bist ja ganz nass, Schatz." Ich zog meine Jacke aus und wickelte meine Katze darin ein.
„Bis später, Baby." Ich gab dem Einhorn ein Kuss auf die Nase, dann ging ich zurück zum Zaun, wo Sirius auf mich wartete.
„Gib mir mal die nasse Katze." Der Frauenheld nahm mir mein Haustier ab. Mit einen Sprung stand ich neben meinen Freund.
„Dann mal auf zum Frühstück." Sirius Magen grummelte zustimmend.

Am Gryffindortisch saßen schon Lily und Dorcas. Als sie uns sahen, fing Dorcas an, breit zu grinsen.
„Also ihr seid jetzt ein Paar, oder warum schlaft ihr miteinander?" Ich spürte, wie ich rot wurde.
„Wir sind kein Paar und wir schlafen auch nicht miteinander!"
„Deshalb bist du auch nicht wieder gekommen, was?" Dorcas sah mich unschuldig an. Sirius sah sie strafend an.
„Mir ging es nicht so gut. Mehr nicht."
„Und da-" Lily trat Dorcas.
„Geht es dir wieder besser?" Ich nickte, weil ich gerade den Mund voll hatte.
„Gut." Lily lächelte mir aufmunternd zu.

Die Zeit in Hogwarts verbrachte ich genauso auf Autopilot gestellt wie zu Hause. Wenn ich gerade nicht Unterricht hatte oder Hausaufgaben machte, verbrachte ich meine Zeit mit üben. Meiner Meinung nach ging es viel zu langsam voran mit meinem Training. Der Vollmond kam immer näher und wenn ich es nicht einmal unter normalen Bedingungen schaffte, meine Kräfte zu kontrollieren, würde ich es schon mal gar nicht bei erschwerten Bedingungen schaffen.
Die Rumtreiber nahmen mich wie schon vorher abends in Beschlag. Sirius hatte sich in den Kopf gesetzt, dass ich lernen sollte, wie man einen ordentlichen Krawattenknoten macht. Also saß ich entweder mit ihm zusammen und zerstörte meine Finger, spielte mit den Rumtreibern Karten oder ich weinte mich mal wieder bei dem Frauenheld aus, der dann immer wieder verzweifelte.
Beim zweiten Mal hat er angefangen zu summen, weil mir rausgerutscht war, dass ich Elaina zur Beruhigung vorsang. Sein Gesumme hatte mich allerdings nicht beruhigt, sondern nur wütend gemacht, weil er das schöne Lied so misshandelt hatte. Beim dritten Mal nahm er mich einfach wieder in den Arm. Später bemerkte uns Remus und half seinem Freund aus der wirklich misslichen Lage.
„In dem Buch steht doch nur ganz viel Mist." Marlene starrte wütend mein Buch an.
„Die Bäume aus denen das Buch gemacht wurde, wurden schon grausam ermordet. Dein Todesblick tötet nur noch einmal die Bäume und nicht den Autor, der das hier geschrieben hat."
„Wer ist hier die Weise? Du oder ich?", maulte Marlene.
„Du. Allerdings bedauere ich die armen Bäume. Den wurde schon genug Leid angetan. Habe sie lieb."
„Wenn du etwas wissen willst, dann frage mich einfach. Oder Artemis."
„Ich will wissen, ob es eine Möglichkeit gibt, schneller zu lernen. Bis zum nächsten-"
„Wenn man ins Wasser kommt, lernt man schwimmen. Wenn du deine Kräfte einsetzt, lernst du, sie zu kontrollieren, mehr gibt es nicht zu wissen."
„Dann werde ich eben weiter trainieren." Ich klappte das Buch zu.
„Die Kunst des Ausruhens ist ein Teil der Kunst des Lernens." Ich verdrehte die Augen.
„Ich Ruhe mich mit Sirius heute Abend aus. Nachmittags ist Lernen angesagt." Marlene seufzte leise.
„Ich mache das noch eben fertig." Sie zeigte auf ihren Aufsatz für alte Runen.
„Na gut." Ich schlug mein Buch wieder auf. Es war wirklich interessant, was die normalen Hexen und Zauber so über uns dachten.
Nymphen sind von unvergleichlicher Schönheit und Anmut. Sie können tausende von Jahren alt werden, doch sie behalten immer ihr mädchenhaftes Aussehen und ihre formvollendete schlanke Figur.
Ich glaube, sie haben Marlenes Ahnen für diesen Textabschnitt als Vorlage genommen. Würde auf jeden Fall zu der Beschreibung passen. Allerdings waren sie ziemlich dumm, wenn sie nicht bemerkt haben, dass sie immer wieder mit einer jüngeren Generation gesprochen haben.
„Unvergleichliche Schönheit? Da kenne ich doch jemanden, der auf die Beschreibung passt", flüsterte Sirius in mein Ohr. Ich schreckte hoch und ließ das Buch auf den Boden fallen. Was war, wenn er etwas ahnte? Sirius lachte hinter mir.
„Hey. Keine Sorge, Schatz. Ich bin es nur."
„Ich bin nicht dein Schatz."
„Mein Engel?"
„Nein!"
„Dann meine kleine Nymphe. Denen machst du mit deiner Schönheit nämlich Konkurrenz." Wenn der wüsste-
„Sirius. Ich bin nicht in Stimmung." Der Junge umarmte mich von hinten.
„Dann ist es ja gut, dass ich jetzt deine Zeit beanspruchen will, weil ich einen super Plan habe."
„Ich lerne."
„Du liest ein Märchenbuch." Er zog mir das Buch aus der Hand.
„Mach eine Pause." „Ich stimme dem Typen nur selten zu, aber er hat Recht." „Siehst du. Also stelle den Wälzer da weg und komm mit." Ich sah hilfesuchend zu Marlene.
„Ich räume ihn gleich weg. Du hast jetzt mal wieder richtig Spaß und hörst auf dich hinterm Lernen zu verstecken! Und wehe Black, wenn du ihr nur wieder Nachhilfe in Krawatte binden gibst! Dann landet Carolins Wälzer auf deinem Kopf und nicht im Regal!" Sirius nickte eifrig. Ich wurde auf die Beine gezogen. Der Schwarzhaarige schob mich aus der Bibliothek, dann weiter um ein paar Ecken, bis er schließlich hinter einer Ecke stehen blieb.
„Was hast du denn vor?"
„Das wird eine Überraschung." Er holte meinen Schal sowie meine Jacke, meine Handschuhe und meine Mütze aus seinem Rucksack.
„Willst du mir erklären, wie du an meine Sachen kommst?"
„Alice und Dorcas wollten die Exklusivrechte an der Story, ich die Sachen. So einfach ist das."
„Jetzt habe ich Angst."
„Du weißt doch, dass sie über alles im Schloss Bescheid wissen wollen. Auch darüber. Jetzt zieh die Sachen an. Sonst frierst du."
„Wir haben Mitte Oktober, nicht Mitte November. Für Mützen und so etwas ist es noch zu warm."
„Wie du meinst", seufzte der Frauenheld leise. Er steckte die Sachen wieder ein. Nur den Schal ließ er draußen.
„Wenn du frierst, beschwer dich nicht."
„Können wir dann jetzt?"
„Noch nicht ganz." Er hielt den Schal in die Höhe. Was wollte er denn jetzt?
„Ich verbinde dir die Augen!" Er drehte mich so, dass ich mit dem Rücken zu ihr stand. Im nächsten Moment sah ich nichts mehr, weil Sirius mir die Augen verbunden hatte. Jetzt war ich doch neugierig, warum er so ein Geheimnis darum machte. Der Junge schob mich an den Schultern voran.
„Sirius, ich bin kein Einkaufswagen, den man einfach so herumschieben kann!" „Was ist ein Einkaufswagen?"
„Das ist ein Korb mit Rädern, den man vor sich her schiebt. Und zwar nicht gerade sanft, also mach vorsichtiger!"
„Tut mir leid." Ich spürte eine Hand an meiner Hüfte und im nächsten Moment lehnte ich an Sirius. Vorsichtig schob er mich voran.
„So besser?"
„Ja. Braver Junge." Ich würde ihm ja den Kopf tätscheln, wie einen Hund, doch ich würde ihn nur die Augen ausstechen.
„Achtung, hier kommt eine Treppe", raunte der Junge mir kurz darauf ins Ohr. Ich verlangsamte meine Schritte, um nicht die Treppe runter zu fallen, doch Sirius zog mich wieder zwei Schritte nach hinten. Dann war er plötzlich weg.
„Sirius?" Verzweifelt streckte ich meine Hand nach hinten aus, wo bis gerade noch der Frauenheld gestanden hatte.
„Hey, keine Sorge. Ich laufe dir nicht weg."
„Sicher?"
„Mich wirst du nie wieder los. In 90 Jahren gehen wir zusammen zu einem Stufentreffen wie die Muggel. Entweder haben dann unsere Kinder geheiratet..."
„Das Entscheiden die bestimmt lieber selber."
„...oder wir haben geheiratet." Ich fing noch mehr an zu lachen.
„Ich bin schon mit Samuel verheiratet worden. Meinen nächsten Ehemann suche ich mir selber aus."
„Dann heiraten halt unsere Kinder!" Sirius nahm meine Hand.
„Und jetzt hör auf zu diskutieren. Spring lieber auf. Ich nehme dich huckepack." Er legte meine Hand auf seine Schulter. Etwas unsicher kletterte ich auf sein Rücken. Mit verbundenen Augen war das gar nicht mal so einfach. Schließlich lief Sirius mit mir auf dem Rücken die Treppe runter und dann einfach weiter.
„Du bist ja noch leichter, als ich dachte."
„Was soll das denn heißen?"
„Ich dachte immer, dass du schwerer bist, aber du wiegst ja weniger als deine Katze."
„Ich bin eine Tänzerin, ich muss leicht sein."
„Auch leichter als deine Katze? Heute Abend stopfte ich dich mit Süßigkeiten voll, damit du wieder ein bisschen Gewicht zulegst."
„Ich gehe heute Abend mit Marlene lernen, weil ihr mich jetzt davon abhaltet."
„Du bist so eine kleine Streberin geworden." Da hatte er irgendwie Recht, aber das hatte schließlich seine Gründe.
„Jetzt musst du wieder runter gehen, ansonsten bekomme ich die Tür nicht auf." Im nächsten Moment wurde ich schon auf den Boden gestellt. Sirius öffnete die Tür nach draußen und kühle Luft schlug uns entgegen. Der Gryffindor zog mich weiter. Ich versuchte am Klang des Weges herauszufinden, wo wir lang gingen, doch ich konnte nur sagen, dass wir über eine Wiese liefen.

Wir brauchten noch ungefähr 10 Minuten bis zum Ziel.
„Wir sind da", flüsterte Sirius mir ins Ohr. Er legte mir die Arme um die Hüfte, dann hob er mich hoch.
„Beine hoch." Wenn er es so wollte. Ich setzte mich in die Luft.
„Erklärst du mir warum? Und würdest du mich anders hochheben, wäre ich leichter." Ich wurde auf irgendetwas draufgesetzt. Sirius setzte sich vor mich.
„Festhalten." Ich umklammerte Sirius von hinten.
„Bereit?"
„Wofür?"
„Also ja."
Meine Füße berührten im nächsten Moment nicht mehr den Boden. Ich hatte ein komisches Gefühl im Bauch.
„Sirius? Was machen wir gerade?"
„Du kannst den Schal abnehmen."
„Soll ich mich festhalten oder den Schal abnehmen." Sirius seufzte leise, dann drehte er sich um und machte den Schal ab. Neugierig sah ich mich um. Wir waren auf den Quidditchfeld und ich saß überraschenderweise auf einem Besen. Ich hätte nie gedacht, dass die Dinger so bequem sind. Mit dem Besen schwebten wir knapp fünf Meter über den Rasen. James schwebte knapp vier Meter von uns entfernt. Er winkte mir grinsend zu.
„Hi."
„Wenn du jetzt wieder sehen kannst, können wir ja zu unserem eigentlichen Ziel", rief James gut gelaunt. Er schoss mit seinem Besen nach oben. Sirius schoss sofort hinter her. Ich klammerte mich sofort an dem Frauenheld fest. Ich wollte wirklich nicht fallen.
Beunruhigt sah ich zu, wie Sirius mit dem Besen immer höher flog und immer weiter Richtung Hogwarts. Meine Finger wurden langsam durch den Wind taub, der auf dieser Höhe und mit dieser Geschwindigkeit wirklich kalt war. Wenn ich hier runter war, wollte ich als Erstes etwas Warmes trinken. Sirius und James schienen sich wenig Gedanken über die Landung zu machen. James machte immer wieder riskante Flugmanöver, während der Schwarzhaarige vor mir Zickzack flog. Nachdem der Brillenträger ein paar Loopings gemacht hatte, wurde leider auch mein Pilot etwas übermütig. Er beschleunigte noch einmal etwas das Tempo, dann machte auch er einen. Erschrocken quietschte ich auf und schloss meine Augen. Wenn ich nicht sah, dass wir Ewigkeiten vom Boden weg waren und nur von einem wirklich dünnen Stück Holz getragen wurden, war es vielleicht auch nicht die Wirklichkeit. Bei den zwölf olympischen Göttern, bitte lasst mich nicht fallen. Bitte.
„Carolin. Hast du Flugangst?", fragte Sirius vor mir.
„Nein, aber durch euch bekomme ich noch Angst vor Besen. Bei meinem ersten Flug wollte ich nicht gleich fallen."
„Wie erster Besenflug?", kam es verwundert von den beiden Jungen.
„Besenfliegen wurde mir nicht beigebracht."
„Keine Sorge, Besen sind sicher", versicherte mir James.
„Wir sind auch gleich da!", verkündete Sirius. Zum Glück.

Kurz darauf landeten wir auf dem Dach des Astronomieturms von Hogwarts. Von dem rasanten Flug waren meine Hände ganz taub.
„Jetzt nehme ich doch die Handschuhe", erklärte ich sobald ich wieder auf dem Dach stand. Na ja, so sicher wie man auf einem schrägen Dach stehen konnte.
„Ich dachte, Mitte Oktober braucht man keine Handschuhe?"
„Wenn man von zwei Idioten mit einem Besen auf ein Dach entführt wird schon."
„Du wurdest von den zwei coolsten, hübschesten und charmantesten Idioten Hogwarts entführt", erklärte James. Sirius reichte mir mit einer angedeuteten Verbeugung die Handschuhe. Dann ließ er sich auf das Dach fallen.
„Guck mal, dahinten ist Hogsmeade." Er zeigte in eine Richtung. Am Horizont konnte man die Häuser des Dorfes erkennen.
„Und da ist das Quidditchfeld." James hatte sich an die Dachkante gesetzt und starrte nach unten. Sirius kletterte zu ihm, um zu gucken. Ich blieb lieber sitzen. Ich wollte hier echt nicht abrutschen.
„Carolin!" Sirius streckte seine Hand nach mir aus.
„Keine Sorge. Wenn du fällst, haben wir hier den weltbesten Jäger sitzen, der dich wieder auffängt." Zögernd griff ich nach Sirius Hand, der mich nach vorne zog. Mittlerweile baumelten auch seine Beine von der Dachkante. Ich hockte mich hinter die beiden Jungen.
„Ihr seid total bekloppt! Wenn wir abrutschen, sind wir alle erledigt!" „Wir sind hier oben schon öfters gewesen. Mach dir keine Sorgen." Sirius zog mich vorsichtig neben sich.
„Da unten ist der Stall." Ich erkannte Felicitas und Seidenschnabel auf der Koppel herumtollen. Lächelnd sah ich ihnen vom Weiten zu.
„Was ist eigentlich passiert?"
„Was?"
„Im Wald. Wie ist das genau mit deinem Bein passiert?"
„Ich habe mich an einen Busch verletzt-"
„Das war kein Kratzer von einem Busch."
„Was sollte es sonst sein?"
„Woher soll ich das Wissen? Deshalb frage ich dich."
„Es war nichts. Du musst dir keine Sorgen machen." Ich fühlte mich schlecht. Ich hasste es mehr als alles andere, die beiden zu belügen.
„Ich mache mir aber Sorgen und weißt du warum? Weil ich genau weiß, dass du mich belügst." Scheiße.
„Es ist nichts Schlimmes. Du musst dir wirklich keine Sorgen machen." Sirius sah mich skeptisch an.
„Glaube mir. Mit mir ist alles in Ordnung."
„Warum musst du dann immer lernen?"
„Ich muss viel nachholen. Schließlich habe ich den Stoff einer Woche verpasst." James und Sirius fingen an, mich auszulachen.
„Den Stoff einer Woche nachholen? So viel, wie du lernst, hast du den Stoff des nächsten Jahres gelernt, wobei man bedenken muss, dass du in den praktischen Fächern weiter bist, also hast du wohl vor vom siebten Jahrgang den Stoff gleich mit zu lernen." James sah mich genervt an.
„Können wir wieder runter auf den Boden? Mir ist kalt."
„Ist dir kalt oder willst du nur nicht sagen, was los ist?"
„Mir ist kalt", antwortete ich wahrheitsgemäß. Und ich wollte nicht reden.
„Wenn du schnell erzählst, können wir schnell wieder runter, dann ist dir schnell wieder warm." Fieslinge.
„Es war nichts Schlimmes."
„Wir können hier bis morgen sitzen." Ich zuckte mit den Schultern. Ich würde hier noch eine Woche sitzen, um den Jungen nicht erzählen zu müssen, was passiert war. Ich legte meinen Kopf auf Sirius Schulter und starrte den Wald an. Mal sehen, wann die beiden aufgaben.

Wie sich herausstellte, waren die beiden dickköpfiger, als ich dachte. Sie ließen mich erst wieder runter, als es schon lange dunkel war. Ich eilte sofort in den Gemeinschaftsraum, wo Marlene in einem Sessel saß und las. Als ich auf sie zukam, sah sie auf, dann machte sich Erleichterung auf ihrem Gesicht breit.
„Wo warst du?"
„Auf dem Dach des Astronomieturms."
„Da habe ich auch schon einen Nachmittag dank Black verbracht", schnaubte meine Freundin. Sie sah kurz auf ihre Uhr.
„Wir haben noch ungefähr zwei Stunden bis zur Nachtruhe."
„Dann mal los." Ich zog sie wieder aus dem Gemeinschaftsraum raus. Ich wollte nach meinem unfreiwilligen Aufenthalt auf dem Turm nur noch mehr meine Kräfte kontrollieren können. James und Sirius würden sicher nicht so schnell locker lassen und ich wollte ihnen nicht noch einen Anlass zum Schnüffeln geben, indem ich meine Kräfte offenbarte.

Sirius P.o.V.:
Carolin warf ihre Haare wütend zurück und verschwand hocherhobenen Hauptes im Schloss.
„Die ist sauer", murmelte James.
„Und sie hat immer noch nicht von dem Biss erzählt."
„Vielleicht war es ja gar nicht Remus. Wir waren schließlich alle nicht dabei."
„Und von wem soll sonst der Biss sein? Und warum erzählt sie nichts von dem Biss und sagt, es wäre ein Kratzer?"
„Was weiß ich? Vielleicht weil sich ein Biss gefährlicher anhört?"
„Und warum war sie nicht im Krankenflügel? Wenn man verletzt ist, geht man schließlich dahin."
„Sirius, ich weiß es doch auch nicht."
„Und ich glaube auch nicht, dass sie so oft lernt."
„Vielleicht suchen die beiden nach einer Lösung für Carolins neues, pelziges Problem." Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Man wie sehr ich dieses vielleicht doch hasste. Wir traten auf den Gang mit dem Porträt der fetten Dame. Es öffnete sich gerade und Carolin kam gefolgt von Marlene heraus. Wo wollten die beiden denn jetzt schon wieder hin? Ich zog James zurück, damit die beiden uns nicht sahen. Wir versteckten uns in einer Wandnische. Die beiden Mädchen gingen friedlich quatschend an uns vorbei.
„Also du hast auch schon einmal auf diesem Dach gesessen?" Carolin sah Marlene neugierig an.
„Ja, bei mir war es allerdings wärmer. Das war Juni, kurz nach unserer Trennung. Schon ewig her. Er nutzt gerne das Dach, um Leute auszuquetschen."
„Er hat nur wenig Erfolg damit." Die beiden Mädchen verschwanden hinter der nächsten Ecke. Ich verließ mein Versteck. Jetzt wollen wir doch mal sehen, was sie immer lernen.
„Sirius", flüsterte James und zeigte Richtung Gemeinschaftsraum. Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte endlich wissen, was mit den beiden Mädchen los war.
„Sie ist eh schon sauer. Wenn sie dich jetzt auch noch erwischt, reißt sie dir den Kopf ab!"
„Ich will wissen, was sie hat. Komm mit oder lass es. Deine Entscheidung." James zögerte kurz, dann folgte er mir.
„Wir könnten noch eben schnell die Karte und den Tarnumhang..."
„Dann verpassen wir vielleicht etwas Interessantes." Der Jäger schüttelte nur ungläubig den Kopf. Ich guckte vorsichtig um die Ecke, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sie eine Treppe nach oben hochgingen. Wir liefen den beiden Mädchen nach. Das Gespräch konnten wir leider nicht mehr belauschen, weil sie zu leise waren.

Wir liefen Marlene und Carolin nach in den siebten Stock, wo sie dann plötzlich verschwunden waren.
„Wo sind sie?" Ich trat auf den verlassenen Gang.
„Da hast du dein Geheimnis. Sie können in Hogwarts apparieren. Können wir jetzt zurück?", fragte James, der diese Idee offensichtlich nicht so gut fand wie ich.
„Sie können nicht weg sein. Sie müssen irgendwo hier sein." Ich lief den Gang entlang, ohne jemand zu finden.
„Jetzt komm schon. Sie ertränkt sich einfach nur in Hausaufgaben. Kein Grund zur Beunruhigung."
„Oh, doch, wegen des Bisses." James seufzte leise.
„Trotzdem finden wir sie nicht. Jetzt komm." Er zog mich wieder zurück. Als wir um die Ecke traten, stand da eine sichtlich genervte Carolin. Marlene hinter ihr hatte die Hände auf dem Mund gepresst, um nicht laut loszulachen.
„Mister Potter und Mister Black, lange nicht gesehen! Wollt ihr uns noch lange hinterherlaufen?", fragte Carolin. Marlene fing an, laut loszulachen.
„Ähm, wir wollten gerade gehen." Ich kratze mir verlegen am Hinterkopf.
„Das hoffe ich doch! Wisst ihr, was Privatsphäre ist?"
„Wir machen uns doch nur Sorgen!", verteidigte ich mich.
„Ihr braucht euch keine machen."
„Du benimmst dich aber komisch."
„Ich lerne nur."
„Du bist wirklich neben der Spur", half James mir. Carolin seufzte leise.
„Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen."
„Außer die Sache mit dem übermäßigen Lernen." Sie kratzte sich verlegen den Hinterkopf. Marlene flüsterte dem braunhaarigen Mädchen etwas zu.
„Wollt ihr jetzt alle darauf rumhacken?" Marlene grinste sie an.
„Irgendwie ein bisschen." Carolin grummelte.
„Vielleicht kann ich ja etwas weniger lernen, aber dann spioniert mir nicht mehr nach."
„Oder du lernst mit uns", schlug ich vor. Die beiden Mädchen fingen an zu lachen.
„Als ob wir mit euch lernen könnten."
„Pokalzimmer putzen bestimmt schon."
„Wir mussten bisher nur einmal dieses Schuljahr!", rief James. Marlene applaudierte. Carolin kam auf uns zu und zog uns Jungs in eine feste Umarmung.
„Ich habe euch zwei Idioten eigentlich lieb, aber wenn ihr mir noch einmal nachspioniert oder mich auf einen Turm sperrt, werdet ihr wohl eine Nacht da oben verbringen."
„Ja Ma'am", meinten James und ich gleichzeitig.
„Brave Jungs."

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