Kapitel 1

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Oben ist der Stammbaum von Carolin.

Meine Wut über meine Verbannung nach Hogwarts war einer leichten Aufregung gewichen. Irgendwie war es doch ein bisschen spannend in ein Internat zu fahren. Schließlich kannte ich da niemanden. Neue Freunde zu finden war für mich nie nötig gewesen. Mehr als zwei bis drei Wochen war ich bisher noch nie am selben Ort geblieben. Nach dieser Zeit zog meine Familie in eine neue Stadt. Samuel war immer mein Freund gewesen. Er zog immer mit und war in meinem Alter. Und dann gab es natürlich noch die ganzen Kleinen. Besser ging es doch gar nicht.
In Hogwarts würde ich das erste Mal Mädchen in meinem Alter treffen. Ich fragte mich nur, was die in ihrer Freizeit machten. Bisher hatte sich in meinem Leben vieles um die Vorstellungen mit meiner Familie gedreht. Wenn wir nicht gerade probten oder eine Aufführung hatten, waren wir Ausreiten, Klettern, Schwimmen, Schlitten- oder Schlittschuhfahren. Wenn wir mal nicht sportlich unterwegs waren, spielten wir noch mit den Jüngeren, schauten zusammen fern, lasen oder gingen manchmal auch ein wenig bummeln. Letzteres endete meistens in einem Bücherladen. In Hogwarts ging das meiste davon wohl eher nicht.
Samuel wurde mit jedem Tag, der verging, ängstlicher, genauso wie mein Vater. Ihnen beiden war bewusst geworden, dass es dort männliche Wesen in meinem Alter gab und sie diese nicht mit einem Baseballschläger verjagen konnten. Nach dem bis heute gut in Erinnerung gebliebenen Baseballschlägervorfall habe ich mich nicht mehr mit einem Jungen verabredet, der nicht mit mir blutsverwandt war.

Zwei Wochen vor Schulbeginn kam schließlich der Brief. Wir hatten gerade Probe für das neue Stück. Samuel und ich saßen an der Technikanlage, da wir beide keine Rolle mehr spielten. Unsere super Karriere, vom Bühnenstar zum Beleuchter. Die Eule kam unbemerkt durch den offenen Zelteingang. Sie landete vor uns auf dem Pult, an dem die ganze Technik angeschlossen war und trat dabei auf mehrere Knöpfe.
Die Musikanlage sprang auf voller Lautstärke an, weshalb Bubble aufwachte, die vorher auf meinen Schoß geschlafen hatte. Die kleine Katze musste sich sofort das unbekannte Tier angucken und hüpfte ebenfalls auf das Pult. Noch mehr Sachen wurden verstellt. Die Eule fand Bubble wohl nicht sympathisch und ging flüchten. Eine wilde Verfolgungsjagd entstand.
„Bubble, komm her!", befahl ich, während Samuel versuchte, die Anlage zurückzustellen. Mein Vater kam zu uns gerannt, um zu sehen, was los war. Er war nicht gerade begeistert, als eine Eule auf seiner Schulter landete und Bubble dann versuchte, an ihm hochzuspringen, um diese zu fangen. Natürlich flatterte die Eule weg und weiter ging es. Ich gab es auf meine Katze so fangen zu wollen.
Ich schloss meine Augen kurz und im nächsten Moment waren meine Sinne sowie meine Reflexe geschärft. Ich jagte meiner Katze nach, die ich so in kurzer Zeit fangen konnte.
„Du solltest zu mir kommen!", schimpfte ich mit dem Kätzchen. Diese mauzte schuldbewusst und sah mich aus großen traurigen Augen an. Wie soll man dem kleinen Vieh so böse bleiben?
Ich setzte Bubble seufzend auf Samuels Schoß ab und stand dann meinem wütenden Vater gegenüber.
„Du sollst nicht deine Kräfte einsetzen!", schimpfte er los.
„Tut mir leid, aber ich musste doch irgendwie Bubble einfangen." „Hätte das jemand gesehen – ich will gar nicht wissen, was dann passiert wäre!" Er schlug sich die Hände über den Kopf zusammen. Ich nickte brav.
„Ich mache es nicht mehr", versprach ich kleinlaut. Es war nur so schwer, so tolle Fähigkeiten nicht einzusetzen.
Dad gab mir seufzend den Brief, den die Eule gebracht hatte. Es war mit grüner Schrift meine genaue Adresse draufgeschrieben worden. Sogar, in welchem Wohnwagen ich wohnte. Als ich den Brief umdrehte, sah ich, dass der Brief versiegelt war. Das Hogwartswappen war in das Wachs eingestanzt worden.
Ich riss den Briefumschlag auf und zog zwei Seiten Pergament heraus. Auf einer war eine Einkaufsliste. Ich überflog kurz die Bücher, doch es waren die Gleichen, die wir hier eh schon zum Lernen nutzten, sodass ich mir da keine neuen kaufen musste. Umhänge, einen Kessel, Glas- und Kristallfläschchen, sowie ein Teleskop und noch ein paar andere Sachen würden wir wohl noch besorgen müssen. Zwar hatten wir ein paar von ihnen, aber nicht genug, dass ich so viele mitnehmen konnte und es genug für die Jüngeren hier noch gab.
Ich gab die Einkaufsliste an meinen Vater weiter, der sich um die Finanzierung der ganzen neuen Sachen Sorgen machen durfte. Die ganzen Dinge waren nämlich ziemlich teuer und wir nicht unbedingt reich. Ich nahm mir das zweite Blatt Pergament vor:

Hexagramm - VogelfreiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt