Kapitel 7

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Darf ich vorstellen? Das ist Rocky.

Es war gerade Mal halb acht, als wir den Raum der Wünsche verließen. Nachdem der Mond untergegangen war, hatte ich mich erst noch bei Marlene ausgeheult. Erst als ich mich beruhigt hatte und Marlene meine verheulten Augen unter einer dicken Schicht Schminke versteckt hatte, machten wir uns auf den Weg zum Frühstück. Bubble schlief noch immer friedlich auf meinem Arm. Marlene hatte schützend einen Arm um meine Schulter gelegt.
„Carolin? Marlene?" Wir zuckten beide zusammen. Sirius, James und Peter kamen zu uns gerannt. Der Frauenheld zog uns Mädchen in eine feste Umarmung.
„Was macht ihr nur für Sachen?", wurde in unsere Haare genuschelt,
„Wir haben euch gesucht. Ihr wart die ganze Nacht unterwegs, ihr wart nirgends zu finden und draußen ist es nachts nicht sicher und ihr – ich habe mir furchtbare Sorgen gemacht." Er ließ uns los. Wir beiden wurden einmal die eigene Achse gedreht und dabei aufs genauste begutachtet.
„Keine Kratzer? Blaue Flecke? Prellungen?" Er musterte jeden Zentimeter genau. Besorgt betrachtete er die Kratzer auf meiner Wange, die notdürftig geheilt worden waren. Man sah noch ein paar rote Striche, die mit Schminke versteckt worden war. Es reichte, dass kein Lehrer etwas merken würde, aber Sirius entdeckte einfach alles. Sogar den sorgfältig verbundenen Biss, welcher von einer langen Hose verdeckt wurde.
„Was ist da passiert?"
„Wir waren draußen und sie hat sich an ihrem Busch ihr Bein aufgerissen. Nicht weiter schlimm", log Marlene für mich. Sie zog mich von dem Jungen weg.
„Stimmt das Carolin?" James sah mich streng an. Ich nickte. Dank dem Raum der Wünsche haben wir alle Wunden ziemlich gut heilen können und als Tiernymphe war ich gegen Lykanthropie immun.
Sirius zog mich noch einmal in seine Arme.
„Laufe uns ja nie wieder weg." James kam von der anderen Seite. Die beiden versuchten, mich zu zerquetschen.
„Warum seid ihr denn nicht wieder in den Gemeinschaftsraum gekommen? Warum bist du überhaupt weggelaufen?" Mir kamen wieder die Tränen hoch. Ich versteckte mein Gesicht in Sirius Hemd.
„Nicht weinen! Ich weiß dann nicht, was ich tun soll!", rief der Frauenheld verzweifelt. Ich klammerte mich einfach an ihm fest. Er fing an, meinen Rücken zu tätscheln. Wie konnte er nur so beliebt bei Mädchen sein, wenn er nicht einmal eines Trösten konnte? James strich mir ebenfalls überfordert über die Haare.
„Jungs, Jungs, Jungs." Marlene schob sich zwischen sie und nahm mich in den Arm.
„Deine Grandma ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an sie denkt. Das was wir Tod nennen, ist in Wahrheit der Anfang eines neuen Lebens." Sie flüsterte mir noch ein paar Weisheiten zu, bis ich nicht mehr das Gefühl hatte, meine Großmutter sei gestorben, sondern eher das sie sich gerade ein schönes Leben in der Karibik machte und in drei Wochen würde ich dort ebenfalls hinziehen.
„Das bekommst du nicht mehr aus dem Hemd", schniefte ich und tippte auf die Schminke, welche jetzt teilweise auf Sirius Hemd klebte.
„Die Hauselfen bekommen das wieder hin."
„Das wird nicht mehr rausgehen. Das bleibt leicht gräulich."
„Dann kaufe ich mir bei Gelegenheit ein neues", gähnte der Gryffindor. Er legte einen Arm um mich und führte mich weiter Richtung große Halle.
„Was war denn jetzt?" James sah uns interessiert an. Marlene sah mich auffordernd an.
„Meine Grandma – sie ist – gestern Morgen ist sie verstorben." Mir liefen wieder ein paar Tränen über die Wange. Sirius nahm mich wieder in den Arm.
„Komm her. Lass es einfach raus." Ich kuschelte mich an meinen Freund.

Zwanzig Minuten später saßen wir am Frühstückstisch. Marlene hatte noch einmal meine Schminke aufgefrischt. Sie bestand darauf, dass nicht jeder meine verheulten Augen sehen musste. Ich ließ ihr den Spaß, mich wieder auf Vordermann zu bringen. Die drei Jungen ertränkten sich im Kaffee, um nicht wieder einzuschlafen. Ich stocherte lustlos in einem Pfannkuchen herum und Marlene sah mich die ganze Zeit mitleidig an. Insgesamt waren wir ziemlich schweigsam.
Nachdem Sirius die siebte Tasse Kaffee in sich herein geschüttet hatte, zog er mich auf sein Schoß.
„Iss was." Er nahm meine Gabel und fing an mich zu füttern.
„Was soll denn deine Familie denken, wenn du hungrig nach Hause kommst?"
„Ich bin nicht hungrig."
„Du isst jetzt was. Vorher lasse ich dich nicht wieder los." Er hielt mir die Gabel mit einen Stück Pfannkuchen hin.
„Ein Bissen für den Tatze."
„Ernsthaft Sirius? Sie ist kein Baby mehr. Sie hat nun mal kein Hunger, was wohl verständlich ist." Marlene sah Sirius böse an. Die beiden stritten sich noch ein bisschen weiter.
Ich rutschte von Sirius Schoß. Ich stocherte weiter in meinen Pfannkuchen herum. Wenn ich nur lange genug zerkleinerte, konnte ich vielleicht das Mehl wieder heraussortieren. Alles wieder in seine frühere Ordnung bringen, bevor ein Hauself kam und es durcheinanderbrachte und es mit ganz viel anderem Zeug zusammengeschmissen wurde, damit hungrige Schüler und Lehrer das Mehl besser essen konnten. Ich musste nur lange genug suchen um den Weg zu finden alles in Ordnung zu bringen.
Erst als Marlene mit ihrem Frühstück fertig war, wurde mir von ihr die Gabel weggenommen.
„Der arme Pfannkuchen. Willst du ihn für ein Baby pürieren?" Die andere Nymphe sah angeekelt auf mein Essen. Nein, das sah nicht mehr wie etwas Essbares aus, sondern eher wie Elainas Babybrei.
Sirius griff nach seinem Löffel, um seinen Kaffee umzurühren, erwischte aber meine Gabel, die genau daneben lag. Er steckte sie in seinen Kaffee und trank ihn dann. Die Jungs waren wirklich müde.
„Sirius, möchtest du auch noch den Rest von Carolins Essen trinken?"
„Wie? Was?" Sie hielt ihm den Teller hin.
„In dein Kaffee oder lieber zu Kakao? Kürbissaft?" Sirius sah sie verwirrt an. Ich zog meine Gabel aus seinen Kaffee. Die Pfannkuchenpampe war natürlich abgegangen.
„Oh..."
Sirius starrte kurz seinen Kaffee an, zuckte mit den Schultern und trank ihn dann aus.
„In den Kaffee also." Marlene zog mich auf die Beine.
„Wir gehen mal Carolins Sachen packen." Sirius hielt meine Hand fest.
„Nicht gehen, bevor du dich verabschiedet hast." Ich nickte.
„Wir kommen gleich hoch." Ich nickte wieder. Mein bester Freund drückte noch kurz meine Hand und ertränkte sich danach weiter im Kaffee.
Als wir ins Zimmer traten, regte sich nichts. Die anderen vier schienen noch friedlich zu schlafen. Wie lange sie wohl noch wachgelegen hatten, in der Hoffnung Marlene und ich würden bald wieder hier auftauchen?
Ich setzte Bubble auf meinem Bett ab, bevor ich mich daran machte, Kleidung für meinen einwöchigen Aufenthalt zu Hause zusammen zu suchen.
„Was machst du, Mama? So viel kannst du heute nicht anziehen", mauzte mein kleines Kätzchen.
„Wir fahren gleich nach Hause."
Die kleine Katze sprang von meinem Bett. Sie zog all ihr Spielzeug unterm Bett hervor, sowie einen Pullover von Samuel, den sie als Kuscheldecke benutzte. Als Nächstes versuchte sie, meinen Koffer ebenfalls darunter herzuziehen.
„Den brauchen wir nicht Bubble. Es reicht der Rucksack. Wir bleiben nur eine Woche." „Warum dürfen wir nicht mehr zu Hause wohnen?"
„Erkläre ich dir später."
„Carolin. Hör auf deine Kräfte zu benutzen", zischte mir Marlene zu. Ich wurde leicht rot. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich sie eingesetzt hatte.
„Du lernst sie noch zu kontrollieren."
„Werde ich. Als ich sie nur in einer abgespeckten Version hatte, weil meine Großmutter schwächer wurde, habe ich es schließlich auch geschafft."
Marlene warf mir meinen Rucksack zu. Ich fing ihn auf und begann, meine Kleidung einzupacken. Bubble suchte sich ein bisschen was von ihrem Spielzeug aus und brachte es mir dann. Unter anderem der Teddybär, den ihr Flitwick geschenkt hatte, war dabei. Sobald mir Bubble alles gebracht hatte, was sie mitnehmen wollte, sprang Bubble aufgeregt um Marlene herum.
„Wo wollt ihr denn hin?" Ich zuckte zusammen. Mein Gehör hatte sich wohl verbessert, sodass Lilys Stimme viel zu laut war. Ich hielt mir die Ohren zu.
„Carolin. Konzentrier dich", flüsterte Marlene leise. Ich schloss meine Augen. Ich brauchte etwas, dann war mein Gehör wieder normal. Lily sah uns erwartungsvoll an.
„Meine Großmutter ist gestorben." Eine Träne löste sich wieder aus meinen Augenwinkel. Ich wischte sie schnell weg.
„Oh, Carolin." Die Vertrauensschülerin kam aus ihrem Bett gekrabbelt und fiel mir um den Hals.
„Das tut mir so leid." Die Rothaarige schien mich nie wieder loslassen zu wollen.
„Ähm, Lily. Carolin hat eine Woche frei und McGonagall erwartet sie, also sollten wir los."
„Oh ja, natürlich." Sie ließ mich los.
„Melde dich, ja?" Ich nickte. Marlene nahm meinen Rucksack.
„Bubble. Komm her meine Kleine." Die Katze folgte uns wie ein wirklich süßer Hund.

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