Kapitel 26

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Auf dem Foto: Carolins Geburtstagsgeschenk von den Rumtreibern

Sirius P.o.V.:
James schubste mich leicht an.
„Los jetzt. Rede noch einmal mit ihr." Seit drei Tagen redete Carolin nicht mehr mit mir. Egal wie oft ich sie um Vergebung bat, sie verweigerte mir sie. Ich sah zu dem brünetten Mädchen, das in ihrem Mittagessen herumstocherte, während sie in einem Buch las. Die anderen Mädchen waren schon wieder gegangen.
„Sie ist alleine. So eine gute Chance bekommst du vielleicht nie wieder."
„Du meinst, die Chance vor der ganzen großen Halle angeschrien zu werden."
„Die Halle ist fast leer. Die meisten sind schon zum Unterricht gegangen oder so etwas. Dein Glück, dass Carolin heute beim Duschen getrödelt hat." Remus sah mich auffordernd an.
„Los jetzt!" Erbarmungslos schubste mich James ein weiteres Mal. Langsam setzte ich mich in Bewegung. Das konnte doch nur schief gehen!

Als ich mich neben Carolin auf die Bank fallen ließ, sah sie nicht einmal auf. Bubble, die auf ihren Schoß lag, mauzte leise, kam aber nicht zu mir herüber. Hätte mich auch gewundert. Sie und Carolin waren einfach unzertrennlich. Wenn ich Carolin verletzte, hielt sie zu ihr.
„Es tut mir leid, Carolin. Wirklich." Man hörte, wie sie die Seite umblätterte.
„Bitte, sag doch etwas." Keine Reaktion von ihr.
„Rede mit mir. Schrei mich an, weil ich Blödsinn gemacht habe. Das ist in Ordnung, aber bitte sag etwas."
„Ich wüsste nichts, was ich dir noch zu sagen hätte." Sie klappte das Buch zu und stand auf.
„Carolin." Mit wehenden Haaren verschwand sie aus der großen Halle. Ich folgte ihr, wesentlich langsamer. Ich machte mir gar nicht erst die Mühe, sie einzuholen. Es war ihr gutes Recht, nicht mehr mit mir reden zu wollen, nachdem ich diese Nummer abgezogen hatte.

Unruhig wälzte ich mich hin und her. Egal wie sehr ich mich anstrengte, ich schaffte es einfach nicht einzuschlafen. Dafür machte ich mir viel zu viele Gedanken. Seufzend stand ich auf. Vielleicht würde mir ein bisschen Bewegung guttun. Ich zog mir einen Pullover über, bevor ich die Treppe herunter lief.
Der Gemeinschaftsraum schien verlassen, was Angesicht der Uhrzeit nicht überraschend war. Im Kamin brannte noch Feuer. Dann hatte wohl jemand vergessen, ihn auszumachen. Ich trat zum Kamin, um das Feuer zu löschen, um zu verhindern, dass unser Gemeinschaftsraum abfackeln konnte. Das vor zwei Jahren dank Professor Kesselbrand fast die große Halle abgebrannt wäre, reichte mir schon. Das musste ich in meinen ganzen Leben nie wieder erleben.

Als ich mich vom Kamin umdrehte, merkte ich, dass der Gemeinschaftsraum doch nicht ganz verlassen war. Carolin lag auf dem Sofa. Auf ihren Bauch lag eins ihrer Bücher. Sie musste beim Lesen eingeschlafen sein. Ich kniete mich vor das Möbelstück. Vorsichtig nahm ihr ihr das Buch aus der Hand. Das Lesezeichen, das auf dem Tisch lag, legte ich zwischen die Seiten. Ich strich ihr eine verirrte Strähne aus ihrem Gesicht, bevor ich mich zu ihr herunter beugte, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu drücken.
„Ich habe dich lieb, Prinzessin. Es tut mir leid, dass ich dich enttäuscht habe." Ich richtete mich wieder auf und sah mich nach einer Decke um. Sie sollte nicht aufwachen, weil ihr kalt war.
„Sirius?" Ich fuhr herum. Carolin richtete sich auf.
„Hey." Unsicher lächelte ich sie an.
„Was machst du hier?"
„Ich konnte nicht schlafen, deshalb wollte ich eigentlich raus." Sie nickte. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, ging sie Richtung Treppen und verschwand nach oben. Ich ließ mich auf das Sofa fallen, auf dem sie bis gerade eben noch geschlafen hatte. Warum hatte ich es nicht darauf beruhen lassen, als wir in der Bibliothek nichts fanden. Ich merkte, wie mir die Tränen kamen. Ich hatte Carolin vertrieben.

Carolins P.o.V.:
Seufzend machte ich mich wieder auf den Weg nach unten. Ich hatte mein Buch vergessen. Im Gemeinschaftsraum saß Sirius auf dem Sofa, auf dem ich eingeschlafen war. Man hörte ihn leise weinen. Ich zögerte kurz. Der Schwarzhaarige weinte nicht oft- ok eigentlich nie und wenn er es tat, dann war es ihm peinlich. Vielleicht wäre es ihm lieber, wenn ich einfach wieder hochgehen würde. Ich schüttelte wütend den Kopf. Ich konnte ihn auf gar keinen Fall einfach hier sitzen lassen, wenn es ihm so schlecht ging. Auch wenn ich sauer auf ihn war, hatte ich ihn immer noch lieb. Ich ließ mich neben ihn auf das Sofa fallen und zog ihn in eine Umarmung. Wortlos hielt ich ihn fest.
„Es – es tut mir leid", schluchzte Sirius. Er vergrub seinen Kopf an meiner Schulter.
„Es war falsch von mir." Weinte er wirklich, weil ich sauer auf ihn war?
„Sag bitte etwas."
„Du hast mein Vertrauen missbraucht."
„Ich weiß. Es war falsch von mir."
„Ja, das war es." Ich merkte, wie meine Kette heiß wurde. Was sollte das denn jetzt Artemis? Ich sah auf meine Kette. Wollte sie wirklich jetzt mit mir reden? Ich löste mich von Sirius. Die Kette gab mir einen leichten Stromschlag.
„Aua!" Artemis schien es wohl nicht zu passen, dass ich Sirius nicht weiter tröstete. Der Gryffindor sah mich verwirrt an.
„Alles in Ordnung mit dir?"
„Ich... ähm... na ja... also..." Verdammt. Warum viel mir keine Ausrede ein? Sirius schien immer verwirrter. Kein Wunder.
„Ich habe mich am Tisch gestoßen." So schlecht gelogen habe ich noch nie.
„Ok..." Er glaubte mir ganz offensichtlich nicht. Ich strich mir nervös eine verirrte Strähne aus dem Gesicht.
„Geht es denn wieder?" Ich nickte schnell.
„Alles wieder gut."
„Na dann..." Er stand auf. Ein weiterer Stromschlag von Artemis. Zumindest war mir jetzt klar, was die Göttin wollte. Ich sollte mir einen Ruck geben und Sirius seine Dummheiten verzeihen. Ich sah zu Sirius, der schon fast auf der Treppe zu den Jungenschlafsälen verschwunden war. Ich seufzte leise.
„Sirius?" Er wirbelte auf der Stelle herum, weshalb er fast die Treppe runter gefallen wäre.
„Gehen wir morgen wieder Joggen?" Ich bekam keine Antwort. Er starrte mich einfach an.
„Sirius?"
„Ja?"
„Was ist jetzt? Gehen wir morgen oder nicht?"
„Klar doch." Ich lächelte ihn an, was er sofort erwiderte. Sirius setzte sich wieder in Bewegung doch anstatt, dass er hoch ging, kam er noch einmal zu mir herunter gerannt. Er zog mich in eine feste Umarmung. Ich kuschelte mich an ihn.
„Ich habe dich vermisst, Prinzessin."
„Ich dich auch, Stallbursche." Sein Grinsen wurde noch einmal etwas breiter. Ich gähnte leise.
„Mein Bett ruft. Gute Nacht."
„Nacht." Ich bekam einen Kuss auf die Stirn, bevor ich freigegeben wurde. Ich ging die Treppe herauf.

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