Kapitel 32

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Genervt vergrub ich mein Kopf im Kissen, der Wecker war einfach immer nervtötend egal wann und wie er erklang. Da Max und ich so etwas wie zusammen waren, sollte ich eigentlich übermotiviert aufstehen, doch die Angst vor dem Erwachen war zu gross.

Da aber ein Job auf mich wartete, hatte ich keine andere Wahl als doch aufzustehen. Kurz überlegte ich auf mein Handy zu schauen, doch aus Prinzip liess ich es sein. Ich wollte noch nicht aufwachen, auch wenn ich wohl einigen Leuten in der Heimat eine Antwort schuldig war.

Geduscht und angezogen machte ich mich auf zum Treffpunkt, blöde nur, wenn im gleichen Hotel noch hundert andere Pressemitarbeiter untergebracht waren. Nach meiner offensive Gestern war ich doch gefundenes Fressen und durch den gemeinsamen Aufenthaltsort leichte Beute.

Als der Fahrstuhl aufging, ging ich nichts mehr und konnte durch das Gewusel nichts verstehen. Nun konnte ich auch Pierre und Alex verstehen, wenn sie sich vor einer Kamera nicht wohlfühlten. Diese Reporter vor mir benahmen sich wie Tiere die seit Jahren nichts mehr zwischen den Zähnen hatten.

Ohne ein Wort zusagen drängte ich mich zwischen ihnen allen durch, damit ich zu meinem Team gelangen konnte. Doch da hatte ich wieder die Rechnung ohne meine Reporterkollegen gemacht, denn die Folgten mir einfach. Eilig stellte ich mich zu Sandra und tat so als wären die Reporter hinter mir nicht da.

Ich konnte alle Fragen und Kommentare sehr gut ignorieren, bis ich eine klar heraushörte: "Ist Sky Sport ein Max Verstappen Fan Kanal ab jetzt, als seine Freundin können Sie nicht objektiv bleiben." Sandra hatte wohl in meinen Augen gesehen, dass mich diese Frage getroffen hatte. Auch Ralf und den anderen war klar, dass eine Linie überschritten wurde.

Thomas schob mich etwas nach hinten und stellte sich direkt vor die Kameras: "Sky Sport ist ein neutraler Sender, so wie Hanna eine neutrale Moderatorin ist. Sie ist nicht aus dem nichts mit Max zusammen gekommen, sie kann ihre Gefühle und Beruf sehr gut trennen, was man von einigen von euch wohl nicht behaupten kann. Hanna ist eine seriöse Journalistin, die Beruf und Privatleben trennen kann. Ihr solltet euch lieber auf das Geschehen auf der Rennstrecke konzentrieren als auf das Privatleben von anderen."

Damit hatte er wohl mehr als genug gesagt, auch wenn einige Reporter es anders sahen. Mit einem Zeichen machte Thomas uns als Team klar, dass wir nach draussen zu unserem Bus sollten. Da noch weitere Reporter draussen warteten und andere uns folgten, hatten sich meine Kollegen um mich gestellt.

Im Bus angekommen, liess ich mich neben Ralf nieder. Erschöpft lehnte ich mich zurück und fuhr mir übers Gesicht. Max und ich waren noch nicht einmal zusammen und schon stand meine Welt kopf. Ich wollte nie als Person ins Rampenlicht, nur meinen Traum als Kommentatorin wollte ich leben. Als Moderatorin und erst recht als Kommentatorin genoss man doch viel Privatsphäre, auch wenn man in der Öffentlichkeit stand, etwas was ich an den Berufen schätzte.

"Da hast du wohl eine Lawine losgetreten, auf dem Paddock wird es wohl nur etwas besser, doch auch da werden die anderen Sendern dich vor ihre Kamera bringen", stöhnend legte ich meinen Kopf an den Vordersitz. Wieso konnte Max nicht ein Mechaniker oder Pressemitarbeiter sein, wieso war er ein Fahrer.

Ralf klopfte mir auf die Schultern: "Das wird nur dieses Wochenende und vielleicht noch das nächste so sein, danach seid ihr schon abgehakt. Medien verlieren schnell das Interesse, ausser man liefert neue Schlagzeilen." Auch wenn es mich hätte motivieren sollen, so konnte ich nichts anderes als meinen Kopf noch fester gegen den Sitz zudrücken. Ich wollte nicht mich ein ganzes Wochenende mit Reportern herumschlagen, wie sollte ich da gleich meinen Job machen, wenn ich ständig dabei von Fotografen verfolgt werde.

"Verhalte dich einfach möglichst normal, sollten dir Reportern zu nahe kommen, werden wir sie fernhalten", versicherte mir Udo. Ihn als Bodyguard war eine lustige Vorstellung, weshalb ich doch wieder etwas grinsen konnte.

Langsam richtete ich mich auf: "Wisst ihr was das schlimmste ist? Ich konnte mir meine morgen Dose nicht holen, das heisst, ich muss am Gelände direkt in die Kantine." Ralf neben mir konnte nur den Kopf schütteln, während andere lachten.

"Schön, dass du noch Humor hast", meinte Thomas. Hätte ich gewusst was noch kommen würde, hätte mich die fehlende Red Bull Dose nicht interessiert. Doch in dem Moment fehlte mir das Getränk, ob es an meiner Abhängigkeit oder einfach meiner Gewohnheit lag, konnte ich nicht beurteilen. Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem.

Wie vermutet waren auch Reporter und Fotografen am Paddock, die mich vor die Linse bekommen wollten, doch ich ignorierte einfach. Man würde es mir vielleicht als Arroganz anhängen, doch ich hatte weder Lust noch die Zeit mich ihren Fragen zu stellen.

"Falls jemand ein geeignetes Foto für den Pass gemacht hat, könnte er es bitte an Sky schicken, ich könnte eines gebrauchen", wandte ich mich an die Fotografen. Einige rannten immer wieder ein Stück vor mich und schossen gefühlt hunderte Fotos, da sollte doch ein geeignetes Foto für den Pass dabei sein. Schliesslich brauchte ich eines, da ich meinen Pass erneuern musste.

Da ich beruflich viel unterwegs war, musste ich dies früh genug machen. Eigentlich war mein Pass noch ein halbes Jahr gültig, doch an manchen Ländern und Fluggesellschaften war dies die Grenze.

Der positive Nebeneffekt von meiner Aussage war, dass es wohl die Fotografen amüsierte und mich hoffentlich etwas weniger Arrogant wirken liess. Doch eine wirkliche Antwort bekam ich von ihnen nicht, da würde ich wohl um ein Passfotoautomat nicht drum rumkommen, obwohl ich diese Dinger hasste. Ich fühlte mich in den Dingern genauso unwohl, wie in den Umkleidekabinen in einem Laden, weswegen ich die Kleider immer erst zu Hause anprobierte.

Schnell holte ich mir in der Kantine gleich zwei Büchsen von dem Energiegetränk, eines packte ich in meinen Rucksack und das andere fing ich gleich an zu trinken. Dass selbst mich dabei Fotografen fotografierten konnte ich nicht verstehen, doch da musste ich wohl durch. Ich hoffte innerlich nur, dass ich nicht gleich etwas beim Trinken verschüttete, dies wäre doch etwas peinlich.

"Verfolgt ihr mich jetzt eigentlich den ganzen Tag?", fragte ich etwas genervt. Da sie mir wirklich überall hin folgten, da sie alle leider zu den gleichen Gebäuden zutritt hatten wie ich. So langsam bekam ich auch einen epileptischen Anfall von den Blitzen, weswegen ich versuchte nur noch auf den Boden zu gucken und mir vorzustellen, dass ich irgendwo auf einer einsamen Insel war.

Natürlich bekam ich wieder keine Antwort, was mich fast noch mehr nervte, wie sollte ich meine Arbeit verrichten können, wenn die mich mit ihrem geblitzte überall hin verfolgten. Die Kabine war meine einzige Rettung, weswegen ich mich beeilte dort hinzukommen.

Geschafft liess ich mich auf meinen Sessel fallen und nahm schon mal die zweite Büchse von meinem geliebten Getränk hervor. Nebenbei sah ich mir noch die Notizen vom Vortag an, es kam mir vor als wäre in der zwischen Zeit eine Woche vergangen und doch waren es nicht einmal 24h.

Noch immer hatte ich nicht auf mein Handy geschaut, was ich wohl auch vor dem Qualifying nicht mehr machen würde, damit ich mich so gut es ging auf die Arbeit konzentrieren konnte. Meine Freunde und Familie würde es mir wohl verzeihen, wenn ich gerade etwas Ruhe bei dem Trubel um mich brauchte, hoffentlich hatte Max weniger Ablenkung als ich. Bei ihm wäre wohl ein Fehler wegen Unkonzentriertheit fataler als bei mir.

Die Tür zur Kabine öffnete sich, was mich zusammenzucken liess: "Hast du dich erschreckt? Was dachtest du wer denn kommen würde, der Weihnachtsmann?" Ich verdrehte die Augen, da ich natürlich nicht mit dem Weihnachtsmann gerechnet hatte.

"War in meine Notizen vertieft und den anderen Presseleuten traue ich fast alles zu", gestand ich. Ralf nickte zustimmend, da er als ehemaliger Fahrer wohl nur zu gut wusste, wie schlimm Reporter werden konnten.

Mit einem kräftigen Plumps liess mein Experte sich neben mich auf seinen Stuhl nieder: "Dann hoffen wir mal auf spannende und unfallfreie 90 Minuten." Damit setzten wir beide wie gewohnt unsere Kopfhörer auf. Als wäre nichts in den letzten Stunden passiert kommentierten wir das Geschehen auf der Strecke, wie es wir sonst auch machten.

Leider ging die 1 1/2 Stunden zu schnell vorbei und ich musste wieder in die Realität zurück. Gemeinsam mit Ralf verliess ich die Kabine in Richtung der Kantine, da ich mir schnell etwas zu essen holen wollte, da ich gleich noch wie Sandra einige Interviews vor dem Qualifying machen musste, da sie nicht alle schaffen konnte.

Ralf ging leicht vor mir, doch die Blitzte der Fotografen trafen mich trotzdem und blendeten mich. Aus Reflex hielt ich mich an Ralf fest, der mich sogleich besorgt anblickte. Da ich mich schnell wieder gefangen hatte und meinen Blick einfach zu Boden richtete, liess ich ihn wieder los. Doch Ralf legte väterlich einen Arm auf meine Schulter, um mich in den Mengen an Reportern nicht zu verlieren.

"Hanna!", es war Max Stimme gewesen. Überrascht sah ich mich auf alle Seiten um, bis ich ihn beim Red Bull Gebäude erblickte. Kurz sah ich noch zu Ralf der mir nur zunickte, ehe ich schon fast zum Holländer rannte. Dieser schien nur darauf zu warten, dass ich bei ihm bin, um mit mir ins Innere des Gebäudes zu kommen.

Zu meinem Glück hatten nur die Red Bull Mitarbeiter zutritt zu diesem Gebäude, weshalb ich mich zum ersten Mal heute sicher vor den Medien fühlte: "Geht das schon den ganzen Tag so?" Christian sah nach draussen zu den Reportern und Fotografen und schien dabei für seine Verhältnisse besorgt zu sein. Auch an Max seinem Gesichtsausdruck konnte ich lesen, wie wenig ihm dies Gefiel.

"Halb so schlimm, schliesslich bin ich doch selbst Journalistin. Alles, was neu ist, ist für die aufregend, nach dem Wochenende wird sich schon niemand mehr für uns interessieren", versuchte ich alles runterzuspielen. Auch wenn mir weder Christian noch Max glaubten, machten und sagten sie nichts mehr dazu.

Gemeinsam mit Max verschwand ich in seinen Raum, wo er auch schon essen für mich hatte dazu bringen lassen. Ich hatte eine dreiviertel Stunde Zeit, bis ich bei der Williamsgarge sein musste, diese Zeit würde ich mit Max nutzten.

Wie bei Charles am Vortag, sah ich mich diesmal auch bei Max umher, bei ihm waren aber keine Familien oder sonstige Fotos. Allgemein hatte er abgesehen von seiner Kleidung nichts Persönliches in dem Raum, was auch völlig in Ordnung war. So gab es für mich nichts Interessantes zu sehen, ausser den Jungen der mein Herzschlag erhöhen liess.

Max hatte sich schon an seinen Tisch mit Essen gesetzt und wartete nur darauf, dass ich es ihm gleich tat: "Wenn deine Kollegen dir zu sehr auf die Pelle rücken, dann können wir auch dafür sorgen, dass sie sich von dir fernhalten."

"Ist schon in Ordnung Max, zudem habe ich ein ganzes Team die mich versuchen, von der Meute zu beschützten. Thomas hat ihnen heute Morgen schon eine Lektion erteilt, die aber noch nicht bei allen wohl angekommen ist, doch die werden ihr Interesse an mir verlieren. Können wir aber bitte nicht mehr davon reden? Ich will nicht den ganzen Mittag damit verbringen über die dummen Fotografen zu reden", widerwillig stimmte Max mir zu. Ihm war es einfach nicht recht, dass mir die Presse wie ein Hund nachliefen.

Ich nahm mir eine Gabel von der Lasagne, dabei musste Max aufpassen, dass er nicht anfing zu lachen. Auch wenn ich schon eine Woche mit links Essen musste, war meine linke Hand immer noch unkoordiniert wie ein Baby Elefant. So konnte ich es dem Holländer auch nicht verübeln, dass er grinsen musste, denn ich musste es auch.

"Wenn du jetzt die ganze Zeit lachst, kann ich erst recht nicht essen", tadelte ich lachend mein gegenüber. Dieser hob schützend die Hände vor sich, musste aber weiter sich ein Lachen verkneifen. Da er nicht aufhören konnte, konnte ich auch nicht aufhören, weswegen ich die Gabel ablegte und den Kopf schüttelte.

Max versuchte nun wirklich ernst zu bleiben: "Iss weiter, ich werde nicht mehr lachen, versprochen. Doch du musst essen, du bist schon so fast zu dünn." Ich hob die Augenbrauen hoch, seit wann war eine Frau für einen Mann zu dünn. Sie standen doch alle auf diese Knochengestelle von Models, bis jetzt war auch Max da keine Ausnahme gewesen bei seinen Ex-Freundinnen.

"Erstens bin ich nicht so dünn, ich hab halt meinen Körper halt mit Sport in Form und zweitens steht ihr Männer doch auf die dünnen Models die drohen von der Stange zu fallen", Max Augen zogen sich leicht zusammen.

Er sah mir ernst in die Augen: "Als Anhängsel mag das mal schön sein, doch als Frau will doch keiner auf Dauer so eine. Ich will nicht ständig Angst haben, dass du neben mir zusammenbrichst, zudem mag ich es, wenn du mit mir zusammen auch mal ein Steak isst und nicht nur Salat."

"Steak ist auch einfach zu gut", damit steckte ich mir grinsend eine Gabel meiner Lasagne in den Mund, "Was sind wir?" Schoss es dann aus meinem Mund, was Max wohl etwas überraschte. Denn erschien erst meine Frage nicht ganz verstanden zu haben, griff dann aber nach meinen Händen.

"Ich hätte dich gerne als meine Freundin, doch so will ich dich nicht fragen. Es soll etwas Besonderes sein, nicht etwas, dass ich zwischen Training und Qualifying erledige. Denn du bist was besonderes", ich biss mir auf die Lippen.

Dabei musste ich leicht grinsen: "Aber einen Antrag machst du nicht gleich daraus?" Max schüttelte genauso grinsend seinen Kopf. Auch wenn ich nicht wirklich auf Kitsch stand, war ich gespannt darauf, was in Max seinem Kopf vorging und was er geplant hatte.

Glaubst du an für immer?  (Max Verstappen FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt