Kapitel 2

2.2K 70 5
                                    

Müde und hungrig wartete ich auf meinen Koffer. Nach 23 Stunden im Flugzeug musste ich nun auch noch über 20 Minuten auf den Koffer warten. Was meiner Stimmung nicht zugutekam. Hoffentlich könnten wir auf dem Weg zum Hotel bei einem Take away wie MC stopp machen oder einfach einen Abstecher in ein Restaurant. Das Flugzeugessen war halt einfach nicht das Beste.

Vor Freude hätte ich in die Luft springen können als mein Koffer endlich bei mir war. Eilig verliess ich die überfüllte Halle, in die nicht weniger überfüllt Ankunftshalle. Mit meinen Augen suchte ich nach dem Schild mit meinem Namen. Zähneknirschend hatte dieses gefunden, nur wurde mein Name wieder einmal falsch geschrieben. Die meisten Leute setzten noch ein h ans Ende, doch meine Eltern fanden dies wohl überflüssig oder waren zu faul für noch einen Buchstaben mehr. Somit wurde meinem Namen korrekt ohne h geschrieben, also Hanna und nicht Hannah.

Möglichst freundlich wollte ich dem Typen mit der Sonnenbrille die Hand geben, doch der ging nicht drauf ein. Den Koffer nahm er ohne etwas zusagen an sich. Stumm stapfte der Mann im Anzug und der Sonnenbrille voraus aus der Menge. Ich wie ein Hündchen hinterher. Die Sache mit dem Essen konnte ich mir wohl in den Arsch schieben. Zumal mir mein Chauffeur auch etwas Angst machte.

Vor dem Hotel hielt der Typ an und lud meinen Koffer aus, bevor ich mich bedanken konnte, war der Typ auch schon weggefahren. Kurz hatte mich dies aus der Bahn geworfen, doch ich hatte mich schnell wieder gefangen. Wieder gefangen, schnappte ich mir meinen Koffer und marschiert zum Eingang des Hotels. Davor stand ein Mann im Sky T-Shirt und einem Presseausweis.

"Du musst Hanna sein, willkommen in Melbourne. Mein Name ist Thomas, ich bin der Aufnahmeleiter, bei Fragen kannst du immer kommen. Lass uns jetzt aber reingehen und alles besprechen, damit du morgen nicht planlos da stehst", wie ein Gentleman nahm er meinen Koffer. Wie von aussehen, war das Hotel auch von innen schlicht gehalten. Neben dem Empfang gab es noch ein Wartebereich, dass war's dann aber auch schon.

Der Sky Typ wartete aber gar nicht darauf, dass ich mich umgesehen hatte, sondern ging direkt zum Fahrstuhl: "Dein Zimmer ist im vierten Stock, dort sind alle anderen Teammitglieder von Sky Deutschland untergebracht. Frühstück gibt es ab 6 Uhr, der Transfer zum Paddock erfolgt für dich und das Team um 8 Uhr. Dort am Gelände werdet ihr erst eine Besprechung haben, in dem ihr auch die Rollen von jedem nochmal definiert. Nach dem Mittagessen empfängst du einen Teil der Fahrer, Sandra wird die anderen zehn machen. Im Allgemeinen werdet ihr euch die Interviews immer wieder aufteilen, doch gerade vor dem Rennen, wird sie dies übernehmen." Damit kamen wir gerade vor meinem Zimmer an, welches er mit der Karte öffnete.

Den Koffer hatte er mir nur in den Raum geschoben und alle unterlagen samt Zimmerkarte auf den Tisch gelegt. So gleich hatte er sich dann zurückgezogen und mich somit allein gelassen. Mein Blick glitt durch das schlichte aber schicke Zimmer. Meinen Koffer liess ich vorerst einfach dort stehen, wo er gerade war. Da ich immer noch Hunger hatte, wollte ich mich erst um meinen Magen kümmern.

Bevor ich mit der Zimmerkarte das Hotel verliess, hatte ich noch Laptop und Ladekabel ausgeladen. In meinen Joggingsachen, die ich für den langen Flug angezogen hatte, schlenderte ich nach draussen. Dabei hatte ich Google geöffnet und nach einem Take away gesucht. Ganz in meiner Nähe gab es einen mit Burger, weshalb ich mich sofort dorthin machte. Wenn ich etwas jetzt brauchen konnte, dann war es einen Burger.

Vor dem Laden angekommen zögerte ich nicht, denn mein Magen brauchte dringend Nachschub. Ein breit grinsender Mann stand hinter einer Theke und sah freudig zu mir. Im Laden waren nur wenige Gäste am Essen, die ignorierte ich aber komplett. Meine Aufmerksamkeit lag auf der Tafel über dem Mann, irgendwie klang fast alles so lecker. Am Ende entschied ich mich für einen ganz normalen Burger.

Die Wartezeit nutzte ich um meinen Eltern und Jessica zu schreiben, dass ich nun angekommen war. Dabei vergass ich den Zeitunterschied, was in diesem Fall aber nicht so schlimm war. In Australien hatten wir kurz vor neun Uhr Abends und somit war in der Schweiz auch schon acht Uhr morgens. Eine Antwort hatte ich trotzdem nicht bekommen, weswegen ich dann auf Instagram gewechselt hatte. Lieber sah ich irgendwelchen Promis beim Kochen zu, als allein dumm in der Gegend zustehen. Ich hasste das Gefühl, wenn alle einem beobachteten und man eigentlich nichts tat.

"Einen Bruger für die junge Dame", dankend bezahlte ich und nahm dann den Burger. Mit der Tüte in der Hand machte ich mich auf den Weg zum Meer, welcher nicht mehr weit entfernt war. Dort liess ich mich am Rand des Strandes auf einer Bank nieder und versuchte irgendwie in meinen Burger zu beissen. Wobei ich wirklich ein Problem damit hatte, da er selbst durchs zusammenquetschen grösser war als mein Mund. Zu meinem Glück waren dies wohl nicht der Hotspot von Melbourne.

Voll gefressen blieb ich noch etwas auf der Bank sitzen und starte aufs Meer hinaus, welches nun vom Mond erleuchtet wurde. Irgendwie konnte ich es noch nicht glauben, dass ich tatsächlich in Australien war. Mein Bruder und ich hatten abgemacht her herzukommen, wenn er sein Studium beendet hätte. Nun war ich ohne ihn hier und auch nicht um Ferien zu machen. Wenn ich darüber nachdachte, was in den letzten Wochen alles geschehen war, konnte ich es irgendwie nicht ganz glauben. Vor etwas mehr als einem Monat hatte ich noch Spiele für den Verein meines Onkels ohne Lohn zu bekommen moderiert und nun sass ich in Australien und sollte für einen grossen Sender ein ganzes Wochenende lang moderieren. Auch wenn Formel 1 nicht gerade der Sport von mir war und ich tausend andere Sportarten bevorzugt hätte, so war ich am Ende auch für diese Chance hier dankbar. Alles war besser als diese beschissenen Zusammenfassungen zu moderieren.

Erst als sich die Müdigkeit bemerkbar machte, ging ich zurück ins Hotel. In meinem Hotelzimmer angekommen, gönnte ich mir noch eine warme Dusche bevor ich mir vergebens ein Schlafshirt im Koffer suchte, stattdessen hatte Jessica einfach Negligés eingepackt, die ich auch nur dank ihr hatte. Ich konnte nur den Kopf ab meiner besten Freundin schütteln, was hatte die gedacht, was ich hier machen würde.

Bevor ich mich in die Decke kuschelte, stellte ich zur Sicherheit vier Wecker. Damit ich ja nicht verschlafen würde. Wobei ich noch nie verschlafen hatte und das wollte ich jetzt auch nicht ändern. Da ich im Flugzeug nicht wirklich schlafen konnte, war ich an dem Abend sehr schnell in eingeschlafen.

Durch einen Augenschlitz sah ich auf mein Handy und versuchte ich Elton John oder besser gesagt den Sänger am Anfang von Circle of life zum Verstummen zu bringen. Als ich es geschafft hatte, liess ich mich wieder in mein Kissen fallen. Wenn ich etwas am Tag nicht mochte, dann war es den Morgen. Als mir aber den Gedanken an den heutigen Tag kam, war ich für einmal sofort hellwach.

Wie von der Tarantel gestochen, hüpfte ich aus dem Bett und rannte fast schon ins Badezimmer. Dort brauchte ich heute länger als sonst, da ich mich zweimal komplett wieder abgeschminkt hatte, da ich es dann immer doch zu viel fand. Am Schluss hatte ich mich für einen rosa Lidschatten, den man fast nicht sah, entschieden und einen matten Lippenstift zu benutzten.

Dafür musste ich bei den Kleidern nicht lange überlegen, da es strickte Vorgaben vom Sender gab. Wir mussten im Sky Shirt und dunkler Jeans herumlaufen, natürlich durfte der Presseausweis nicht vergessen werden.

Das Frühstück liess ich aus, da ich zu nervös war. Leider traf die Nervosität meistens auf meinen Magen, sodass mir schlecht wurde und manchmal konnte ich mein Essen nicht mehr drinnen behalten. Zum Glück kam letzteres höchst selten vor bis jetzt eigentlich nur bei meinen Abschlussprüfungen. Aber heute wollte ich es nicht riskieren und beschloss erst nach der Besprechung etwas zu essen.

Als ich aus dem Fahrstuhl trat, konnte ich schon Thomas mit einer Gruppe andere Sky Mitarbeiter. Ich würde wohl mit Abstand die Jüngste im Team sein. Auch wenn ich dieses Jahr noch 20 wurde, war ich sehr jung. Meine Kollegen waren wohl alle schon 30ig Plus, dies war ich mir schon gewohnt. Da ich auch von der restlichen Presse als Wunderkind bezeichnet wurde. Doch jemand der annähernd in meinem Alter war, wäre nicht schlecht gewesen.

Langsam ging ich auf die Gruppe zu, als Thomas mich wohl bemerkt hatte: "Da kommt ja schon unser Wunder Kind, das ist Hanna Gasser. Hanna das sind Ralf dein Co-Moderator und Experte und das ist Sandra sie wird die ganze Pre-Show Sachen machen, bevor sie dann zu euch übergibt. Ihr beide werdet heute auch die Interviews machen, aber das Besprechen wir Gleich." Artig hatte ich beiden die Hand gegeben, doch ihre skeptischen Blicke waren mir nicht entgangen. Gesagt hatten aber beide nichts.

Um nicht ganz blöd dazustehen, hatte ich mich wieder mit meinem Handy befasst: "Mein Sohn und mein Neffe spielen dieses Spiel auch immer. Scheint wohl sehr angesagt zu sein." Überrascht sah ich zu dem Mann hinauf, der mir als Ralf vorgestellt wurde. Natürlich hatte ich mich auch über meine Kollegen informiert und wusste somit genau wer vor mir stand. Beeindrucken liess ich mich aber von seinem bisherigen Erfolg nicht. Ich hatte den Nötigen Respekt, aber am Ende war er für mich ein Mensch wie jeder andere, der sich immer wieder beweisen musste.

"Scheint so, haben Sie es schon mal probiert, es macht wirklich Spass", meine Eltern hatten mir beigebracht Menschen, die ich nicht kannte und nicht in meinem Alter waren zu siezen. Für mich hatte dies mit Respekt und Anstand zu tun, was vielleicht auch eine regionale Gepflogenheit war. Solange er mir nicht direkt klar sagte, dass ich ihn beim Vornamen nennen durfte, solange würde ich es auch nicht machen.

Ein Lächeln hatte sich auf seine Lippen gelegt: "Du kannst mich ruhig duzen so alt bin ich nun auch nicht. Wie funktioniert, denn das Spiel?" Ich erklärte es ihm kurz und dann versuchte er es auch. Tatsächlich schien ihn das Candy Crash Fieber auch gepackt zu haben, denn er lud sich das Spiel selbst hinunter. Sandra hatte daraufhin nur lachen können, ihre Skepsis schienen beide fürs erste Abgelegt zu haben. Mir aber bewusst, dass ich zeigen musste, dass wirklich etwas darauf hatte.

Im Bus zum Gelände hatte sich Sandra neben mich gesetzt: "Damit wir uns schon Mal einigen können, ich wäre dafür, dass du die zehn jüngsten Fahrer machst heute Nachmittag und ich die Älteren. Was hältst du davon?" Ich stimmte ihr sofort zu, schliesslich gab es einige Fahrer, die fast gleich alt waren wie ich oder mein Bruder, so würde ich mich wohl besser mit denen als mit den über 30-jährigen verstehen.

Als wir dies abgesprochen hatten, fragte sie mich noch über einige Dinge aus, wie mein Alter. Als ich zugab im Jahr 2000 Geboren zu sein, rissen einige Mitarbeiter die Augen und Mund auf. Lachend versuchte ich mir nicht anmerken zu lassen, wie unangenehm mir ihre Reaktion war. Zum Glück lenkte Thomas schnell ab, er hatte zuvor schon gewusst, wie alt ich war.

Am Gelände angekommen hatten wir uns als Gruppe direkt im Medienzententer in einem Raum zurückgezogen. Dort wurde alle live Übertragungen von diesem Rennwochenende besprochen. Wann was und wo stattfinden würde und wer was zu tun hatte. Aufmerksam hatte ich zu gehört und mir Notizen gemacht. Zum Teil wurden mir und Ralf schon Themen gegeben, die wir dringend bei einer Übertragung behandeln sollten. Damit würde ich wohl am Abend noch genug zu tun haben mit recherchieren, damit ja Sattelfest bei allen Themen war.

Während die meisten zum Mittagessen verschwunden waren, hatte ich mir nur ein Sandwich geholt und mich an meinen Laptop gesetzt: "Du scheinst wohl viel zu arbeiten." Stellte Sandra fest, als und Ralf sich zu mir an den Tisch setzten. Sofort klappte ich meinen Laptop zu, da ich es unhöflich fand, meine Aufmerksamkeit nicht voll auf die beiden zu richten.

"Ich schätze manchmal schon, aber von nichts komm nichts. Würde ich nur chillen und Netflix schauen, wäre ich wohl kaum hier", da stimmten mir beide zu. Zu dritt assen wir nun gemeinsam und die beiden besonders Sandra gaben mir noch Tipps und zusätzliches Wisse für die Interviews. So wüsste ich, abgesehen von den Rookies, wie sie bei Interviews darauf waren. Von Max Verstappen konnte ich wohl mit kurzen und knappen Antworten rechnen, die Art von Mensch, der man als Alptraum jedes Journalisten bezeichnen würde.

Glaubst du an für immer?  (Max Verstappen FF)Where stories live. Discover now