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"Prinzessin?"

Ich blieb stehen.

"Nein", brachte ich mit eingerosteter Stimme hervor.

Unter Schmerzen erhob der junge Verletzte sich und kam langsam auf mich zu.

"Bitte, Prinzessin, versprecht mir, rührt Euch nicht von der Stelle."

Verunsichert regte ich mich tatsächlich nicht. Er lief auf mich zu, ging auf ein Knie hinab. Ich räusperte mich.

Er ergriff meine Hand. Sein Blut rann durch meine Finger.

Erschrocken zuckte ich zurück, doch sein Griff war unnachgiebig. Panik saß mir in den Knochen. Verdammt, er sollte mich loslassen, ich wollte fort von hier. Raus aus dieser Gasse, weg von all dem Blut und all den Toten, raus aus dieser Horrorshow.

Schwer atmete der junge Mann aus. Er senkte den Kopf, sodass sein Blut von der Schläfe tropfte. Ich biss die Zähne zusammen.

"Bitte. Verzeiht der Garde und vor allem meinem Kommando ein letztes Mal, ich stehe in tiefster Schuld."

Sprachlos schüttelte ich den Kopf, versuchte weiter, ihm meine Hand zu entwinden. Gerade noch hatten seine Leute andere getötet - und jetzt kniete er vor mir, meine Hand wie bei einem romantischen Antrag haltend.

"Nein. Ich bin nicht die Prinzessin, die Sie suchen, dass muss ein Missverständnis sein..."

Er erhob sich wackelig, wischte sich abermals das Blut aus dem Gesicht und musterte mich ausgiebig von oben herab. Er stand viel zu dicht vor mir, ich musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm in das unverletzte, blau-graue Auge zu sehen.

Ich zitterte. Meine Beine hielten mich kaum noch. Wie musste es ihm erst gehen? Ich hatte dem brutalen Kampf lediglich zugesehen.

"Unmöglich. Kommt mit mir, sofort."

Ich erwachte aus meiner Starre. In mir stritten die Meinungen.

Ja, ich brauchte dringend Aufklärung darüber, warum ich mich von einem Tag auf den anderen plötzlich in einem alten Dörfchen befand. Und vor allem, wo dort genau.

Nein, ich durfte keinen Fremden folgen, erst recht nicht welchen, denen fremdes Blut am Hemd klebte, und das eigene frisch über das Gesicht lief.

Andererseits fiel mir das kleine Erste-Hilfe-Set meiner Mutter wieder ein, was vielleicht seinen Verletzungen ein wenig nutzen könnte.

Aber...

Der Unbekannte riss mich aus meinen Gedanken. Er hatte meinen Arm gepackt und zog mich nun wortlos und unbeirrt mit sich.

Verdammt, ich hatte nichts zu verlieren. "Warte! Was wollen Sie, wohin soll ich mitgehen?"

Er blieb still.

Sofort stemmte ich meine Hacken in die Erde und entriss ihm meinen Arm. Sein Griff war stärker als gedacht, mein Ellbogen schmerzte.

"Sag mir erst, wohin du willst", wiederholte ich streng mit Nachdruck.

Ich hatte es leichtfertig aufgegeben, ihn zu siezen, dafür war schon alles viel zu seltsam.

Und außerdem... ich betrachtete ihn von Nahem. Außerdem war er extrem jung. Vielleicht neunzehn oder zwanzig, kein Jahr mehr.

Die unpassende Szenerie vor meinen Augen verschlimmerte meine Verwirrung nur noch.

"Erstmal in die Kutsche."

"Was? Wieso, wohin willst du mit mir? Hey, sonst gehe ich keinen Schritt weiter." Eindringlich starrte ich ihn an.

Golden FairytaleWhere stories live. Discover now