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Ich saß neben der Asche des Lagerfeuers auf einer Bank und wartete mit meinem Handy in der Hand auf den späten Morgen. Erst Wenige waren aufgestanden, und erst jetzt hatte der Nebel seinen Platz mit der Sonne getauscht.

"Guten Morgen, May", hörte ich Conners Stimme, die noch ziemlich matt und verschlafen klang. "Warum so früh schon wach?"

Blöde Frage - er stand doch selbst hier. Ich verdrängte den Gedanken und lächelte. Wie immer, eigentlich. "Guten Morgen. Ich... hab' mich noch von Joshua verabschiedet. Er musste los."

Conner verzog das Gesicht, setzte sich mit einer Schale Müsli neben mich. "Bin mal gespannt, ob der wiederkommt."

Ich biss die Zähne zusammen. Ich zögerte kurz, bevor ich die Frage stellte, die mir auf der Zunge lag. "Was war das eigentlich gestern Abend?"

Kauend schaute er von seiner Schale hoch. "Was?"

"Na gestern. Als ich die Taxx gesehen habe. Mal ehrlich, hast du keine Angst vor denen?"

Er lachte kurz auf. "Und ob! Die sind saugruselig, echt mal. Aber unsere Wissenschaftler versuchen aus ihrem Gift ein Mittel gegen Aids zu entwickeln."

Ich zog die Augenbrauchen hoch. "Wirklich?", fragte ich, erinnerte mich an die vielen misslungenen Versuche unserer Welt. "Das ist eine gute Sache. Aber zurück zur Frage."

"Ja gut, ich... habe es vielleicht anders gesehen, als es wirklich war, aber was würdest du denken, wenn jemand schreit, den Namen einer verdammt starken und damit gefährlichen Person ruft, und auch noch von dieser Person festgehalten wird. Nimm's mir nicht übel, bitte." Er widmete sich wieder seinem Müsli. "Außerdem war ich verdammt voll gestern...", murmelte er zu sich selbst.

"Nein nein, kein Problem, ich frage ja nur. Aber woher willst du wissen, dass Joshua stark ist?"

"Hallo?" Leicht spöttisch lächelnd sah Conner mich an. "Er ist von der Garde. Sogar der Oberste von ihnen, und das mit... ich glaube neunzehn Jahren. Ich musste ganz schön lange für das hier trainieren." Er zog seinen Ärmel glatt und spannte den Bizeps an, der, zugegebener Maßen, wirklich nicht schlecht aussah. "Joshua braucht gar nicht zu trainieren, es ist sein Leben. Und beim Gardetraining will ich gar nicht dabei sein... wie hat er das nur durchgehalten? Und auch noch bestanden? Glaub mir, der hat mehr drauf als James Bond. Nur das mit dem auf Dächern und Zügen laufen, das ist hier nicht so leicht in dieser Welt." Lachend aß er sein Frühstück auf und warf mir dann einen Apfel aus einem Korb neben der Bank zu.

Überrascht konnte ich ihn gerade noch so fangen.

"Du hast bestimmt auch Hunger", fügte er hinzu.

Dankend biss ich in den Apfel.

"Ja, das stimmt schon, mit dem Training, kann ich mir vorstellen. Aber... naja, er hat auf mich nie so gewirkt wie auf euch alle anscheinend. Und... wow, der Apfel ist gut!"

"Eigener Weltenwandler-Anbau, und, tatsächlich, hundertprozent Bio, falls du da Wert drauflegen solltest. Aber inwiefern meinst du das?"

"Ihr", nuschelte ich zwischen zwei Bissen, "habt mich alle gewarnt. Oder ihn ausgefragt, oder mich, oder wart misstrauisch. Ich habe ihn... sogar schon töten sehen. Aber ich habe es einfach vergessen."

Conner fuhr herum. "Was? Ich habe noch keinen einzigen Mord gesehen, warum bin ich nie dabei?! Das hier ist eine Welt in irgendeiner mittelalterähnlichen Entwicklungsstufe, und ich habe noch nicht mal die Garde direkt gesehen."

Ich warf ihm einen skeptisch fragenden Blick zu.

"Jaja schon gut, ich weiß, das ist nichts Tolles, aber... egal. Natürlich sind wir misstrauisch. Das ist 'ne Killingmachine, dafür wurde er audgebildet. Kalt wie Eis, hart wie Stein, ...hart wie Kruppstahl. Oh fuck... naja, bis auf das letzte, ansonsten sind das die Leitsätze. Und alles für so ein gestörtes Königshaus. Hat schon seine Gründe, warum es Attentate auf den König gibt - er ist miserabel, seit die Königin tot ist. Alle Friedensabkommen zwischen den Völkern sind mit ihr mitgestorben. Und du... du hast ihm einfach so vertraut? Warum?"

Golden FairytaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt