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Nur wenige Sekunden nachdem der letzte Reiter nach der Garde geschrien hatte kam geradezu eine gesamte Legion an schwarz-weiß uniformierten Männern die staubige Straße angelaufen. Konnte man ihre Kleidung Uniform nennen? Sie alle trugen schneeweiße Hemden, die in der eintönigen Umgebung einerseits herausstachen, andererseits aber mit den Fachwerkhäusern zu verschmelzen schienen.

Ich hielt den Atem an, warf einen flehenden Blick zum Himmel.

Stahlblau strahlte er, durchzogen von kleinen, flauschigen Schäfchenwolken, die sich gemächlich über den Zenit schoben. So friedlich...

Der erste von ihnen zog einen Degen von seiner Seite und brachte ohne ein Zögern seinen Angreifer, der ihm wahllos mit einem Messer ins Gesicht stechen wollte, zu Boden. Die ersten dunkelroten Flecke tauchten auf den weißen Hemden auf, bis ich nicht mehr sagen konnte, wessen Blut es tatsächlich war, bis einer der Kämpfenden auf die Knie sank.

Ich konnte die Szene vor meinen Augen kaum begreifen. Bilder, die man tagtäglich sah, in Film und Fernsehen, in den Nachrichten, Mittelalterfilmen oder Märchen.

Und jetzt waren sie Realität, und ich kam nicht halb so gut damit klar, wie wenn ich gemütlich essend vor dem Fernseher saß.

Nein, mir wurde schlecht.

Ich hätte nicht gedacht, dass ich in echten, wahren Gefahrensituationen mit Gewalt und Tod so schwach reagieren würde; aber wie sonst?

Und ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie so direkt eine Situation wie diese erlebt; wie bitteschön auch?

Höchstens in schlechten Träumen...

In der forderen Reihe der Kämpfenden begann einer der weißen Hemden, der Garde, zu rufen.

Erst jetzt fiel er mir auf, obwohl er ziemlich jung und mindestens einen Kopf größer als seine Kameraden war.

"Wo ist sie?! Daniel! Verräter!"

Mit seinem letzten Wort wandte er sich an einen der jungen, vornehmen Kämpfer der etwas heruntergekommenen Truppe.

Sie waren sich ähnlich... beide fielen auf ihre eigene Art aus dem Muster ihrer Gruppe.

Verwirrt versuchte ich, die nächsten Worte zu verstehen.

"... der Prinzessin? Ihr habt sie, am See! Sag mir wo!"

Der See. Ich zuckte zusammen.

"Achtung!", schrie der Angesprochene dem in Weiß zu, packte ihn am Hemd und stieß ihn dann zur Seite. Knapp verfehlte ihn ein tödlicher Schwerthieb.

Warum? Sie bekämpften, bedrohten und töteten sich gegenseitig, aber warum hatte er ihm dann soeben das Leben gerettet?

"Wir wollen dich lebend, Herzchen!" Der zweite Auffallende zog widerlich lachend einen Dolch und rammte ihn dem Geretteten in die Hand - zum Glück nur an der Seite in die Haut, doch es reichte aus, um ihn für wenige Sekunden an der Wand hinter ihm aufzuspießen und ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken. Einen Schrei unterdrückend zog der Verletzte sich den Dolch wieder aus dem Fleisch und stieß seinem Gegenüber den Ellbogen mehrfach ins Gesicht.

Der Angriff geschah in nur wenigen Augenblicken, so schnell, dass ich kaum mithalten konnte, auch wenn ich nur zusah. Ich hatte mich auf die Beiden an der Wand fixiert. Der dritte, der dem im Hemd zuvor das Leben gerettet hatte, beschäftigte sich wieder mit eigenen Kämpfen.

Doch was an der Hauswand geschah, ließ mich nicht los.

Es war ein Handgemenge, heftiger als in jedem Hollywoodfilm. Ich hatte kein Wissen über die Vorgeschichte der beiden Gruppen, die sich hier bekämpften, doch instinktiv stand ich auf der Seite der Männer in den weißen Hemden.

Golden FairytaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt