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"Also zu den Elfen. Was soll ich mir darunter vorstellen?" Ich warf einen vagen Blick in die Dunkelheit vor dem Fenster. Es kam keine Antwort.

Die Nacht hatte die Bäume und das Tal hinter dem spiegelnden Glas verschwinden lassen, und nur noch die Abbilder flackernder Kerzenflammen waren verschwommen auf der Scheibe zu erkennen.

Ich stellte mich vor das unklare Fenster, schaute meinem besorgten Spiegelbild in die grauen Augen.

Nur blass und verschwommen konnte ich Joshua erahnen, der an der Wand gegenüber des einzigen Fensters lehnte.

Er wollte sich einfach nicht setzen; mir fiel auf, wie häufig er sich scheinbar beiläufig an den Möbeln abstützte oder an die Wand lehnte. Doch er schien es nicht akzeptieren zu wollen.

Ich wandte meinen Blick von dem alten Fenster ab, seufzte erschlagen und blickte Joshua ernst an.

"Setz dich doch einfach, bitte. Ich merk' das doch, außerdem bringt das niemanden weiter, wenn du dich nicht erholst." Meine Stimme klang vielleicht einen Hauch zu streng, aber das machte mir nichts, ich veschränkte nur abwartend die Arme vor der Brust.

Ich war müde und ausgelaugt, doch an Schlaf war nicht zu denken. War es wohl nie wieder...

Joshua schüttelte nur stumm den Kopf. "Nein", flüsterte er zu sich selbst, legte sich eine Hand über die Schusswunde und schaute konzentriert ins Nichts.

Ich hatte keine Kraft, mit ihm zu diskutieren. Ich setzte mich auf den Boden, den Rücken an die Wand gelehnt, die Beine mit den Armen umschlungen. Verausgabt lehnte ich die Stirn auf die Knie.

"Tut mir leid", ergriff Joshua nach wenigen Sekunden das Wort, "aber ich sehe gerade kaum eine konkrete Lösung. Wir müssen es stehlen, so viel ist klar, aber das ist nicht leicht, und die Prinzessin muss auch noch gefunden werden. Den Elfen etwas stehlen... waghalsig. Aber ich lasse es nicht zu, dass sie das Amulett behalten. Du bekommst es zurück, fest versprochen. Aber diese Viecher sind mir einfach... ich vertraue ihnen lange nicht mehr. Aber dass sie, Liona..." Joshua verstummte mit einem enttäuschten Seufzen, schüttelte missbilligend den Kopf.

Ich zog mich an der Wand hoch, lief rastlos durch den Raum. Warum war es Nacht? Warum ging es Joshua schlecht? Warum ging ich nicht einfach los?

Fragen, wie Kinder sie stellten, wenn sie etwas Unabänderlichbares, Festgelegtes nicht akzeptieren wollten.

Ich versuchte den Kopf frei zu bekommen. Ob mir die folgende Frage dabei tatsächlich helfen würde, blieb dahingestellt.

"Warum ist Eléh eigentlich so früh gegangen?"

Joshua hob den Blick. "Sie ist offiziell auf Seiten der Elben. Das ist keine eigene Entscheidung, das entwickelt sich irgendwann. Jetzt ist sie rational, und dieser logische Plan, den sie anscheinend hat, besagt, sie solle zu den Elben. Sie hat es sich in den Kopf gesetzt, unantastbar."

Ich lehnte mich neben ihn an die Wand. "Also kannst du die Entwicklung nicht beeinflussen? Weißt du denn, warum du jetzt zu... ja, was? Zu den Menschen gehörst?"

Joshua zuckte mit den Schultern, verzog augenblicklich vor Schmerz das Gesicht. Ich biss mir auf die Lippen.

"Ich schätze", brachte er hervor, "dass es an meinem Umfeld lag. Ich musste mich versteckt halten, aber sieh mich an - ich bin einen Kopf größer als alle Männer im Dorf. Mindestens. Und du hast es nie bemerkt... ich war immer unter Menschen. Habe von ihnen gelernt. Von Maren. Auch wenn sie eine Spur Hexe in sich trägt, glaube ich... und du und das Lager, dort, wo ich mir kaum Sorgen machen musste - das war es dann endgültig. Wer ahnt denn, dass mich direkt jemand anschießt? Wer war das überhaupt? Und wirken jetzt diese elbischen Heilmittel noch?"

Golden FairytaleWhere stories live. Discover now