»17« Die heiße Dusche

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„Was sagt man über einen Spanner, der gestorben ist? Der ist weg vom Fenster", haut Tobi den nächsten schrecklichen Flachwitz raus, wobei wieder nur er lacht. Ich rühre mehrmals lustlos in meiner Suppe rum, davon kosten tue ich jedoch nicht. Wir sitzen alle auf dünnen Kissen, die fürs Sitzen gedacht sind, dennoch ist es ungewohnt auf dem Boden zu sitzen und zu essen. Allen anderen jedoch scheint dies nichts auszumachen, was mit zeigt, dass Shifu wohl doch öfter als ich dachte ein Essen gibt.

„Wie heißt ein Spanier ohne Auto? Ganz genau! Carlos", ruft er und lacht sich ins Fäustchen. Ich verdrehe die Augen und sehe zu Susi, welche es mir nachmacht. Kopfschüttelnd werfe ich Tobi einen Blick zu, den er leider nicht sieht. Tobi ist Trainee von Jake und somit in Susi's Klasse. Sie hat mir bereits davon erzählt, dass er eine Nervensäge ist, doch dass er so eine Nervensäge ist, hätte ich nicht gedacht. Der blondhaarige, 23-jährige Riese schlägt seinen Freund auf die Schulter und scheint an sein Lachen zu ersticken, was niemanden wirklich kümmert.

Ich lasse meinen Blick schweifen und halte ihn bei Danny an.

Ich hatte bisher nicht die Möglichkeit irgendwie aufzustehen und zu gehen, denn immer wenn ich fragend zu Susi sah, hat sie den Kopf geschüttelt. Das ungute Gefühl in mir verstärkte sich mit jeder weiteren Minute die verstrich. Danny sieht nicht ein einziges Mal zu mir, auch nicht als Susi und ich vorhin ankamen.

Irgendwas stimmt nicht mit ihm...

Es kommt mir so vor, als sei er gestresst. Seine Stirn ist gerunzelt, die Haare fallen ihm etwas unordentlich ins Gesicht und er macht sich nicht die Mühe sie wegzustreichen. Er denkt über etwas fieberhaft nach, das wird mir klar, je länger ich ihn mir ansehe. Gegessen hat er auch viel zu schnell. Was hat er nur? Sein Handy, welches zu klingeln beginnt, reißt ihn aus den Gedanken, denn erst jetzt scheint er wieder im Hier und Jetzt zu sein. Hastig greift er danach und erhebt sich, ehe er rangeht. Ich recke den Kopf in die Höhe und versuche einen Blick auf sein Bildschirm zu erhaschen, was auch klappt, sobald er sich umdreht und uns den Rücken zukehrt.

Ist das sein Vater? Alles, was ich auf die schnelle sehen konnte war ein männliches Gesicht und grüne Augen - wie die von Danny. Doch sicher bin ich mir nicht. Seufzend beiße ich mir auf die Unterlippe und sehe mich abermals um, ehe mein Blick wieder nur auf Danny fällt. Er hat sich ganz schön von uns entfernt, als würde er nicht wollen, dass jemand lauscht und steht nun am Trainingsplatz, wo ich sonst immer um 5am trainiere. Hochkonzentriert hört er dem Mann an der anderen Leitung zu und nickt immer wieder nur. Er zieht die Augenbrauen zusammen, als würde ihm das, was er gerade hört, nicht gefallen. Sobald er die Hand hebt, um etwas zu erwidern, sehe ich in Sekundenschnelle auf meine Uhr.

„Ich erledige das allein", lese ich. Etwas verwirrt möchte ich wieder zu ihm sehen, doch da erscheint der nächste Text.

„Dann sollen sie nur kommen, um die Garage zu öffnen. Alles andere erledige ich allein, Papá  Ich benötige ihre Hilfe nicht."

Wer sind sie denn? Und scheinbar hatte ich doch recht! Er telefoniert mit seinem Vater. Aber was will Danny denn allein erledigen? Ob es wohl irgendwelche Mafia-Angelegenheiten sind?

„Stacy ist verrückt! Mit der Frau kann ich nicht arbeiten, Papá. Sie soll bloß ihre Hand scannen lassen, genauso wie die anderen vier Psycho's und dann sollen sie sich verpissen", lese ich wieder. Kurz bekomme ich ein doofes Gefühl, da ich hier einem Gespräch folge, dass eigentlich nicht für mich gedacht ist, doch da ich nicht hören kann, was sein Vater antwortet, lausche ich nicht wirklich komplett... Oder?

„Ich weiß, ich weiß. Sie gehören zur Familie, aber - hat Mamá gerade gesagt, dass ich auch so ein Psycho bin?", lese ich den nächsten Text und werfe diesmal Danny einen Blick zu, um seine Reaktion zu beobachten. Fassungslos starrt er auf sein Handy und scheint tatsächlich beleidigt zu sein, was mich leise kichern lässt. Ich beiße mir hastig auf die Unterlippe und sehe mich unauffällig um. Zum Glück hat niemand mitbekommen, wie ich mit mir selbst lache.

Agonía SilenciosaWhere stories live. Discover now