20. Freunde?✔

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Levis Sicht:

Heute war der Tag. Der Tag wo Mike diesen schrecklichen Ort verlassen würde. Einerseits freute ich mich für ihn, aber andererseits hatte ich Angst. Ich wollte nicht wieder eine Panikattacke, oder gar schlimmeres, bekommen. Das wollte ich um jeden Preis vermeiden. Ich wollte hier raus! Vorher ist mir gar nicht bewusst geworden, wie es sein könnte frei zu sein. Einen anderen Ort als Irrenhäuser. Ich habe eine Zeit lang nichts anderes gesehen. Doch jetzt, wo es doch so nah war, dass ich hier raus konnte... Es gab mir Hoffnung, Freude, aber dennoch auch Angst. Wie würde es draußen sein? Würde ich meine Probleme unter Kontrolle kriegen oder artete es völlig aus und ich lande wieder hier? Ich hoffte nicht.

Mike hatte seine Tasche gepackt und war nun fertig. Ich konnte es noch immer nicht so ganz akzeptieren. Ich würde wieder allein sein. Eren sagte zwar, dass es Jemanden gab, der mir zuhört, aber ich hatte echt keinen Bock mir mit den Therapeuten eine freundschaftliche Basis aufzubauen, jedenfalls nicht eine, wie Eren und ich sie hatten. Ich war froh ihn zu haben. Ich bereute es keinesfalls, aber manchmal fühlte es sich so an, als würde mich und Eren mehr verbinden. Mehr als nur Freundschaft, jedoch konnte ich diese Gefühle nicht zuordnen.

Zusammen mit Mike und Hanji gingen wir zum Übergang. Ich durfte nur mit, weil Hanji dabei war. ich wollte nicht allein im Zimmer bleiben, also fragte ich, ob ich mitkommen dürfte. Und nun standen wir hier. Hanji füllte noch ein paar Dokumente aus, während ich nur da stand, in meiner grauen Jogginghose, weißes Shirt und meinen schwarzen Croc's. Mein Blick konstant auf den Boden gerichtet. Wie würde es jetzt weitergehen, wenn Mike nicht mehr da war? Würde ich wieder in meine Schleife geraten? „Levi, ich geh dann jetzt", sagte Mike zu mir und lächelte leicht. Ich sagte nichts, wusste nicht was. Ich nickte schwach. Mike gab einen zufriedenen Seufzer von sich, lächelte mir noch kurz zu, und drehte sich um, verließ die Station. Ich schaute ihm hinterher, stumm. Ohne jegliche Emotionen. Mike war jetzt frei... Mit diesem Gedanken versuchte ich das ganze abzuschließen. Vielleicht würden wir uns mal wiedersehen, wer weiß.

„Komm, Levi. Wir gehen wieder zurück", holte mich die Braunhaarige aus meinen Gedanken und nickte in Richtung Station. Ich setzte mich in Bewegung. Hanji holte zu mir auf und lief nun neben mir, was ich jedoch nicht beachtete. „Was machst du jetzt?", fragte sie und setzte ein kleines Lächeln aus. „Wie?", ich schaute sie verwirrt an, wusste nicht was sie meinte. „Ich meine was du jetzt machst, da Mike nicht mehr da ist. Hast du dir was vorgenommen?", detaillierte sie ihre Frage und guckte mich erwartungsvoll an. Ich erwiderte es mit einem monotonen Blick, musste nachdenken. „Ich weiß nicht. Vielleicht zeichnen oder sowas. Ich... ich habe... ich fühle mich etwas unwohl, so allein zu sein. Mit Mike ging es", versuchte ich meine Gedanken auszusprechen. Hanji dagegen sah so aus, als hätte sie im Lotto gewonnen. „Wie wäre es, wenn du mal im Aufenthaltsraum zeichnest? Dann kannst du machen was du liebst und gleichzeitig Kontakte knüpfen. Es gibt bestimmt Leute hier, die dasselbe Hobby teilen wie du. Da bin ich mir sicher", schlug sie nun vor. Wir kamen am Übergang an und betraten die Station. „Ich... Ich überlege es mir, okay?", antwortete ich nur und ging meines Wegs. Er war aber nicht gerade sehr lang, da ich nun ins Zimmer wollte. Ein Zimmer, was ich einst teilte.

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Die nächsten Stunden vertrieb ich mir die Zeit damit, ein paar von Mikes liegengelassenen Zeitschriften zu lesen. Da frage ich mir nur: Wer ließ denn bitte sowas? Kitsch und Drama vom höchsten Niveau. Nach einer Zeit war mir dies aber dann doch zu blöd und ich lehnte mich im Stuhl zurück. Was hatte Hanji nochmal gesagt? Zeichnen im Aufenthaltsraum? Ich wusste nicht so ganz, ob das eine gute Idee war. Aber sie hatte schon recht. So könnte ich mich an eine Atmosphäre mit vielen Geräuschen und Menschen, gewöhnen. Unangenehm war es mir trotzdem. Aber wie sollte sich denn was ändern, wenn ich nichts dagegen unternahm? Genau, Nichts! Ich versuchte mir Mut einzureden, nahm meine Sachen und zog meine Schuhe an. Und noch einen Pullover, da es langsam Kalt wurde, und machte mich auf den Weg. Als ich auf den Flur war, klangen sofort laute Geräusche in den Ohren. Als ich damals mit Mike immer draußen war, da ist mir das gar nicht so aufgefallen, aber jetzt? Jetzt war es deutlich zu hören.

Mit langsamen Schritten bewegte ich mich vorwärts. Ich konnte wieder umdrehen, ich musste das nicht machen. Dies sagte ich mir immer wieder, doch ich blieb standhaft. Verdammt! Ich bin 28 Jahre alt und kann nicht mal in einen Raum ohne Angst zu bekommen?! Wie erbärmlich war das denn bitte?! Ich lugte um die Ecke in den Raum. Da erkannte ich, dass er doch nicht so voll war. Ich schluckte einmal und setzte dann einen Fuß vor den anderen. Ich betrat den Raum und fühlte mich sofort von überall beobachtet. Als ich mich jedoch umsah, schien es genau das Gegenteil zu sein. Jeder war mit sich selbst beschäftigt oder unterhielt sich mit anderen.

Ich setzte mich an einen freien Tisch und legte meine Sachen geordnet auf den Tisch. Ich überlegte was ich zeichnen konnte, sah mich im Raum um. Sichtlich ratlos sah ich auf mein leeres Blatt. Auf einmal hörte ich, wie sich jemand vor mir niederließ. Ich sah langsam auf und erkannte eine blonde Frau mit blauen Augen. Ich weitete etwas überfordert meine Augen. Was sollte ich jetzt tun? Sollte ich ein Gespräch anfangen oder abwarten? „Was machst du da?", fragte mich auf einmal die Frau. Ich schüttelte irritiert den Kopf. Langsam spürte ich, wie ich wieder anfing zu zittern. Ich versuchte ruhig zu bleiben, mich zu entspannen. „I-Ich zeichne", stammelte ich leise, war mir aber sicher, dass sie es gehört hatte. „Schön! Dann habe ich endlich mal Jemanden, mit dem ich über mein Hobby reden kann."

Trust Is Useless [Ereri/Riren]Where stories live. Discover now