Auf der Suche

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Achamoth stand mit dem Rücken zu Azrael und starrte scheinbar ins Nichts, während sie über seine Worte nachdachte. Gerade als Azrael dachte, sie würde niemals etwas sagen, durchbrach ihre Stimme die Stille. "Das sieht meinem verlogenen Bruder und meinem missratenen Sohn ähnlich. Es reicht ihnen nicht aus, die Hölle für sich zu haben, sie müssen es natürlich wieder einmal übertreiben.", flüsterte sie mit kalter Stimme. "Ohne die beiden  jetzt verteidigen zu wollen, diesmal ist es jedoch nicht allein ihre Schuld. Die Seraphim und auch Gabriel trugen ebenso dazu bei.", erinnerte Azrael sie, verstummte jedoch, als sie ihm einen finsteren Blick zuwarf. Doch sogleich verschwand die Kälte auch schon wieder aus ihrer Miene und wurde weicher. "Du machst deinem Schwur alle Ehre, Todesengel. Jeder andere würde nur zu gerne der Hölle alleine die Schuld dafür geben, nicht so du." Azrael wusste nicht so recht ob dies ein Kompliment gewesen war oder nicht, also schwieg er einfach. Achamoth wandte erneut ihren Blick von ihm ab und sah erneut gedankenverloren auf die dunklen Wände vor sich. "Ich werde dir helfen meine Geschwister zu finden. Doch viele von ihnen werden nicht auf mich hören. Du wirst sie überzeugen müssen. Und glaube mir, dies wird nicht so leicht wie es bei mir war.", meinte sie nach kurzem Schweigen und wandte sich zu Azrael, dem die Erleichterung ins Gesicht geschrieben stand. Er neigte höflich den Kopf vor ihr. "Ich danke dir, große Mutter." "Danke mir noch nicht. Du kennst meine Geschwister nicht. Und nenn mich Achamoth, der Letzte der mich Mutter nannte hat mich verraten, und alles für das die Eden stehen. Es hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.", zischte sie leise, ehe erneut ein leichtes Lächeln ihre Lippen umspielte. "Wollen wir?" Mit diesen Worten breitete sie strahlend weiße Flügel aus, die von einem goldenen Schimmer umspielt wurden, und daher beinahe vollkommen golden aussahen. Die dunkle Höhle wurde hell erleuchtet von ihrem Schein. Sie wartete gar nicht bist Azrael seine schwarzen Schwingen ausgebreitet hatte, sondern erhob sich in die Luft und schoss senkrecht nach oben. Nun wo die Schwärze über sie erhellt wurde durch ihre goldenen Schwingen, konnte Azrael erkennen, das der Raum keine Decke hatte. Azrael schoss Achamoth hinterher und nach einer halben Ewigkeit konnte er über sich Sterne erkennen. Keine Sekunde später schoss er auch schon aus dem aufsteigenden Tunnel hinaus in eine sternenklare Nacht. Achamoth wartete bereits auf ihn, und durch den goldenen Schimmer der sie umgab, sowie ihre ebenso goldene Kleidung, die nun, da sie nicht mehr von den angelegten Flügel verdeckt wurde, sichtbar wurde, sah sie aus wie ein gewaltiger, heller Stern, der ihm den Weg wies. "Meine Geschwister sind über die ganze Erde verteilt. Ich würde vorschlagen, wir sammeln zuerst jene ein, deren Aufenthaltsort mit bekannt ist, ehe wir uns auf die Suche nach den Anderen machen. Am besten wir fangen mit Babel und Naas an, sie haben sich den Menschen angepasst und leben nun unter ihnen. Sie werden uns keine Schwierigkeiten machen, es wird wohl eher kompliziert sie davon zu überzeugen, ihre menschlichen Hüllen abzulegen und wieder zu ihrem himmlischen Wesen zurück zu kehren, sie verleugnen es nun schon seit so vielen Jahrhunderten. Folge mir.", befahl Achamoth und flog los. Azrael folgte ihr durch den ruhigen Nachthimmel, wo kein Lüftchen wehte, ganz so als ob die Welt den Atem anhielt, die bekanntlich trügerische Ruhe vor dem Sturm.

"Er hat was getan?" Michael sah Raphael überrascht an, der mit der goldenen Seelenschatulle vor ihm stand und recht verloren schien. "Er war hier, hat mir die Schatulle in die Hand gedrückt und gesagt er holt sie später ab.", wiederholte Raphael erneut ehe er Michael die Schatulle hinstreckte. Dieser sah sie nur verwirrt an. "Das sieht ihm gar nicht ähnlich. Er hat noch nie die Schatullen aus den Augen gelassen. Was hat ihn nur dazu gebracht?", murmelte Michael nachdenklich, während er die goldene Schatulle musterte. Raphael zuckte mit den Schultern. "Er sagte nur etwas von Krieg beenden.", antwortete er und sofort schoss Michaels Blick zu ihm. "Er will den Krieg beenden? Wie? Ich habe bereits alles versucht um mit den Seraphim zu reden, doch sie wollen nicht auf mich hören, jetzt verweigern sie mir sogar die Audienzen bei ihnen, und Raziel hat mir sogar den, wie er es nannte, übereilten Rückzug vorgeworfen. Es scheint fast so als habe Gabriel die erste Triade mit seinem Zorn auf die Hölle infiziert. Und ich bezweifle stark, dass es Azrael gelingen kann, die Könige der Hölle davon zu überzeugen, diesen Krieg zu beenden. Was also hat er vor?" Michael begann unruhig mit den Fingern auf seinen Tisch zu trommeln. Raphael stellte die Schatulle vor ihm ab und erhob sich. "Was auch immer er vor hat, er sollte sich beeilen. Uriel und Castiel sind wach und rüsten sich bereits wieder, ebenso wie Ariel. Auch die Archai rufen erneut zu den Waffen. Es wird nicht mehr lange dauern bis wir erneut in die Schlacht ziehen, und diesmal hat Chamuel befohlen, sich nicht erneut zurück zu ziehen, egal wie die Schlacht sich entwickeln mag. Wenn die Gerüchte stimmen, rüstet sich sogar die erste Triade. Diesmal werden die Krieger der Ophanim und Cherubim mit uns in die Schlacht ziehen. Wir sollten nun zu ihnen stoßen." Michael vergrub sein Gesicht in den Händen. "Geh schon mal vor, ich komme gleich nach.", murmelte er müde. Raphael nickte bloß ehe er den Raum verließ und Michael alleine zurück ließ. Dieser strich gedankenverloren über die goldene Schatulle und flüsterte: "Was auch immer du vor hast, kleiner Bruder, beeile dich."

"Das macht mich nervös." "Sollte es auch, das sieht ihm gar nicht ähnlich." Satanas und Luzifer umrundeten die schwarze Schatulle misstrauisch, die einsam auf Satans Tisch stand. Belial stand mit verschränkten Armen daneben und sah auf den Zettel, den Leviathan in ihrer Hand hielt. "Unser Todesengel hatte es wohl eilig.", murmelte er mehr zu sich selbst als zu den anderen. "Irgendwas hat er vor.", zischte Leviathan. Belial hob eine Augenbraue. "Was soll er schon tun, er hat Neutralität geschworen, schon vergessen?", widersprach er. "Das hat nichts zu bedeuten. Durch ihn hast du erfahren, dass die Seraphim diesen Krieg ebenso wollten wie wir. Vielleicht nutzt er dies nun als Ausrede um dem Himmel Informationen zu zustecken, als ausgleichende Gerechtigkeit.", knurrte Luzifer mit finsterem Blick. "Er weiß nichts, was uns schaden könnte.", tat Leviathan Luzifers Worte ab. Doch das schien ihn nicht zu beruhigen, ebenso wenig wie Satan. "Warum auch immer er es so eilig hatte, er hat etwas vor, und es hat mit dem Krieg zu tun. Wir sollten ihm jemanden hinterher schicken, der ihn im Auge behält.", meinte er mit einem bösen Lächeln. "An wen hast du denn gedacht? Wir sind im Krieg, wir können niemanden entbehren um eure Paranoia zu beruhigen.", zischte Leviathan genervt. "Wie wäre es dann mit jemanden, der sowieso nicht aktiv am Krieg teilnimmt?", schlug Luzifer mit einem hinterhältigen Funkeln in den Augen vor. Nun lagen alle Blicke auf ihm. "Du willst doch nicht wirklich diese hinterhältige Schlange schicken? Nicht einmal wir können ihr wirklich vertrauen, und eigentlich sind wir ihre Könige.", knurrte Belial kritisch, doch Satanas schien die Idee zu gefallen. "Also, wenn es jemanden gelingt, dem Todesengel unbemerkt zu folgen, und ihn im Notfall auch aufzuhalten, dann ist es unsere liebe Lilith."

Heaven against HellWhere stories live. Discover now