Glaube oder Sünde

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"Das ist traurig, einfach nur traurig.", murmelte Castiel vor sich her, während er durch die dunkle Gasse schritt, welche gesäumt war von Menschen, die nur mit Lumpen am Körper am dreckigen Boden kauerten und zum Schutz gegen die Kälte fleckige Decken bis zum Hals hinauf gezogen hatten. Castiel schüttelte den Kopf, so viel Armut an einem Fleck, wie konnten die Seraph dies nur zulassen. Doch das war wohl die kosmische Ordnung, wo Reichtum war, musste es auch Armut geben, auf welcher Seite sie stehen wollten, konnten die Menschen selber entscheiden, dafür hatten sie den freien Willen bekommen. Obwohl, wenn sich Castiel die hier Anwesenden Menschen so ansah, war ihm schleierhaft wie es auch nur einem von ihnen gelingen könnte, sich aus seiner Armut zu befreien. Freier Wille hin oder her. In diesem Moment bog ein junger Mann um die Ecke, sein feiner Anzug zeigte, das er nicht hier her gehörte, doch das schien ihn wenig zu stören. Mit einem freundlichen Lächeln am Gesicht begann er, Brot und Wasser unter den Obdachlosen zu verteilen. Die Szene erwärmte Castiels Herz. Wie es aussah, konnte die Hölle nicht alles Gute auf der Erde ausmerzen. In diesem Moment ging plötzlich einer der Obdachlosen auf ihren Wohltäter los, schlug auf ihn ein und verlange von ihm mehr als nur trockenes Brot. Er wollte all sein Geld. Entsetzt musste Castiel dabei zusehen, wie der alte Mann immer weiter auf den jungen Herrn einschlug, während die Anderen bloß tatenlos daneben saßen. In dem Moment bemerkte Castiel eine Bewegung im Schatten. Eine allzu bekannte Gestalt kauerte dort, hinter einer Mülltonne, und beobachtete das Spektakel mit leuchtenden Augen. Mit nur drei Schritten hatte Castiel die Distanz zwischen sich und der Gestalt überwunden und hatte den alten Mann mit den schwarzen Augen bereits am Kragen gepackt und gegen eine Wand gedrückt, ehe dieser begriff was geschah. "Mammon, du miese Dämonenratte.", knurrte er die Gestalt an, die nun wo sie sah wem sie gegenüber stand, schief grinste. "Na sieh mal einer an, der große Castiel höchstpersönlich. Seit wann verrichten die Erzengel ihre Drecksarbeit selber und schicken nicht einen ihrer zahlreichen geflügelten Lakaien?" Castiel drückte den Sündenfürsten gegen die Wand. "Wir sind nicht mehr bereit euch dabei zu zusehen, wie ihr gute Menschen korrumpiert.", knurrte er wütend, was Mammon bloß zum Lachen brachte. "Zu spät.", zischte er triumphierend und sein Blick wanderte an Castiel vorbei. Dieser drehte sich ebenfalls um, und erkannte, dass der junge Wohltäter seinen Angreifer niedergeschlagen hatte und nun reiß aus nahm, während sich die Obdachlosen um ihren ohnmächtigen Gefährten scharten, um ihm seine wenigen Besitztümer auch noch abzunehmen. "Also ich bin mir sicher dieser Kerl wird nie wieder in einer dunklen Gasse Bedürftigen helfen.", kicherte Mammon, woraufhin Castiel ihm eine verpasste. Während der Dämon noch benommen zur Seite taumelte eilte Castiel dem jungen Wohltäter hinterher, der das Weite suchen wollte. "Bleib stehen.", flüsterte Castiel ihm zu, und der Mann blieb zögernd stehen, als ob eine unsichtbare Macht Kontrolle über ihn hatte. "Verliere nicht den Glauben an das Gute. Ein armer Mensch der von Habgier getrieben böses tut, steht nicht für all die zahlreichen Menschen, welche Hilfe benötigen, und diese auch voller Dankbarkeit annehmen. Du kannst so viel Gutes tun, vergiss das niemals. Mach die Welt zu einem besseren Ort, die Veränderung beginnt in dir, trage sie in die Welt hinaus, in die Herzen der anderen Menschen.", flüsterte Castiel dem Mann ins Ohr. Der Mann begann unwillkürlich zu lächeln. Für ihn waren Castiels Worte nichts weiter, als seine eigenen Gedanken, sein Gewissen, welches zu ihm sprach. Er wusste nicht das ein Erzengel persönlich ihm jene Gedanken gesendet hatte. Doch er brauchte es nicht zu wissen, denn die Worte alleine entfalteten bereits eine Wirkung. Mit neuem Mut, in sich selbst und in den Rest der Menschheit eilte der Mann weiter. Zufrieden sah Castiel ihm hinterher, als ein Klatschen hinter ihm ertönte. "Das war so berührend.", rief ihm Mammon spöttisch zu. Mit düsterer Miene drehte sich Castiel zu dem Dämon, der hinter ihm stand. "Lass uns ein Spiel spielen. Mal schauen ob es dir nochmals gelingt eines meiner Opfer zu bekehren, wollen wir?", rief er herausfordernd, ehe er mit den Schatten verschmolz und in der dunklen Gasse verschwand. Ohne darüber nachzudenken folgte Castiel ihm. Wenn der Dämon spielen will, soll er sein Spiel bekommen, Castiel würde gewinnen, denn er hatte ganz bestimmt nicht vor gegen einen Dämon, auch wenn er ein Fürst der Hölle war, zu verlieren.

Gabriel sah sich suchend um. Er spürte in der gesamten Stadt die dämonische Präsenz. Er hatte Uriel und Castiel ausgeschickt, nach den Sündenfürsten Ausschau zu halten. Es brachte ihnen nichts, sich mit den einfachen Sündendämonen abzugeben, mit denen wurden die Angeloi selber schon fertig, sie mussten das Problem an der Wurzel packen, den Kopf der Schlange entfernen. In diesem Moment erkannte er zwischen all den Menschen eine Gestalt, die ihn seit der Rebellion in seine Gedanken verfolgte, ein Gesicht, das er niemals wird vergessen können. Er stand mit einem hochmütigen Lächeln vor ihm, hoheitsvoll aufgerichtet, gekleidet in einem langen schwarzen Umhang mit goldenem Saum und seine goldenen Augen durchbohrten Gabriel selbst aus dieser Entfernung. Es schien beinahe so, als ob die Welt um sie herum verstummt wäre, die Menschen die ebenfalls hier waren, waren nichts weiter als verschwommene Schemen am Rande, Gabriels Aufmerksamkeit lag einzig und alleine auf Luzifer. Dieser lächelte hinterlistig. "Hallo, Gabriel, lange nicht mehr gesehen.", flüstere er provokant. "Luzifer. Ich hätte es mir denken können das du hier bist, mir kamen die Menschen hier sogleich hochmütig vor.", erwiderte Gabriel. Luzifer lachte leise. "So stehen wir uns wieder mal gegenüber. Das letzte Mal war es in Rüstung und mit Schwertern. Damals, als du mich stürzen wolltest." Bitternis schwang in seiner Stimme mit, als er Gabriel die anklagenden Worte an den Kopf schmiss. "Du hast uns verraten, hast den Himmel verraten, hast dich Satans Rebellion angeschlossen!", rief Gabriel entzürnt. "Und wessen Schuld war das? Wer hat mich denn erst dazu getrieben? Wer hat mich dazu gebracht, mich gegen euch zu wenden?", knurrte Luzifer leise. "Dein Hochmut, Luzifer, und er allein. Kaum verwunderlich das sie dich zum Fürsten des Hochmutes gemacht haben.", konterte Gabriel ruhig. Luzifer lachte leise. "Ja, das haben sie getan. Und nicht nur das. Ich bin nicht nur ein Fürst, ich bin ein König! Ich bin mächtiger als jemals zuvor. Du konntest mich schon damals nicht besiegen, Gabriel, du musstest Michael zur Hilfe holen, doch diesmal stehst du hier alleine, und Michael kann dich kein zweites Mal retten." "Wenn du mich angreifst, Luzifer, löst du einen Krieg aus, und das weißt du.", rief Gabriel warnend. Luzifer zuckte bloß gelangweilt mit den Schultern. "Na und? Das ist doch genau das was du willst, nicht wahr Gabriel? Du magst es verleugnen, doch du lechzt nach Blut, lechzt danach, den Rausch des Krieges zu verspüren, der dich durchströmt. Nur so fühlst du dich lebendig. Bestreite es nicht, ich habe es schon damals gesehen, und ich sehe es auch nun in deinen Augen. Du willst Krieg. Du wartest nur darauf, dass ich dir die perfekte Vorlage gebe, um einen Krieg los zu treten. Würde ich dich angreifen, könntest du alles auf die Hölle schieben, doch nicht diesmal. Der Krieg kommt schon noch früh genug, doch diesmal wird es der Himmel sein, der ihn beginnt."

Heaven against HellWhere stories live. Discover now