Krieg oder Frieden

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Gabriel, Michael und Micah erreichten eine schlichte Flügeltür, die aus massivem Gold zu bestehen schien, jedoch keine Fresken oder Verzierungen aufwies. Micah bedeutete den beiden Erzengel stehen zu bleiben und klopfte dann zweimal gegen die Flügeltür, welche auch bereits aufschwang, ehe das Klopfen verhallt war. Ein weiterer Exusiai erschien im Türrahmen, und er nickte Micah zu, der dies erwiderte. "Remliel, ich störe doch nicht.", begrüßte Micah seinen Gegenüber, der leicht den Kopf schüttelte. "Nicht doch, Micah, ich war gerade dabei zu gehen.", antwortete dieser, ehe sein Blick an Micah vorbei wanderte und an Michael und Gabriel hängen blieb. Die beiden neigten höflich den Kopf, was Remliel mit einem Nicken zur Kenntnis nahm. "Es scheint dringend zu sein. Am besten ich halte dich und deine Gäste nicht weiter auf.", stellte er leise an Micah gewandt fest und schritt an den beiden Erzengel vorbei, ohne sich noch einmal umzudrehen. Micah sah ihm kurz nach, ehe er seinen Blick abwendete und in den Raum richtete, aus dem ein weißes Licht kam, welches verhinderte, dass man von außerhalb etwas erkennen konnte. "Verchiel, die Archangeloi Michael und Gabriel sind hier und wünschen eine Audienz bei dem ehrenwerten Camael, dürfen wir eintreten?" "Kommt.", ertönte eine Stimme aus dem hellen Raum und Micah nickte den beiden Erzengel zu, die an ihm vorbei in das helle Licht traten. Kaum wurden sie davon eingeschlossen, wurde der Schein schwächer und offenbarte die Sicht auf ein schlichtes doch geräumiges Zimmer, mit weißen Wänden, goldenen Fresken und einem einzigen großen Tisch, an dem Verchiel mit verschränkten Fingern saß, und die Neuankömmlinge interessiert betrachtete. "Michael, Gabriel, willkommen.", begrüßte er die beiden Archangeloi, die den Kopf neigten und einige Zeit in dieser Position verharrten, ehe sie sich wieder aufrichteten. Micah, der hinter sie getreten war, nickte Verchiel ebenfalls höflich zu, ehe er es sich auf einem der Stühle bequem machte. Gabriel und Michael blieben stehen und warteten darauf, dass ihnen von Verchiel das Wort erteilt wurde. Dieser sah kurz zu Micah und es schien eine stumme Unterhaltung zwischen den beiden von statten zu gehen, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder seine Gästen zu wandte, und auffordernd nickte. Ohne Michael eine Möglichkeit zu geben, auch nur ein Wort zu sagen, schoss es auch schon aus Gabriel heraus: "Verzeiht die Störung, verehrter Verchiel, doch es ist von äußerster Dringlichkeit, das ich die Erlaubnis erhalte, dem ehrenwerten Camael vorzusprechen. Es geht nicht nur um die Zukunft des Himmelsreiches, sondern auch um die Zukunft der Erde. Das kosmische Gleichgewicht steht auf der Waagschale, ein Krieg steht unvermeidlich bevor, wir müssen uns rüsten, ehe es zu spät ist." Verchiel richtete sich etwas auf, ansonsten war nicht die geringste Reaktion auf Gabriels Worte erkennbar. "Ein Krieg, sagst du? So weit ist es schon?", flüsterte er leise. Nun kam Michael seinem Bruder zuvor. "Ganz und gar nicht, verehrter Verchiel. Es ist noch nicht so weit. Ich gebe zu, die Hölle wartet nur darauf, dass wir ihnen einen Vorwand liefern, der sie dazu bemächtigt, ihre Legionen auszusenden, doch solange wir uns ruhig verhalten, wird dies auch nicht der Fall sein." Verchiels Blick wanderte zu ihm. "Doch sagte er nicht gerade, das kosmische Gleichgewicht sei gestört, und der Krieg wäre unabwendbar?", warf er gelassen ein. "Das ist übertrieben.", meinte Michael schnell, während Gabriel zeitgleich: "So ist es.", rief, woraufhin sich die beiden wütend anfunkelten. Verchiel hob bloß eine Augenbraue und sah zwischen den beiden hin und her. "Es scheint bei dieser Sache dringlichst Klärungsbedarf zu herrschen.", kommentierte er trocken und sah zu Micah, der die Schultern zuckte. "Hierbei lag meine Hoffnung bei Camael. Denn seien wir ehrlich, nur der Rat vermag eine Entscheidung betreffend solch folgenschwerer Thematik zu treffen." Verchiel nickte bedächtig. "Dies mag der Wahrheit entsprechen. Na gut, ich gestatte eine Audienz. Jedoch getrennt, wir wollen die Zeit Camaels nicht mit einem Zwist zwischen Brüdern vergeuden. Zuerst soll der Bittsteller sprechen, sobald er fertig ist, bekommt der Gegensprecher die Gelegenheit, seinen Standpunkt vorzutragen.", entschied Verchiel, und mit einem letzten finsteren Blick Richtung Michael verbeugte sich Gabriel kurz vor ihm, kurze Zeit später tat Michael es ihm gleich. Verchiel winkte mit der Hand und eine Tür am Ende des Zimmers, welche bisher nicht sichtbar gewesen war, öffnete sich. Verchiel nickte Gabriel zu, der auf die unscheinbare Tür zuging, und eintrat. Michael sah seinem Bruder nach, als Micah ihn aus den Gedanken riss, indem er ihm einen Stuhl anbot. Michael ließ sich dankbar nieder und wartete, während er betete, dass Camael nicht wirklich in Betracht ziehen würde, Gabriels Wunsch zu entsprechen. Denn Michael wollte sich nicht vorstellen, was ein Krieg für schreckliche Konsequenzen haben könnte. Nicht nur für den Himmel, nein, auch für die Erde, und all die Menschen die dort lebten.

"Du bist zu früh." "Beachte mich einfach nicht." Azrael stürmte an Belial vorbei, der vollkommen überrascht dastand und dem Todesengel nachsah, der ohne Ankündigung plötzlich vor dem Tor stand, und sich seinen Zutritt geradezu erzwang. Nun eilte er durch den dunklen Gang, ohne auf Belial zu warten, der schnell das Tor schloss und dem offensichtlich entzürnten Engel hinterher eilte. "Reicht es nicht schon das du mir täglich auf die Nerven gehst, wenn du die Seelen ablieferst, musst du jetzt wirklich auch noch außerhalb der Lieferzeiten hier unten auftauchen?", fragte er genervt, doch Azrael achtete gar nicht auf ihn. Er stürmte in Belials Thronsaal und breitete die Flügel aus. "Du bist mich gleich wieder los.", knurrte er ehe er abhob und ohne eine Erklärung in östliche Richtung davon schoss. Belial sah ihm noch einen Moment nach, ehe sich ein Lächeln auf seine Lippen schlich. "Gut gemacht. Er hat keinen Verdacht geschöpft?", fragte er in die Dunkelheit hinein, aus der keine Sekunde später Samael trat. "Er hat angebissen. Er ist bestimmt gerade auf den Weg zu Luzifer, um ihn zur Rede zu stellen. Versucht das unvermeidliche noch abzuwenden.", frohlockte dieser zufrieden. Belial verdrehte die Augen. "Ja, ja, das ist schön und gut, aber ich rede vom dem Schwur, hat er den Schwur abgelegt?", knurrte er ungeduldig. Samael trat zu dem Dämonenkönig und nickte mit einem triumphierenden Funkeln in den Augen. "Er hat es versprochen, sogar vor der kosmischen Ordnung. Der Schwur ist bindend."

Heaven against HellWhere stories live. Discover now