Prolog

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Dunkelheit, überall nur Dunkelheit und Kälte, die sich langsam im ganzen Körper ausbreitete, jegliche Wärme vertrieb und stetig auf den letzten Lebensfunken zukroch, der noch schwach im Herzen glomm. Jedenfalls noch, denn nun war die Kälte angekommen, griff nach diesem letzten Funken und entzog ihm jegliche Wärme bis er schlussendlich erlosch, und die Dunkelheit den letzten Rest Licht verzehrte. Azrael sah auf die nun leblose Gestalt herab, die ausgemergelt und blass in ihrem Sterbebett lag, die Augen geschlossen, zur letzten Ruhe gebettet. Gestorben im Schlaf, mit einem beinahe friedvollem Lächeln am Gesicht. Azrael blickte auf den leuchtenden Funken in seiner Hand, der in einem goldenen Licht erstrahlte. Eine weitere Seele, die er nun mit sich nahm, eine weitere Seele, eine von vielen, die er heute bereits gesammelt hatte. Doch dies war nun die letzte, für den Moment jedenfalls. Er verstaute die Seele in einer kleinen goldenen Schatulle, zu den anderen Gold schimmernden Seelen, jenen Seelen, die der Himmel bekäme. Dann breitete er seine gewaltigen, schwarzen Schwingen aus und schoss empor, dem tiefschwarzen Firmament entgegen. Der Wind blies ihm ins Gesicht und er spürte nach nur kurzer Zeit das altbekannte Ziehen in seiner Brust, das ihm signalisierte, dass er angekommen war, im Himmelsreich. Er schoss durch die Wolkendecke und die anhaltende Dunkelheit wurde so plötzlich von strahlendem Licht ersetzt, das Azrael geblendet die Augen schließen musste. Als diese sich endlich an das unweltliche Licht gewöhnt hatten, öffnete er seine Augen wieder und erblickte die große Eingangshalle in strahlendem weiß. Goldene Säulen säumten die Halle, in der wie zu jeder Stunde geschäftiges Treiben herrschte. Angeloi, zumeist Schutzengel, die ihren niederen Arbeiten nachgingen, doch auch Legionärs-Angeloi, die gemessenen Schrittes die Halle entlang patrouillierten, um jeden Eindringling der kein Zutritt zum Himmelsreich hatte, fern zu halten. Dies galt jedoch nicht für Azrael. Vor ihm verbeugten sie sich sogar, als er am Rande der großen Halle landete, seine Flügel sinken ließ und voran schritt. Sie alle wussten, niemand durfte sich ihm in den Weg stellen. Schon als Archangeloi, ein Erzengel, stand er über den hier Anwesenden, doch er war noch dazu der Todesengel, und im Rahmen seiner Aufgabe hier, sodass es niemand wagte, ihm auch nur zu nahe zu kommen. Er wusste, viele Angeloi fürchteten ihn auch, denn er war der wohl einzige Engel, der nicht nur Zugang zum Himmelsreich hatte, sondern auch gelegentlich dem Höllenreich einen Besuch abstattete, um jene Seelen abzuliefern, die den Dämonen zustanden. Denn er stand zwischen den Reichen, denn der Tod war ebenso wie er, neutral. Ein Zustand der seine Vorteile hatte, doch auch seine Nachteile, betrachtete man den brüchigen Frieden, der dank der Abmachung der Seraphim und der Königen der Hölle schon seit Jahrhunderten bestand, und der jeden Moment zerbrechen konnte und ausarten, zu einem blutigen Krieg, der Himmel, Hölle und selbst die Erde rot färben würde. Er verließ die große Eingangshalle und betrat einen der zahlreichen Gänge, die sich labyrinthartig über das gesamte Himmelreich erstreckten. Ohne einen der Anderen einen Blickes zu würdigen durchquerte er den Bereich der für alle Engel zugänglich war, und betrat die Halle der Archangeloi. Im Gegensatz zum geschäftigen Treiben vor der Halle, lag diese still und einsam da, bloß die Angeloi-Wachen standen vor den mächtigen Doppelflügeltüren, die mit filigranen Goldmustern verziert waren und über jeder Einzelnen stand der Name des entsprechenden Erzengels, der den Raum der dahinter lag, sein eigen nennen durfte. Nur ein Erzengel besaß keinen solchen Raum, jener, der nie lange an einem Ort blieb, denn er wurde überall gebraucht, zu jeder Zeit, obwohl Azrael sich nichts sehnlicher gewünscht hätte, als einen der Räume in der Halle der Archangeloi sein Eigen nennen zu dürfen. Er trat auf die Tür am Ende des Raumes zu und wollte an den Wachen vorbei eintreten, wie er es immer tat, jedoch wurde er überraschenderweise zurückgehalten. Azrael brauchte keine Worte, er hob bloß eine Augenbraue und sofort schien der Angeloi im Boden zu versinken. Mit gesenktem Blick jedoch mit fester Stimme sagte er: "Verzeiht, Herr, doch ein Fürst ist zu Besuch." Azrael seufzte leise, trat jedoch einen Schritt zurück. Er mag den Angeloi überstellt sein, und er mag auf Augenhöhe mit den Archangeloi sein, doch ein Archai, ein Fürst, die Befehlshaber der Engelslegionen, oberste Engel der dritten Triade, überstand ihm, nicht bei weitem, aber knapp. Also wartete er geduldig, doch seine Geduld wurde nicht lange auf die Probe gestellt, denn schon bald öffnete sich die gewaltige Flügeltür und hoch erhobenen Hauptes trat der Archai heraus. Sofort verbeugten sich die Wachen tief und auch Azrael neigte höflich den Kopf, was von dem Archai mit einem ebenso höflichen Nicken erwidert wurde, ehe er seines Weges ging. Azrael sah dem Archai nach, versuchte seine Namen einzuordnen, scheiterte jedoch bei dem Versuch. Archai waren ebenso wie die Angeloi und teilweise auch den Archangeloi zu unbeständig, anders als die Engel der ersten und zweiten Triade, da es die dritte Triade war, die im Falle das sich die dämonischen Legionen erhoben, in den Kampf zogen, und somit oft starben, und von neuen Gesichtern ersetzt werden. Denn dies war die traurige Wahrheit, trotz des sogenannten Waffenstillstandes kam man nicht umhin die ein oder andere Schlacht zu schlagen. So war es seit jeher, und so wird es immer sein, doch solange nicht die himmlischen und höllischen Legionen vereint zum Krieg aufrufen, so wie damals während Satanas Rebellion, waren diese paar Leben die bezahlt werden mussten, ein geringer Preis. "Azrael, willkommen zurück Bruder.", ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihm und riss ihn aus seinen Gedanken. Azrael wandte den Blick von dem davon schreitenden Fürsten ab und drehte sich zu seinem Bruder um, der ihn in dem weißen Gewand der Erzengel erwartungsvoll ansah. Azrael nickte ihm höflich zu. "Gabriel, du hattest hohen Besuch wie ich sehe." Gabriel lächelte leicht und bedeutete Azrael, herein zu kommen. Dieser folgte der Einladung und die Flügeltür schloss sich hinter ihm, kaum hatte er Gabriels Reich betreten. Der Raum war ebenso wie der Rest des Himmelsreiches in weiß und gold gehalten, jedoch fand man hier auch wunderschöne weiße Möbel, so wie einen gewaltigen Tisch, gemütlichen Stühlen, sowie ein großes Klavier und eine filigran verzierte Harfe die daneben stand. In dem gewaltigen Bücherregal an der Wand fand man von Jahrtausenden alten Schriftrollen, die noch die Anfänge der Erde verzeichnete bis hin zu den neuesten Entwicklungen im Universum, gelenkt und überwacht von den Seraphim und aufgeschrieben und dokumentiert von den Cherubim, die gesamte Geschichte der Erde, und vieler weiterer Planeten. Außerdem schmückten Wandgemälde den Raum, welche Szenen aus der großen Schlacht zwischen Himmel und Hölle zeigten. Satanas Aufruf zur Rebellion, der Fall Luzifers bis hin zu den blutigen Kämpfen zwischen der Himmelslegion und den Herrscharen der Hölle. Ein Kampf der alles verändert hatte, sowohl den Himmel, als auch die Hölle.

Heaven against HellWhere stories live. Discover now