2. Im Auenland

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Kapitel 2 - Im Auenland

Lillys Sicht

Komplett überfordert starrte ich mit aufgeklapptem Mund meine Umgebung an. Vor uns lag nicht die dunkle, gepflasterte Gasse und auch nicht die Häuser, die gedrängt an den Seiten hätten stehen müssen. Nein, vor uns lagen grüne Wiesen, die sanft abfallende Hügel bedeckten unter denen kleine, runde Türen in allen erdenklichen Farben hervorspickten. Äcker und Felder versteckten sich hinter dichten Baumgrüppchen und ein sanfter Wind wog alles hin und her. Idyllisch.
Ich blinzelte ein paar Mal, dann rieb ich mir mit der Hand über die Augen...doch ändern tat sich nichts. Als letzte Rettung schlug ich mir einmal fest mit der Hand auf die linke Wange, was ich im Nachhinein dann doch eher als eine schlechte Idee empfand. Tatsache war aber, dass wir immer noch hier waren und es einfach nicht sein konnte.
„Bin ich irre oder sind wir...sind wir..." Mia schien ihre Frage nicht ganz ausformuliert bekommen.
„...im Auenland", vollendete ich ihren Satz. Ich drehte mich zu dem Schlamperladen um – aber auch dieser war verschwunden. Stattdessen war dort ein Hügel mit einer runden, grünen Tür und einem gelben Messingknopf in der Mitte.
Zurück konnten wir also auch nicht mehr.
Das konnte doch nur ein schlechter Film sein. Die Situation schrie förmlich danach, dass ein Typ mit einer Kamera aus den Büschen sprang und „Cut" schrie. Doch nichts dergleichen passierte.
Ich sah mich nach meinen Freunden um und egal was ich als nächstes hatte sagen wollen, mir klappte erneut der Mund auf. Nicht nur unsere Umgebung hatte sich verändert, auch wie hatten uns verändert, und zwar genauso drastisch.
Sam und Mia waren in die Höhe geschossen. Früher war ich immer zwei Köpfe größer als die Kleinwüchsige gewesen, doch nun überragte sie mich locker um drei. Ihr ansonsten welliges schulterlanges braunes Haar hing ihr nun glatt bis zur Taille und rahmte ihr gutmütiges Gesicht mit den tiefen braunen Augen ein. Statt ihren normalen Klamotten hatte sie nun hohe braune Stiefel und ein grünes Jagdgewand an. Sam war sogar noch etwas größer als Mia. Auch seine blonden Haare waren schulterlang gewachsen und mit den grauen Augen sah er nun unverschämt gut aus. Er hatte das gleiche Dress wie Mia an und bei beiden lugten spitze Ohren zwischen den Haaren hervor.
Ich derweilen war nur noch mit Sarah auf Augenhöhe. Wahrscheinlich waren Sam und Mia nicht nur größer geworden, Sarah und ich waren zusätzlich noch geschrumpft. Sarahs ansonsten glatten, dunkelbraunen Haare waren nun sehr stark gelockt und die großen blauen Augen sahen unschuldig hervor. Sie trug eine khakifarbene Hose, die ihr bis zu den Waden ging und eine blaue Bluse. Zusätzlich bemerkte ich, dass sie keine Schuhe trug. Sie stand barfuß da und beäugte nicht gerade erfreut die dichten Haare, die auf ihren bloßen Füßen wuchsen.
Ich sah nach unten und atmete erleichtert aus, als ich sah, dass ich Schuhe trug. Einem erneuten Impuls folgend fuhr ich mit der Hand zu meinem Gesicht. Ein riesiger Felsbrocken fiel von meinem Herzen, als ich spürte, dass meine Wangen glatt waren, wie eh und je und kein Bart mein Gesicht zierte, jedoch war mein blondes Haar kunstvoll geflochten und zusammengebunden. Ich steckte nun in einem dunkelblauen Jagdgewandt das an der Hüfte mit einem Gürtel gerafft worden war und einer schwarzen Hose mit hohen Stiefeln.
Ungläubig starrte ich sie alle an, als ich plötzlich hart eine über den Hinterkopf gewischt bekam.
„Aua" Empört sah ich Sam an, der komplett verwirrt auf seine Hände starrte. „Was sollte denn das?", stellte ich ihn zur Rede und rieb mir die schmerzende Stelle.
„Ich wollte wissen ob ich träume", murmelte er.
„Dann schlag dich selber, aber doch nicht mich", fauchte ich ihn erbost an.
Ich musterte sie alle noch einmal. „Mittelerde-Look, steht euch", grinste ich, nachdem ich dem ich den ersten Schock verdaut hatte.
Ich beugte mich hinunter um Sarahs Füße interessiert genauer unter die Lupe zu nehmen, als etwas Schweres aus meinem Ausschnitt fiel.
„Na toll", murmelte ich und schielte auf den fetten Klunker, der nun aus meinem Ausschnitt heraushing. Ich richtete mich wieder auf und wog den großen roten Stein in der Hand, der in eine goldene Fassung eingelassen worden war. Ich hasste dieses Ding. Ein uraltes Erbstück und potthässlich, dennoch hatte meine Großmutter darauf bestanden, dass ich es tragen sollte. Sie war letztes Jahr gestorben und nun fühlte ich mich jedes Mal schuldig, wenn ich das schreckliche Teil abnahm. Ich seufzte also und ließ den Stein wieder in meinem Ausschnitt verschwinden. Warum meine Familie so ein Teil besaß wusste ich bis jetzt nicht, aber eigentlich war es mir auch egal.
„Iiihhh...lange Haare", kam es plötzlich von Sam, „Ich sehe jetzt aus wie ein Mädchen"
„Mach dir keine Sorgen den Unterschied bemerkt man fast nicht", witzelte ich und bekam prompt einen mörderischen Blick zu spüren.
Mia verdrehte nur die Augen und begutachtete skeptisch ihre neuen Klamotten. „Ich weiß nicht so ganz was ich davon halten soll", murmelte sie leise vor sich hin und runzelte besorgt die Stirn.
Auch Sarah sah nicht glücklich aus. „Denkt ihr, wir kommen wieder zurück?"
Ich zuckte die Achseln. „Sieht nicht so aus", murmelte ich. Aber wollten wir überhaupt zurück? Alle Zeichen, so doof sich das nun auch anhörte, deuteten darauf hin, dass wir uns in Mittelerde befanden. Die Umgebung sah so aus, die Kleidung und nun auch noch unsere Waffen. Sollte dies wirklich so sein, dann war dies eine einmalige Chance. Aufregung ergriff mich, als ich daran dachte was wir würden alles tun könnten.
„Unsere Waffen sind cool", holte mich Sam aus meinen Gedanken, der offensichtlich auch nichts davon hören mochte sich auf den Weg zurück zu machen.
Ich warf ihm einen kurzen Blick zu. „Welche Waffen?"
„Na die, du blindes Huhn", sagte er und zog ein Schwert, dass an seiner Hüfte hing.
„Steck das wieder zurück", piepste Mia eine Oktave höher, als ihre normale Stimmlage dies eigentlich zuließ.
„Und warum sollte ich das tun?", fragte Sam gelangweilt und fuhr mit dem Daumen über die lange, glänzende Schneide der Klinge.
„Weil du dir damit wahrscheinlich ziemlich leicht die Hand absäbeln könntest"
Sam verdrehte die Augen und steckte es aber schließlich dann doch zurück. „Nur damit du aufhörst zu jammern", knurrte er und zog dafür einen langen Bogen von seinem Rücken.
„Die sehen wirklich ziemlich scharf aus", murmelte jetzt auch Sarah, die einen kleinen Dolch mit spitzen Fingern am Heft hielt und ihn argwöhnisch begutachtete, bevor sie in mit aller höchster Vorsicht wieder zurück an ihren Gürtel steckte.
„Immerhin habt ihr welche", murmelte ich und musste zu meiner eigenen Überraschung feststellen, dass man den Neid aus meiner Stimme heraushörte. Mia und Sam waren bis an die Zähne bewaffnet. Beide trugen ein Langschwert an der Hüfte, auf dem Rücken einen Bogen, ein Köcher mit Pfeilen und zwei kürzere Zwillingsschwerter. Sogar Sarah hatte ihren Dolch. Und ich? Ich hatte nichts. Nicht einmal eine Nadel.
Sam grinste mich an. „Messer, Gabel, Schere, Licht, sind für kleine Lillys nicht", sagte er und fuchtelte dabei mit seinem Zeigefinger wichtigtuerisch in der Luft herum.
Ich verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust und erdolchte ihn mit Blicken.
„Jetzt hab dich nicht so", sagte Mia bestimmt und hob mir ihr ganzes Arsenal an Klingen und Schneiden unter die Nase. „Du kannst gerne meines haben. Ich will es nicht. Ich will einfach nur wieder zurück nach Hause" Sie sah uns alle der Reihe nach herausfordernd an. „Also was machen wir jetzt? Irgendwelche Vorschläge?"
„Jetzt entspann dich mal", meinte Sam, der sich noch immer nicht von seinem Schwert loseisen konnte. „Das kriegen wir schon irgendwie raus"
Mia lief puterrot an. Sie hatte die Angewohnheit, dass sie explodieren konnte, wie eine scharfe Bombe. „Wir wissen nicht wo wir sind und was wir machen sollen und alles was du zu sagen hast ist, dass ich mich entspannen soll?"
Jeder andere wäre vor ihr in die Knie gegangen, doch Sam sah sie einfach unbeeindruckt an. „Wir wissen doch wo wir sind", sagte er mit den Achseln zuckend.
„Und das findest du in keinster Weise irgendwie beunruhigend, oder was?", fauchte Mia ihn immer noch vollkommen aufgelöst an.
„Doch natürlich", Sam sah nun ebenfalls langsam wütend aus. „Aber was soll ich bitte machen? Uns zurückbeamen? Natürlich ich sag gleich Scotty Bescheid"
„So kommen wir auch nicht weiter" Bestimmt trat ich zwischen die beiden Streithähne. „Außerdem, was wäre so schlimm, wenn wir wirklich in Mittelerde wären? Du magst diese Welt doch auch", fragte ich Mia ganz behutsam.
„Aber nur auf der Leinwand", sie atmete tief ein und versuchte sich anscheinend wieder zur beruhigen. „Und was daran schlimm wäre kann ich dir sagen. Die Krankheiten, die nicht vorhandene Hygiene, die Sprache, die Zeit, es ist gefährlich, wir kennen hier niemanden, wir haben kein Geld, wir wissen nicht wo wir hinsollen, es ist-"
„Ok, ich hab's verstanden", unterbrach ich ihren Vortrag. „Aber denk mal an die Möglichkeiten, die wir hätten, wenn wir hierbleiben würden"
„Welche Möglichkeiten? An der Pest draufzugehen? Oh, oder noch besser von 'nem Ork aufgespießt zu werden? Oder an Tetanus zu sterben, nur weil ich mich gekratzt habe, oder-"
„Mia", unterbrach ich sie erneut, dieses Mal energischer.
Sam stattdessen strahlte wie ein Honigkuchenpferd.
„Was denkst du, in welcher Zeit befinden wir uns", fragte ich ihn und konnte vor Aufregung meine Stimme unmöglich ruhig halten.
„Keine Ahnung, aber stellt dir mal vor, wie cool es wäre, wir könnten mit Bilbo, Gandalf und den Zwergen zum Erebor"
„Das wäre nicht cool", gab Mia bestimmt zurück. „Wir würden keinen Tag überleben. Wir können weder kämpfen oder uns sonst wie verteidigen"
„Was hältst du davon, wenn wir uns erst einmal eine Bleibe für die Nacht suchen und dann eine Lösung ausarbeiten?", fragte ich sie und hoffte inständig, dass sie zustimmte.
Mia sah mich skeptisch an und warf dann einen fragenden Blick auf Sarah. „Na gut", gab sie sich schließlich geschlagen. „Und wohin gehen wir jetzt?"
„Wir gehen zu Bilbo", sagte Sam prompt, als sei es das natürlichste auf der ganzen Welt.
„Und wo wohnt er? Willst du jetzt durch das ganze Auenland marschieren und nach Beutelsend suchen?"
„Dreh dich doch mal um", sagte Sam gelassen.
Und er hatte recht. Ich hatte mich vorhin nur kurz umgedreht, um nach den Schlamperladen zu schauen und hatte nicht darauf geachtet, wo wir genau waren. Doch jetzt erkannte ich Bilbos Tür unverkennbar. Sam trat nach vorne und klopfte dreimal mit dem Messingknopf, bevor er sich hinter mich drängelte und mir einen leichten Stoß in den Rücken gab.
„Ich will nicht reden", murmelte ich und versuchte mich wieder zurückzuziehen. Doch Sam gab mir einen erneuten Schubs, als auch schon die Tür aufging. Unweigerlich setzte ich mein strahlenstes Lächeln auf, als ich zum ersten Mal einen Blick auf den mir gegenüber warf. Bilbo stand vor uns und er sah genauso aus wie im Film. Wirklich aufs Haar gleich. Ich streckte die Hand aus und versuchte ihn irgendwie zu berühren, nur um sicher zu gehen, dass er da auch wirklich vor mir stand und ich mir das nicht einbildete.
„Lilly", zischte es plötzlich an meinem Ohr. Verwirrt und zugleich peinlich berührt ließ ich schnell meine Hand wieder sinken, während sich ein leichtes Rosa auf meine Wangen stahl.
„Tschuldigung", nuschelte ich in meinen nicht vorhandenen Bart.
Bilbo starrte mich leicht skeptisch an, dennoch war seine Miene offen und freundlich. Sein Blick ruhte jedoch mit leichtem Argwohn auf Mia und Sam. Er war solch große Gesellschaft wahrscheinlich nicht gewohnt.
„Ähäm..." Stotternd versuchte ich irgendetwas zu sagen. Ich bekam keinen einzigen Ton heraus, denn ich war immer noch so von Bilbo fasziniert, dass es mich vollkommen aus der Bahn geworfen hatte. „Wir äh...wir" Mit einem hoffnungslosen Blick gab ich es auf und sah mich hilfesuchend zu meinen Freunden um, während Bilbos fragender Blick immer noch verdatterter wurde.
„Ich mach schon", kicherte Mia und legte mir eine Hand auf die Schulter, während sie neben mich trat. Ich nickte nur und ärgerte mich nun über mich selber. Das war für mich selbst ungewohnt, dass ich keinen Ton über die Lippen brachte, denn ansonsten war ich nicht ganz so wortfaul.
„Hallo erst mal", begrüßte Mia Bilbo mit einem breiten Grinsen und schnappte sich seine Hand um sie fest zu schütteln. „Ich bin Mia das sind meine Gefährten. Sam, Sarah und die Irre, die hier neben mir steht ist Lilly", ratterte sie in einer Geschwindigkeit herunter, dass einem fast schlecht wurde und deutete dabei auf jeden einzelnen von uns. Ich warf ihr einen Todesblick zu, was Mia nur noch breiter Grinsen ließ.
„Irre?", fragte Bilbo und in seiner Stimme konnte man die Vorsicht heraushören, mit der er mich auch anschließend musterte.
„Ach, keine Angst sie ist nicht immer so", meinte Sam und trat nun ebenfalls vor.
„Doch eigentlich schon", widersprach Mia ihm und tätschelte mir den Kopf. „Sie hört aber ziemlich gut"
Ich verdrehte die Augen, während Bilbos Gesicht immer noch mehr den Ausdruck von vollkommenem Unverständnis annahm.
„Hört einfach nicht auf sie" Freundlich lächelte ich den Hobbit an, der mich immer noch leicht skeptisch ansah. „Was wir eigentlich fragen wollten...Wie Ihr Euch vielleicht denken könnt sind wir Reisende und wir wollten Euch Bil-", weiter kam ich nicht, da Sam mir mit voller Wucht auf den Fuß getreten war und mich warnend ansah.
„Sein Name", flüsterte er ganz leise hinter mir. Das stimmte wohl, woher sollten wir diesen auch kennen? Das wäre schwer zu erklären gewesen.
„-bil...bi...bitten uns vielleicht für ein paar Nächte aufzunehmen", ich atmete auf. Situation erfolgreich gerettet.
Bilbo sah uns entgeistert an, wobei sein Blick immer noch auf mir lag. Wahrscheinlich dachte er tatsächlich ich sei nicht mehr ganz richtig im Kopf...wo vielleicht etwas Wahres dran war.
„Aber ich kenne euch doch nicht einmal", kam es ganz still von ihm, der sich recht unbehaglich in seiner Haut zu fühlen schien, da er fast unter unseren Blicken zu schrumpfen begann.
„Bitte" plötzlich mischte sich Sarah ein, die sich bis jetzt im Hintergrund gehalten und sich etwas hinter Sam versteckt hatte. „Wir wissen nicht, wo wir sonst hinsollen." Bilbo richtete überrascht seinen Blick auf sie, so als sei ihm erst jetzt aufgefallen, dass sie da war. Sarah blickte Bilbo ganz unschuldig aus ihren großen blauen Augen an. Der Hobbit wirkte immer noch nicht ganz überzeugt, aber schließlich seufzte er und ließ uns ein.
„Ihr habt nun unsere Namen erfahren aber wir kennen euren immer noch nicht", meinte ich, als ich über die Schwelle in sein Haus...Höhle trat.
Bilbo lief rot an und straffte sich. „Ähm...Bilbo. Bilbo Beutlin", sagte er hastig und brachte uns in sein Wohnzimmer, wo er uns anwies uns zu setzen. Währenddessen wuselte er in die Küche, um Tee zu machen und einen Stollen zu holen.
„Und was jetzt?", fragte Sarah und ließ sich auf einen großen Sessel nieder.
„Jetzt lassen wir es uns richtig gut gehen", sagte Sam und lümmelte sich auf das Sofa.
Ich verdrehte die Augen. Typisch Sam. „Mach mal Platz du Riesenaffe und benimm dich", zischte ich und murrend setzte er sich auf.
„Ob man hier vielleicht ein paar Sachen mitgehen lassen könnte, um sie in unserer Welt zu versteigern. Viele Leute würden für ein Original-Hobbit-Spitzendeckchen 'ne Menge Geld hinblättern", murmelte Sam nun und ließ sein Blick durch das Wohnzimmer gleiten.
„Pfui...Aus!" Wies Mia Sam aufgebracht zurecht, so wie man eigentlich einen Hund schimpfen würde. „Wir sind hier zu Gast und deswegen wirst du dich auch dementsprechend benehmen"
„Ich mein ja nur", murmelte Sam kleinlaut unter Mias Standpauke.
„Ach Quatsch. Ich glaube, dass ich das hier träume und morgen früh aufwache. Also kannst du meinetwegen alles was du willst einstecken. Wir sind bald sowieso nicht mehr hier", meinte ich überzeugt und lehnte mich zurück, auch wenn ich das so selbst nicht glaubte. Etwas sehr Sonderbares ging hier vor und solange ich nicht zu einem anderen logischen Schluss kam hielt ich einfach an dieser Überzeugung fest. Fertig, Aus, Basta.
„Ja genau, wenn du schläfst dann wirst wohl auch das nicht spüren" Fragend sah ich Sam an, als er mir schon schneller als ich überhaupt reagieren konnte, eine über den Hinterkopf gezogen hatte.
„Aua, das hast du heute schon einmal gemacht.", murrte ich und versuchte zurückzuschlagen, was aber kläglich scheiterte, da er meine Hand einfach reflexartig wegschlug.
„Ja schon, aber das macht so gute Laune"
„Haha" Eingeschnappt verschränkte ich die Arme vor der Brust. Der würde schon noch sehen, doch da kam Bilbo auch schon mit einem Tablett voll dampfendem Tee und einem großen Stollen hereinmarschiert.
„Woher kommt ihr denn genau?", fragte er uns während er uns Tee einschenkte und den Stollen aufteilte. „Ihr meintet ja ihr seid Reisende"
„Oh...äh...gute Frage", murmelte ich in meine Teetasse hinein und wich Bilbos fragenden Blick aus. „Was würdest du sagen, wenn wir aus einer andern Welt...ja vielleicht sogar aus einer anderen Dimension kommen?"
Bilbo verschluckte sich an seinem Tee und starrte uns wie versteinert an. „Aber...?"
„Jaja, so ging's mir am Anfang auch", wank Mia ab und schlürfte an ihrem Tee. „Man gewöhnt sich daran"
Ich warf ihr einen skeptischen Blick zu. Dafür, dass sie vorher einen halben Panikanfall bekommen hatte, benahm sie sich jetzt, als sei das alles gar nicht so wild. Seufzend setzte ich mich aufrechter hin und begann die ganze Geschichte von vorneherein zu erzählen. Bilbos Mimik änderte sich während ich erzählte ziemlich häufig. Sie wechselte zwischen Belustigung, Verstehen und Unglauben hin und her. Anscheinend schien er es uns nicht so wirklich abzunehmen, doch er schien sichtlich gefallen an uns zu finden und erzählte auch uns begeistert aus Mittelerde. So redeten wir ewig und bemerkten nicht wie es langsam dunkel wurde.
„Langsam wird es Zeit für mich ins Bett gehen.", meinte Bilbo dann irgendwann und stand auf, um sich zu strecken.
„Gute Idee", meinte Sam unter einem erdrückten Gähnen. „Ich bin Hundemüde"
Ich nickte zustimmend. Auch ich war müde und nicht böse darüber ins Bett zu kommen. Ich packte meine Tasche und ging mit den anderen in unsere Zimmer. Bilbo hatte für jeden ein eigenes. Ich öffnete die Türe und befand mich in einem kleinen, aber sehr behaglich eingerichtetem Raum. Alles war stockdunkel, aber ich erkannte eine Kerze, die auf dem kleinen Tisch in der Ecke stand.
„Ohje", murmelte ich, als ich die beiden Feuersteine sah, die daneben lagen. Erfolglos probierte ich es ein paar Mal, doch da ich es nicht einmal auf die Reihe bekam einen Funken zu erzeugen, gab ich es ziemlich schnell wieder auf. Frustriert schaute ich sie an. 'Jetzt brenn doch endlich!', jammerte ich in Gedanken vor mich hin und überlegte, ob ich im Wohnzimmer nachschauen sollte, ob dort vielleicht noch das Feuer im Kamin glomm.
Vor Schreck hätte ich jedoch die Feuersteine fallen lassen, als die Kerze plötzlich züngelnd aufflammte.

(3 070 Wörter)

Eine Reise Zum Erebor Where stories live. Discover now