54. Dieser Abschied Wird Nicht Der Letzte Sein

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Kapitel 54 - Dieser Abschied Wird Nicht Der Letzte Sein

Erst einmal ein Hallo an all die Leser, die noch dabei sind. Wir nähern uns mit dieser Geschichte langsam dem Finale und ich werde euch nun mit großem Bedauern mitteilen, dass nur noch um die 4 Kapitel erscheinen werden, bevor ich diese endgültig Geschichte abschließe.
Trotzdem wünsche ich euch wie immer viel Spaß beim lesen
Eure Scinra

Sarahs Sicht

Ohrenbetäubender Lärm...Schreie, Kampfesschreie, panische Schreie, Todesschreie, Schmerzensschreie, das Zischen der Klingen, das Tönen der Hörner, Geräusche durch das Aufeinanderschlagen von Metall, Beben verursacht durch das Trampeln tausender Füße, dem aufeinander krachen von Stein und Geröll, das Brüllen von Wargen, das Knistern von Feuer...
Es war ein vollkommen anders Erlebnis mitten in einer Schlacht zu stehen und den Geruch von Blut, Schweiß und Angst in der Nase zu haben. Mitzubekommen, wie sich tausende Schicksale auf dem Schlachtfeld in einer halben Stunde zu einem gemeinsamen vereinen. Nun gut, ganz mitten drin stand ich nun auch nicht, immer noch in sicherer Entfernung, doch nah genug, dass mich die Eindrücke mitreißen konnten.
Thorin hatte sich längst abgewendet und war in das Innere des Berges getreten, nahm keinen Anteil an der Schlacht, an dem Leiden seines eigenen Volkes...dachte nicht daran ihnen Unterstützung zukommen zu lassen.
„Das kann er doch nicht tun" Dieser Satz war nicht von mir gekommen, doch Kíli hatte genau das ausgesprochen, was ich mir selbst die ganze Zeit dachte, womit ich mich schon die ganze Zeit herumschlug.
Ich drehte mich zu ihm um und gegen meinen Willen entflammte ein bebender Zorn in mir. „Tatsächlich?"
Kíli sah mich verwirrt an und augenblicklich tat es mir leid. Schließlich konnte er ja auch nichts dafür.
„Tut mir leid", murmelte ich entschuldigend und trat an ihn heran. „Ich mach mir nur Sorgen"
Kíli lächelte nickte verstehend und gab mir einen kurzen Kuss. „Vielleicht solltest du deswegen besser hineingehen"
Ich nickte leicht. „Ja, du hast Recht"
Kíli küsste noch sanft meinen Scheitel, bevor ich die Brüstung verließ. Erst lenkte ich meine Schritte in Richtung Küche, vielleicht fand ich dort noch etwas Brauchbares zu essen, bevor ich es mir anders überlegte. Ich wusste ganz genau wo mich mein Weg hinführen würde. Wer war ich denn, wenn ich das alles einfach so zuließ? Schnurstracks lief ich auf den Thronsaal zu und dank meiner Wut dachte ich nicht einmal daran Angst zu haben. Ich stieß die Türe auf und gerade als ich hindurchtreten wollte kam mir Dwalin entgegen. Unsere Blicke kreuzten sich und ich wusste sofort, was geschehen war. Ich war nicht die erste, die versuchte den wirren König umzukrempeln.
Ohne noch einen weiteren Gedanken zu verschwenden stürzte ich schon fast hinein. Thorin stand mit den Rücken zu mir, doch er schien irgendetwas vor sich hinzumurmeln.
„Thorin", rief ich ihn und in dem leeren Thronsaal schien meine Stimme noch zusätzlich zu hallen. Der Schwarzhaarige verstummte schlagartig und er hob seinen Kopf.
„Was führt dich zu mir?", fragte er mit einem Knurren, ehe er sich zu mir umdrehte. „Meinst du ebenfalls, deine Meinung wäre meiner übergestellt, meinst du ebenfalls über mich richten zu müssen? Willst du deinen Teil zu Euer aller Verrat beisteuern?"
Ich versuchte gar nicht meine Abscheu ihm gegenüber zu verbergen. „Ein Verräter ist meine Meinung nicht wert", fauchte ich härter als ich wollte. Die Sorge um meine Freunde, die sich irgendwo da unten mitten in der Schlacht befanden, ließ mich alle Vorsicht fahren lassen. Es war mir so was von egal ob er sich als König brüstete, für mich war er keiner. „Ich bin hier um dir zu sagen, dass niemand einem König folgt, der seine Leute und sein Land für einen Schatz verrät. Der das Glänzen der Münzen vielen Leben überordnet. So jemand ist kein König, sondern ein habgieriger Egoist, der allem voran nur seine eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund stellt" Ich holte zitternd Luft und sah den schwarzhaarigen an. Seine Mimik wirkte beherrscht, kühl und distanziert. Doch ich konnte spüren, wie es unter der Oberfläche brodelte. Thorin war eine tickende Bombe und ich konnte nur schätzen, wie weit ich mit meinen Worten seine Zündung abbrennen ließ, bevor sie in die Luft ging.
„Ich würde an deiner Stelle meine nächsten Worte sorgsam wählen", knurrte Thorin, dessen Stimme zum Zerreißen gespannt war und tief und schauerlich zu mir hinüber hallte.
„Warum? Schlägst du mich dann auch?", fragte ich schon fast trotzig. „Du hast sie geschlagen", erklärte ich ihm vorwurfsvoll und suchte nach einer Regung in seinem starren Gesicht. Meine Stimme zitterte und ich merkte gar nicht dass ich immer lauter wurde. „Und das nur, weil sie sich dir in den Weg gestellt hat, weil sie dir ihre Meinung gesagt hat" Ich schrie nun fast und meine Worte wurden durch den leeren Thronsaal mehrmals zurückgeworfen. Eine Träne rollte mir über die Wange, während ich ihn voller Abscheu anblickte. „Du verdienst sie nicht und all die anderen auch nicht. Du bist eine Schande"
„Halt deinen Mund du elendes Wei-"
„Meine Freunde sind da unten in der Schlacht", unterbrach ich ihn brüllend und nun liefen mir die Tränen in kleinen Sturzbächen über das Gesicht. „Kämpfen dort draußen um ihr Leben und du versteckst deinen königlichen Arsch hier drin, während andere ihr Leben opfern...für deine verdammte Sache" Ich holte zitternd Luft. „Du schuldest es uns allen, dass du deinen verfluchten Stolz und deinen verruchten Dickkopf beiseitelässt und etwas unternimmst. Du schuldest es deinen Landsläuten, deinem Volk, deiner Gemeinschaft, den Menschen und auch Lilly, nachdem was du ihr angetan hast. Du schuldest es ihr" Meine Stimme überschlug sich. Ich konnte erkennen, dass ich einen wunden Punkt getroffen hatte, als ich Lillys Namen ausgesprochen hatte. Sie schien ihm doch mehr zu bedeuten, als ich schlussendlich gedacht hatte. Ich hatte es geschafft ein Loch in seine Barrikade zu reißen und nun musste ich versuchen diese Barrikade komplett einzureißen.
„Du schuldest es ihr", wiederholte ich und wischte mir meine Tränen vom Gesicht, während ich in Thorins blickte. In ihm schien ein Kampf zu toben und ich sah wie in seinen Augen etliche Emotionen explodierten.
„Da draußen", ich deutete durch die edel Tür des Thronsaales. „Werden wir alle sterben. Mit oder ohne dich...deine Brüder werden den Berg verlassen, doch wenn du sie anführst, kannst du wenigstens etwas wieder gut machen, versuchen dein selbstsüchtiges Handeln zu kaschieren" Hoffnungsvoll sah ich ihn an, ehe ich meine Stimme hart werden ließ. „Doch wenn du dich weiter hier drin versteckst, dann kannst du bei deinem Schatz verrotten, denn niemand wird sich um dich kümmern" Ich lachte trocken auf. „Ich schätze du kannst dir denken, was mit Königen passiert, die ihr Volk als Kanonenfutter verheizen" Ich drehte mich um und Schritt zur Türe. „Eine Dynastie kann ihren Herrscher ersetzen und du...du bist eine Schande für dein ganzes Volk"
Ich trat aus dem Thronsaal und donnerte die Tür hinter mir so fest es ging zu. Ich hatte noch nicht einmal Zeit um meinen Gefühlwirrwarr zu ordnen, als ich auch schon Kíli auf mich zustürmen sah.
„Du warst doch nicht etwa allein mit ihm da drin?", rief er mir schon von weitem zu und hastete eilig auf mich zu.
„Scheint wohl so", murmelte ich und ehe ich mich versah, hatte er mich auch schon in seine Arme geschlossen.
„Jag mir nie wieder eine solche Angst ein"
Ich lächelte leicht und vergrub mein Gesicht an seiner Schulter, als die Tränen wieder hoch kamen. Ich hatte erst in dem Gespräch mit Thorin gemerkt, wie viel Wut und Angst in mir steckte und es war nicht einfach diese zwei Gefühle zu ertragen.
„Ich werde ihm nie verzeihen", murmelte ich gegen Kílis Brust. „Nie!"
Dieser fing an mir sanfte Kreise auf den Rücken zu malen. „Musst du auch nicht"
Ich seufzte leicht und schloss schmerzerfüllt die Augen, während sich ein monströser Kloß sich ein meinem Hals breit machte. „Komm bitte wieder heil zu mir zurück"
Kíli löste sich abrupt von mir und sah mich verwirrt an. „Woher weißt du...?"
Ich lächelte ihn verzweifelt an. „Ich bin nicht blöd, Kíli", murmelte ich und legte mit nassen Augen beide Hände an seine Brust. „Du hast vor deinen Brüdern zu helfen. Man sieht es an dem Ausdruck in deinen Augen...du willst kämpfen und du wirst kämpfen. Ganz egal, was ich tun oder sagen werde"
Kíli schaute mich einen Moment lang nur an. „Bitte mich nicht zu bleiben", flüsterte er leise und seine Augen suchten flehend die meinen. „Verlange das nicht von mir"
Ich schüttelte den Kopf. „Das werde ich nicht. Es ist nur...ich kann dich einfach nicht verlieren"
„Das wirst du nicht. Ich verspreche dir, ich werde zurückkommen"
„Versprich es mir nur, wenn du es auch wirklich halten kannst" Eine Träne rollte mir aus dem Auge. „Ich könnte es wirklich nicht ertragen..." Und nun war es um meine Selbstbeherrschung geschehen. Hemmungslos schluchzend brach ich an seiner Brust fast zusammen. Sofort schlossen sich starke Arme um mich und ich wurde hin und her gewogen. Kíli vergrub sein Gesicht in meinen Haaren, während ich mich in seinem Wams verkrallte.
„Ich werde zurückkommen", sagte er fest und ich konnte seinem Atem an meinem Ohr spüren, als er plötzlich etwas Schweres in meine Hand fallen ließ. Verwirrt blinzelte ich ihn an.
„Was ist das?"
„Diesen Stein gab mir meine Mutter, als ich ihr versprechen musste zu ihr zurückzukehren und jetzt gebe ich ihn dir. Mit demselben Versprechen" Kíli sah mich an, vielleicht sogar etwas unsicher. „Glaub mir, ich würde alles tun um...um bei dir zu sein. Ich liebe dich, Sarah"
Ich schluchzte leise auf und umklammerte den Stein so fest es ging, als sich Kíli zu mir hinunter beugte um mich zu küssen.
„Ich liebe dich", murmelte ich schließlich, als wir uns wieder voneinander lösten. „Und wahrscheinlich mehr als es mir gut tut"
Kíli küsste mich sanft auf den Scheitel und zog mich erneut in eine Umarmung. „Wenn du nur wüsstest", murmelte er und ich schloss die Augen, wollte mir diesen Augenblick ganz genau einprägen. Den Klang seiner Stimme, seinen Geruch, die Gefühle, die drohten überzukochen, seine Arme, die sich fest um meinen Körper schlangen, wie er sein Kinn auf meinem Kopf ablegte, wie er mir sanft mit seinen Fingern über den Rücken strich...Ich hätte diese Liste noch endlos weiterführen können, wollte ich doch alles in Erinnerung behalten, doch ein lautes knarzen ließ uns auseinanderschrecken.
Ich hatte vollkommen vergessen, dass wir uns noch immer vor dem Thronsaal befanden und nun trat eine einzelne Gestalt aus der großen Tür. Hatte ich es geschafft? Ich hielt die Luft an und musterte ihn. Irgendetwas schien anders. Er hatte seine Krone und den schweren Fellmantel abgelegt, doch das wohl auffälligste waren seine Augen. Sie wirkten klar und hell.
Kíli trat ein paar Schritte auf seinen Onkel zu und baute sich vor ihm auf. „Ich werde mich nicht hinter einer Mauer aus Stein verstecken, während andere für uns in die Schlacht ziehen", schrie er schon fast, während seine Stimme dann wieder abfiel. „Das liegt einfach nicht in meinem Blut, Thorin"
Dieser lächelte leicht und überbrückte die letzten Zentimeter zu seinem Neffen. „Nein", sagte er leise aber bestimmt. „Wahrlich nicht. Wir sind Söhne Durins und Durins Volk flieht vor keinem Kampf" Er lächelte Kíli sanft an, bevor er seine Stirn an die seines Neffen lehnte.
Es war als würde ein Teil der schweren Last, die ich mit mir herumgetragen hatte abfallen, als ich diese Worte vernahm. Auch konnte ich sehen, wie viel Kíli dieser Moment gerade bedeutete. Doch mit all dem kam die schleichende Gewissheit, dass er mich nun verlassen würde.
Betrübt sah ich zu wie sich Onkel und Neffe wieder von einander lösten und schließlich neben einander den Weg zurück zur Brüstung schritten. Leise folgte ich ihnen und als Thorin aus dem Schatten des Berges trat und sich seinen Gefährten gegenüberstellte, verstummten diese schlagartig.
„Ich weiß,", fing Thorin an, nachdem es ein paar Sekunden lang ruhig war. „ich habe kein Recht, das von euch zu verlangen, aber wollt ihr mir folgen? Ein letztes Mal?"
Erst regte sich keiner der Zwerge, doch dann erhob sich einer nach dem anderen und griff nach seiner Waffe. In Balins Augen standen die Tränen und auch Dwalin warf mir einen anerkennenden Blick zu. Aber bei allen war das gleiche Gefühl zu erkennen...Erleichterung. Thorin konnte froh sein, solch treue Gefolgsleute zu haben.
„Nun denn", an Thorins Stimme konnte ich hören, dass diese Situation auch ihn berührte. „Greift zu den Waffen, dann werden wir kämpfen"
Ein Geheul ertönte. Erst leise und dann immer lauter erhoben die Zwerge ihre Stimme. Kampfeslust vermischt mit Bitterkeit. Sie stürmten zu der Treppe und drängten nach unten zu gelangen.
Ich starrte Kíli hinterher. Es war alles gesagt und ich spürte, wie mein Herz sich vor Sorge aufbäumte. Als er an der Treppe stand drehte er sich noch einmal um und sah mich an. Lächelnd hob er eine Hand. Wie in Trance tat ich es ihm gleich und so standen wir noch ein paar Sekunden, bis er sich umdrehte und verschwand, die anderen Zwerge folgten ihm und ich fürchtete mir würde mein Herz zerspringen, als ich eine tiefe Stimme hinter mir vernahm.
„Warum hast du das getan?", fragte Thorin und ich wusste sofort was er meinte.
Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Schluckte die Tränen, meine Angst und Besorgnis hinunter, ehe ich mich beherrscht und kühl zu ihm umdrehte. „Für dich auf jeden Fall nicht. Meiner Meinung wäre Mittelerde ohne dich besser dran, doch ich kenne eine Person, der du sehr wichtig bist und tatsächlich bist du wohl der Einzige, der dieses Schlamassel wieder in Ordnung bringen kann, bevor Azog triumphiert"
Einen Moment fürchtete ich Thorin wäre zornig, würde in sein altes Ich zurückfallen, doch dann nickte er. „Danke"
Ich zuckte nur die Schultern. Es war mir egal, ob er mir dankbar war oder nicht, ich würde ihm nicht verzeihen.

(2 209 Wörter)

Eine Reise Zum Erebor Where stories live. Discover now