29. Wilde Fässerfahrt

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Kapitel 29 - Wilde Fässerfahrt

Sarahs Sicht

Ich saß mit Kíli in einer Zelle und döste vor mich hin. Weil ich fror hatte Kíli mir seinen Mantel geliehen. Er selbst saß vorne an der Zelltür und spielte mit seinem Stein, als plötzlich Tauriel vor uns stand. Sie schaute interessiert zu uns herein und sah mit ihren langen roten Haaren und ihren großen grünen Augen sehr schön aus.
„Was ist das? Der Stein in eurer Hand?", fragte Tauriel sichtlich interessiert und beobachtete Kíli weiter.
Gute Frage, war dieser Stein etwa etwas Besonderes?
„Nichts", warf ich barsch ein und kassierte einen verwirrten Blick von dem Braunhaarigen. Ich verschränkte als Antwort nur die Arme vor der Brust und sah ihn schnippisch an. Auch Tauriel hatte meinen scharfen Ton bemerkt und ich wusste, dass ich unfair war, aber ich was sollte ich sonst tun?
„Ein Fluch liegt auf ihm", sagte Kíli mit finsterer Stimme. „Liest ein anderer als ein Zwerg diese Runen, ist er für alle Ewigkeiten verflucht"
Mit diesen Worten hielt er Tauriel den Stein vor die Nase, so dass sie die eingravierten Runen lesen musste. Verschreckt sah sie ihn an machte sie sich daran weiterzugehen, was mich zum Lächeln brachte, denn so wie es aussah hielt Kíli zu mir. Ich hatte mir also umsonst Sorgen gemacht.
„Oder auch nicht", rief Kíli schnell und sah mich neckend an, während Tauriel anhielt und wieder zu uns hereinblickte. Er hatte mir eins ausgewischt, schon klar, aber nun krampfte sich alles in mir zusammen, als Tauriel sich vor unserer Zelle auf den Boden setzte und Kíli anfing ihr irgendetwas von einem Feuermond zu erzählen. Meine Laune sank immer tiefer je länger ich den beiden zusah und biss mir fest auf die Lippe. War ich etwa tatsächlich eifersüchtig? Verbittert stand ich auf uns stapfte zu Kíli um ihm seinen Mantel in die Arme zu klatschen.
„Ach, dann ist dir also nicht mehr kalt", meinte Kíli ohne mich auch nur anzusehen und legte sich den Mantel selbst um die Schultern.
„Nein", zischte ich und stapfte mit hoch erhobener Nase wieder zurück an meinen Platz. Schmollend und verletzt setzte ich mich wieder hin. Warum tat er mir das nur an? Ich spürte wie meine Augen wässrig wurden. Irgendwie war das Verhältnis zwischen uns gerade zerbrochen und es schmerzte mir sehr, als ich mir eingestehen musste, dass ich daran selbst die Schuld trug.
Traurig schlang ich mir die Arme um die Brust und versuchte mich wieder selbst zu wärmen, denn es war dumm von mir gewesen Kíli seinen Mantel zurückzugeben. Hier in den Kerkern war es kalt und es zog von irgendwo her eisig an meinen Rücken. Ich lehnte mich an die kalte Kerkerwand und versuchte nicht auf Kíli und Tauriel zu achten, die sich anscheinend prächtig verstanden und sich lauthals unterhielten, bevor ich traurig mein Gesicht in meinen Armen vergrub und es irgendwie schaffte einzuschlafen.

Lillys Sicht (etwas später)

Ich erwachte, weil mein Rücken schmerzte. Eine ganze Nacht lang schlafend an einer kalten Steinmauer zu lehnen, war bestimmt nicht gesundheitsfördern und ich bewegte ein bisschen die Schultern um wieder warm zu werden. Ein leises Schnaufen an meinem Ohr erinnerte mich daran, dass Thorin neben mir gesessen hatte, als ich eingeschlafen war. Anscheinend jedoch, hatte er sich kein Stück bewegt, denn als ich meinen Blick tiefer wandern ließ, riss ich überrascht die Augen auf. Er hatte seine Hand um meine Hüfte geschlungen und als ich den Kopf hob, bemerkte ich, dass ich auf seine Schulter niedergesunken war. Hoffentlich hatte ich nicht gesabbert oder anderwärtige peinliche Sachen im Schlaf getan. Ich blickte zu ihm auf und machte erschrocken einen Satz, der mich von der kleinen Bank auf den Boden beförderte.
„Du bist ja wach", keuchte ich auf.
„Hat wohl den Anschein", erklärte Thorin belustigt und ich spürte wie meine Wangen ganz heiß wurden. Er stand auf und streckte mir seine Hand hin, die ich schnell ergriff und dabei versuchte ihn nicht anzusehen.
„Wie lange...", ich brach peinlich berührt ab. „Ich meine, wie lange bist du schon wach?", fragte ich verlegen und klopfte mir den Staub von der Hose. Er gab keine Antwort und ich zog fragend die Stirn kraus. „Hast du überhaupt geschlafen?"
Thorin schüttelte leicht den Kopf. „Und warum nicht?", fragte ich ahnungslos nach. Ich konnte mir nicht vorstellen, warum er eine ganze Nacht aufbleiben sollte.
„Ich habe nachgedacht", erklärte er und fügte dann noch schmunzelnd hinzu: „Und dein Kopf war ziemlich schwer und-"
„Aber warum hast mich dann nicht aufgeweckt?", unterbrach ich ihn und spürte wie mein Gesicht wieder zu Glühen anfing. „Aber mein Kopf kann doch unmöglich so schwer sein, dass du nicht schlafen kannst", stellte ich fest um von meinen erhitzten Wangen abzulenken.
„Nein", stimmte mir Thorin zu. „Aber..." Er brach ab und sah mich an, wohl am Überlegen ob er jetzt etwas sagen sollte oder nicht.
„Aber?"
„Du schnarchst"
Perplex sah ich ihn an. „Ich tu was?", fragte ich vollkommen überfordert. Ich hatte nicht gedacht, dass er jetzt mit so etwas kommen würde.
Thorin grinste nun breit. „Ja", sagte er mit Nachdruck. „Du schnarchst"
„Oh", machte ich bloß und hörte ihn leise lachen. „Aber ich habe nicht gesabbert, oder so?", stellte ich schnell fest und hoffte, dass ich nicht rot wurde, als ich diese Frage stellte.
Thorin schüttelte beruhigend den Kopf. „Nein, das hast du nun wirklich nicht"
Ich nickte und musste nun ebenfalls schmunzeln. „Na das hat noch keiner zu mir gesagt", grinste ich leicht verlegen, ehe ich jedoch eine Augenbraue nach oben zog. „Aber du willst mir jetzt doch nicht ernsthaft erzählen, dass Thorin Eichenschild nicht schlafen kann wenn ich Schnarche. Hast du mal Bombur gehört? Oder Sam?"
Thorins Grinsen wurde sogar noch breiter. „Ja, aber die beiden schnarchen mit nicht direkt ins Ohr"
„Oh nein", murmelte ich und schlug mir die Hand vor den Kopf, bevor ich mich an der Zellwand nach untern sinken ließ. Seufzend sah ich ihn an. „Dann geh wenigstens jetzt schlafen, wenn ich so laut gewesen bin", murmelte ich leicht säuerlich, denn irgendwie hatte ich ein bisschen das Gefühl, dass er mich auf den Arm nahm.
Thorin sagte daraufhin nichts mehr sondern verschränkte die Arme vor der Brust und schloss tatsächlich die Augen. Ich schüttelte leicht den Kopf. Warum nur, hatte er mich nicht einfach geweckt? Gelangweilt spähte ich in die einzige Zelle, die ich von hier aus sehen konnte. Es war die, die uns gegenüber lag und in der Mia und Sam saßen, doch von den beiden schien jeder noch tief und fest zu schlafen. Na toll, Löcher in die Luft starren und zu Tode erfrieren, das war wohl jetzt der Plan. Bei dem Gedanken kam mir wieder die Erinnerung an meine verlorenen Kräfte. Wehmütig betrachtete ich meine Finger und dachte daran, wie ich durch weniger als ein einfaches Schnipsen eine kleine Flamme auf meine Finger zaubern konnte. Ich schloss die Augen und erinnerte mich an das angenehme Kribbeln und das Gefühl einer einzigartigen Macht. Ich ballte die Faust und als ich sie wieder öffnete, fühlte es sich fast wieder so an. Ich klappte die Augen auf und das erste, was mir auffiel waren die dünnen Rauchschwaden, die in der Luft hingen. Ich sah hinunter auf meine Hand und sah eine kleine knisternde Flamme. Ungläubig hob ich sie näher an mein Gesicht um mich zu vergewissern, dass ich sie mir nicht nur einbildete. Doch sie flackerte ohne Mühe munter vor sich hin. Leicht lächelnd sah ich sie erleichtert an und es war, als wäre etwas Bedrückendes von mir abgefallen. 
Aber warum funktionierten sie jetzt wieder? Im Wald hatten sie ja schlichtweg versagt. Vielleicht war es nur ein vorrübergehender Ausfall gewesen. Das wäre aber ziemlich schlecht, denn dann wäre es sehr wahrscheinlich, dass solche Ausfälle öfters auftreten konnten, was wiederum bedeutete, dass meine Kräfte unzuverlässig wären. Aber vielleicht hatte es auch am Wald gelegen. Ich wusste es nicht. Vielleicht sollte ich mal Óin fragen. Der alte Zwerg könnte einen Rat haben. Frustriert stand ich auf und drückte meinen Kopf durch die Gitterstäbe um den Gang entlang zu spähen, doch viel erkennen tat ich nicht. Verärgert trat ich leicht mit dem Fuß gegen das Metall, was mir aber nur einen schmerzenden Zehen einbrachte. Leise vor mich hin fluchend hüpfte ich auf einem Bein durch die enge Zelle, bis ich ruckartig innehielt und die eiserne Tür näher ansah. Mit gerunzelter Stirn legte ich den Kopf schief und dachte nach, bevor ich mich an Thorin wandte. 
„Thorin, Thorin, wach auf", rief ich und rüttelte den Zwerg an der Schulter. Mir war eine Idee gekommen, wie wir hier herauskommen könnten. Der Zwerg brauchte einen Augenblick und seine müden, wirren Augen blickten mich verschlafen an, ehe er sich langsam aufsetzte.
„Haben wir einen Wasserbeutel, oder so etwas in der Art?", fragte ich ihn aufgeregt und überstürzte mich beinahe, als ich ihm diese Frage stellte. 
Thorin tastete mit der Hand neben sich auf dem Boden herum und zog schließlich einen kleinen Beutel mit Wasser hervor. Ich warf einen prüfenden Blick hinein und sah, dass er noch ungefähr zur Hälfte voll war. Das müsste reichen. Mit einem großen Schritt durchquerte ich unsere Zelle und hielt vor der Tür an, um das Schloss genauer zu untersuchen.
„Was tust du denn da?", fragte Thorin und setzte sich etwas aufrechter hin, während er mir etwas verwirrt zusah.
„Ich hab einen Plan", strahlte ich und deutete mit Nachdruck auf die eiserne Tür. „Und zwar wie wir hier hinauskommen"
Thorin war bei meinen Worten sofort hell wach und trat neben mich. „Wie willst du das anstellen? Diese Türen sind aus massivem Eisen", sagte er und schnippte mit einem Finger gegen das Metall.
„Ich weiß", meinte ich glücklich und strahlte ihn nur noch breiter an. „Das ist es ja gerade"
„In wie fern macht es dich so glücklich, dass wir in Verließen aus massiven Eisen und Stein sitzen?", hakte Thorin nach, der mittlerweile die Stirn gerunzelt hatte.
„Ja, verstehst du nicht?", fragte ich glücklich. „Das ist Eisen kein Holz oder anderwärtiges Material"
„Und das heißt?"
„Naja, ich habe gerade entdeckt, dass meine Fähigkeiten irgendwie nur einen kurzzeitigen Aussetzer gemacht haben. Ich kann also wieder bändigen"
„Dann willst also die Mauer einreisen?", fragte er und ich zog ein belämmerndes Gesicht.
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, Erde und Stein ist nicht so mein Ding", meinte ich und hob den Wasserbeutel nach oben. „Aber Wasser"
„Wasser?", wiederholte Thorin verständnislos und zog leicht eine Augenbraue nach oben.
Ich nickte grinsend und ließ das Wasser aus dem Beutel in das eiserne Schlüsselloch gleiten. Konzentriert ballte ich die Hand langsam zu einer Faust und ließ das Wasser zu Eis erstarren. „Wenn Wasser gefriert dehnt es sich aus. Außerdem erstarrt Metall wenn es in Verbindung mit Eis gerät und wird spröde. Wenn mein Plan also aufgeht, müssten wir das Eis, beziehungsweise das Metall eigentlich brechen können"
„Und du bist dir sicher, dass das funktioniert?", fragte Thorin skeptisch und besah sich das Schloss noch einmal genauer.
„Nein, bin ich mir nicht", gestand ich ihm etwas unsicher. „Es war nur eine Idee, aber was haben wir zu verlieren?"
Thorin nickte. „Dann lass es und probieren"
Ich hob einen Stein vom Verließboden auf und holte tief Luft. Ich holte weit aus und schlug den Stein so heftig ich konnte, hart gegen die vereiste Stelle. Ein Knacken ertönte, was mich dazu anregte noch einmal auszuholen. Noch drei Mal schlug ich den Stein gegen das Schloss und hatte schon fast gedacht, dass mein Plan scheitern würde, als die Tür splitternd aufbrach. Ich horchte mit einem flauem Gefühl im Magen, ob uns jemand gehört hatte, doch es schien alles ruhig zu bleiben. Erst dann wandte ich mich Thorin zu und sah ihn triumphierend an.
„Brillant" Thorin sah fasziniert auf das zerstörte Schloss. „Woher wusstest du so etwas"
Ich zuckte die Schultern. Ich konnte ihm ja schlecht sagen, dass mein Chemieunterricht damals in der Schule doch nicht ganz so spurlos an mir vorbeigezogen war. Eigentlich hatte ich diese Strategie jedoch aus einem Spionagefilm, wo der Agent das Eisen mit einem Eisspray aufgebrochen hatte.
„Na dann, nach dir", grinste ich ihn an und lief beinahe in ihn hinein, als er abrupt stehen blieb. Fast hatte ich schon gedacht, dass man uns erwischt hätte, doch als ich an ihm vorbeispähte konnte ich eine kleine Gestalt erkennen. „Bilbo?", rief ich fragend, aber erfreut aus und musterte den Hobbit, der uns nicht minder verwirrt ansah.
„Was tust du denn hier?", fragten Thorin und ich fast im gleichen Augenblick.
„Ich wollte euch hier rausholen", erklärte Bilbo und hob einen dicken, klimpernden Schlüsselbund in die Höhe.
„Tja ich schätze, das waren wir wohl schneller"
„Wie seid denn ihr da rausgekommen?", fragte Bilbo verdutzt, als sein Blick auf unsere aufgebrochene Tür fiel.
„Wir waren einfallsreich" Ich zwinkerte ihm zu, bevor er sich daran machte jede Zelle zu öffnen.
„Bilbo", rief Sam freudig aus, als er den Hobbit erkannte. Und ich muss hinzufügen, dass er nicht gerade leise gerufen hatte.
„Bilbo, wo?", rief einer der anderen Zwerge fragend zurück, was mich genervt aufseufzen ließ. Wie konnte man nur so dämlich sein? Wir hatten gerade unglaublichen Duse gehabt, dass unsere Aktion mit der Verließtüre nicht aufgefallen worden war und jetzt wurden wir gleich entdeckt, weil die Zwei nicht ihre Klappe halten konnten. Das gleiche schien sich auch Mia zu denken, denn sie schlug Sam mit ihrer Hand leicht auf den Hinterkopf.
„Wenn du willst dass wir entdeckt werden mach so weiter", fauchte sie und verdrehte die Augen.
Bilbo schloss ihre Zelle schnell auf um dann sofort zur nächsten zu eilen. Mein Blick wanderte währenddessen zwischen Mia und Sam hin und her. Sie würdigten sich keines Blickes und wenn sie miteinander redeten, dann nur in knappen Sätzen und auf eine ziemlich verletzende Weise. Hatte ich da etwas nicht mitbekommen? Ich trottete stirnrunzelnd Bilbo hinterher, der nun alle Zwerge aus ihren Löchern geholt hatte und nun uns voraus durch den Palast schritt. Vielleicht hatten sie gestritten, als ich geschlafen hatte. Aber doch nicht so heftig...ich meine wir stritten untereinander ziemlich oft, doch meistens waren es nur ein paar kleine Kabbeleien und nichts Ernstes. Wenn man ihnen jetzt aber in ihre Gesichter sah, könnte man meinen, die Welt sei untergegangen.
Ich tippte Mia leicht auf die Schulter. „Guten Morgen", wünschte ich ihr und sah sie forschend an. Sie gab jedoch lediglich ein gereiztes „Gleichfalls", auf meinen Konversationsversuch und wandte sich dann ab. Ich verdrehte die Augen, wenn ihre Laune schon beim Erdkern lag, dann wollte ich am besten gar nicht wissen, wo sich Sams gerade befand. Der blonde Elb starrte finster zu Boden und murmelte etwas vor sich hin, was sich stark nach Flüchen und Todesdrohungen anhörte. Das hieß dann wohl Abstand nehmen, bevor mich deren schlechte Laune ebenfalls ansteckte. Ich würde mich dann bei ihnen zu erkundigen, wenn sich ihre Gemüter wieder einigermaßen beruhigt hatten.
Bilbo führte uns Treppe um Treppe tief hinunter in das Reich der Elben. Ich vermutete, dass wir irgendwann unter der Erde sein mussten, denn die Luft wurde feuchter und modriger und die Umgebung wurde zunehmend kühler. Wohin er uns führte wusste ich nicht und ich erkannte auch, dass viele der Zwerge das blinde Vertrauen, mit dem wir dem Halbling folgten, nicht gut hießen. Das Misstrauen hatten sie, trotz seiner vielen Taten, ihm gegenüber noch immer nicht abgelegt. Als Außenstehende konnte ich das beurteilen, denn meinen Gefährten und mir erging es nicht anders, auch uns vertraute man nicht und hinterfragte unser Handeln erst zwei Mal bevor man es gut hieß.
Irgendwann, als ich schon dachte, es könnte nicht noch weiter hinunter gehen, nahm ich einen schwachen, aber altbekannten Geruch war. Es war das unverkennliche Aroma eines Rotweines, und eines guten noch dazu. Schließlich bogen wir in ein Kellerabteil ein, das mit vielen Fackeln gesäumt war, die den Raum in ein dämmriges Licht tauchten. Der gebogenen Wand entlang standen etliche Fässer, die so riesig waren, dass sie bis unter die Decke reichten. Vermutlich wären sie wie ein eigenes kleines Schwimmbad, wenn man sich da hineinsetzen würde. Der von den Fässern ausgehende Rotweingeruch war nun so stark, dass er sogar leicht meine Sinne benebelte. An einem kleinen Tisch in der Ecke lümmelten sich zwei Elben und schnarchten friedlich vor sich hin. Unzählige Karaffen und Becher standen auf dem Tisch und einer der Elben umklammerte noch seinen halbgefüllten Kelch. Es war ein Bild, das mich leicht schmunzeln ließ, denn es weckte unbewusst alte Erinnerungen. Daheim, also in unserer Welt, in unserer Zeit, war es nicht selten vorgekommen, dass eine nächtliche Feier genauso endete.
„Die haben sich wohl ein bisschen übernommen", unterbrach Mia grinsend meine Gedanken und beobachtete interessiert, wie einer der Wachen mitsamt seinem gefüllten Weinglas vom Stuhl kippte.
„Ach Nein? Wie kommst du denn darauf?", fragte Sam sarkastisch und mit einem abwertenden Schnauben.
Ich hob vorwurfsvoll meinen Finger an die Lippen, doch sie schienen sich nicht viel darum zu scheren und zankten verbissen weiter. Ich verdrehte die Augen und gab es auf, wenn wir erwischt werden würden, könnte ich es immerhin ihnen in die Schuhe schieben. Als ich jedoch meinen Blick umherschweifen ließ erkannte ich, dass die Zwerge anscheinend allgemein keine Lust hatten leise zu sein. Sogar Kíli knurrte Bilbo nun sauer an:
„Was soll das? Du solltest uns hier raus führen und nicht noch tiefer rein"
„Als ob du dich hier auskennst", zischte Sarah zurück.
Verdutzt starrte ich nun auch sie an. Es war selten, dass Sarah einen solch bissigen Ton auflegte. Was hatten denn nur alle? Wenn ich mich einmal nicht mit Thorin stritt, bedeutete das doch nicht, dass alle anderen anfangen mussten sich zu streiten...oder?
Meine Aufmerksamkeit, wurde jedoch wieder zurück auf Bilbo gelenkt, der beschwichtigend die Arme gehoben hatte und uns flehentlich ansah.
„Bitte...Ihr müsst mir vertrauen...Steigt in die Fässer"
Ich folgte seiner Bitte sofort und ließ mich auf die Knie sinken um in eines der riesigen Fässer zu kriechen, doch als ich aufsah, waren es neben mir nur Mia, Sarah und Sam, die sich anschickten in die Fässer zu klettern. Von den anderen hatte niemand auch nur einen Schritt getan.
„Was steht ihr da noch so dumm rum? Bewegt euch", rief Sam in beherrschendem Tonfall und deutete auf die vielen, aufgestapelten, leeren Fässer.
„Ich glaube nicht, dass das etwas bringt", meinte Mia bissig und lehnte sich gegen ihren Fassrand.
„Bitte, ihr müsst mir vertrauen!", rief Bilbo noch einmal und trat unruhig auf der Stelle.
Ich sah zu Thorin, der anscheinend am Überlegen war, ob er Bilbo vertrauen konnte oder nicht. „Thorin", rief ich ihn und als sein fragender Blick den meinen traf musste ich unwillkürlich Schlucken. „Das ist der einzige Weg der uns bliebt"
Der Schwarzhaarige zögerte kurz, doch seine Augen nahmen einen entschlossenen Ausdruck an. „Na gut, tut was er sagt"
Ich lächelte kurz und nickte ihm zu. Ich wusste nicht, ob es der einzige Weg war und ich wusste auch nicht ob wir hier herauskommen würden. Aber ich vertraute darauf, dass Bilbo wusste was er tat.
Während ich wartete, dass es sich auch die anderen in einem Fass bequem machten, lehnte ich mich zu Sarah hinüber, die im Fass neben mir steckte.
„Sag mal...Ist zwischen Euch was vorgefallen?", fragte ich sie vorsichtig und nickte mit dem Kopf leicht zu Kíli hinüber, der mit grimmiger Miene wartete, bis sein Bruder ihm den Weg frei machte.
„Wie kommst du darauf. Er macht nur dieser Tauriel schöne Augen, aber ansonsten ist alles gut", fauchte Sarah mich sogleich an.
Mit verschränkten Armen musterte ich sie, denn ich verstand nun worum es ging. Sie war eifersüchtig. Aber wer war Tauriel? Doch ich beschloss Sarah nicht auszuquetschen, sondern hob nur beschwichtigend die Hände. „He, he. Mich brauchst du nicht so anzupflaumen. Ich mache ihr keine schönen Augen. Ganz bestimmt nicht"
Sarah gab einen unterdrückten Laut von sich und ich konnte mir gerade vorstellen, dass sie mir in Gedanken alle Tode wünschte, die sie kannte.
„Und was machen wir jetzt?", fragte Sam als alle in den Fässern verstaut waren – Bombur hatte etwas Hilfestellung gebraucht – und zu Bilbo hinauslugten.
„Tief Luft holen", erklärte der Hobbit und ging zu einem Hebel.
„Tief Luft holen?", wiederholten die Zwerge offensichtlich verwirrt.
Als Antwort legte Bilbo den Hebel um. Ich hörte ein leises Quietschen, als sich mein Fass auch schon bewegte. Es fing an zu rollen und dann erkannte ich, dass sich unter uns eine Luke geöffnet hatte.
„Oh scheiße", murmelte ich und stützte mich links und rechts an den Fassrändern ab, ehe ich auch schon mit meinem Fass durch die Luke stürzte und mit einem lautem 'Platsch' in eiskaltem Wasser landete. Spuckend und prustend kam ich wieder zur Wasseroberfläche und sah zu wie auch die anderen Fässer mit ihren Passagieren wieder hoch kamen. Wir waren in einem tunnelähnlichen Abwasserkanal, der sich schmal weiter durch die Erde zog. Man konnte jedoch sehen und auch hören, dass er am Ende in einen großen Fluss endete.
„Und was machen wir jetzt?", fragte Sam, wie schon vor ein paar Sekunden und wischte sich seine langen, blonden Haare aus dem Gesicht.
„Natürlich paddeln" Glóin begann mit den Händen durch den Kanal zu paddeln.
„Aber Bilbo?", fragte ich und zog mit einer Mischung aus Trotz und Schrecken eine Augenbraue nach oben. „Wir lassen ihn doch hier nicht zurück, oder?"
Niemand sagte etwas. Hatten sie etwa tatsächlich den Gedanken Bilbo hier zu lassen? Ich sah zu Thorin, der sich jedoch kein Stück bewegte und den Blick stur auf die Luke gerichtet hatte. Gerade als ich den Mund aufmachte um weiter zu protestieren, klappte die Luke über uns erneut auf und Bilbo fiel mit einem lautem Schrei zu uns herunter.
Sehr elegant!
Prustend, spuckend und vor allem zitternd tauchte der Hobbit wieder auf.
„Gute Arbeit Meister Beutlin", sagte Thorin mit einem Lächeln und setzte sich nun auch in Bewegung. Alle lagen nun paddelnd in ihren Fässern und bewegten sich zum Ende des Ausgangs. Ich wartete noch bis Bilbo an meinem Fass war, ehe ich die Zähne zusammenbiss und in das eisige Wasser griff um ihn zu mir hinein zu ziehen. Der arme Hobbit konnte unmöglich die ganze Zeit schwimmen.
„D...danke", murmelte der Hobbit mit klappernden Zähnen, nachdem er sich in die Hände gepustet hatte und sie ein paar Mal kräftig aneinander gerieben hatte. Ich nickte ihm nur mitleidig zu und fing nun meinerseits an in das kalte Wasser zu langen. Um uns voranzubringen mussten wir paddeln und da wir kein Paddel, Holzstück oder Ähnliches zur Verfügung hatten mussten wir wohl oder übel unsere Arme benutzen. Doch noch bevor wir den Ausgang des Tunnels erreicht hatten waren meine Arme blau angelaufen und ich spürte wie sie langsam steif wurden. Das kalte Wasser fühlte sich immer mehr wie Nadeln an, die sich kontinuierlich in die Haut bohrten und die Bewegungen erlahmen ließen. Als wie auch aus dem finsteren Tunnel in helles Tageslicht kamen fühlte sich sogar der schwache Schein der Sonne wie ein Heizofen vor, der mein Glieder wärmte. Doch nicht lange denn plötzlich stürzte das Fass in die Tiefe. Mengen an Wasser drückten uns hinunter. Ich verschluckte mich mindestens ein Dutzend Mal. Ich kam keuchend und nach Luft schnappend wieder oben an und spuckte einen Mund voll Wasser aus. Jedoch hatten wir nicht viel Zeit um richtig Atem zu schöpfen, als wir erneut unter Wasser gedrückt wurden. Röchelnd kamen Bilbo und ich wieder an die Wasseroberfläche und versuchten unser Gewicht im Fass auszugleichen um nicht zu kippen. Ich hustete und versuchte möglichst viel Sauerstoff in meine Lungen zu bekommen.
Die Höllenfahrt ging nun ein bisschen ruhiger weiter, wobei ich jedoch anmerken darf, dass wir fast bis zur Hüfte in dem kalten Wasser saßen. Etwas weiter vorne sah ich schon das Tor... Es war offen und dahinter konnte ich das Land außerhalb den Grenzen und Mauern des Waldelbenreich sehen. Doch bevor wir das rettende Tor erreichen konnten erschallte ein Horn. Das Gitter des Tores schloss sich vor unseren Augen.
„Nein", schrie Thorin. Er hämmerte gegen das massive Eisen und sah wehmütig durch das Gitter hindurch, als es plötzlich neben mir platschte. Erschrocken sah ich ins Wasser und starrte direkt in die Augen eines toten Elben, dem ein Pfeil aus der Brust ragte. Und so einen Pfeil kannte ich nur allzu gut.
Die Orks, sie waren hier!
Kaum hatte war ich zu dieser Erkenntnis gekommen, hörten wir das letzte Röcheln eines sterbenden Mannes, als auch schon der erste Ork auf uns zugesprungen kam. Instinktiv duckte ich mich in das Fass und sah zu wie Dwalin den Ork ins Wasser drückte und Fíli sich dessen Axt griff. Mit einer schnellen Bewegung säbelte er dem Ork den Kopf ab. Jetzt hatten wir zumindest eine Waffe. Zwar war eine Axt auf über ein Dutzend Personen nicht gerade viel, doch besser als nichts. Es war ein gutes Zusammenspiel, das die Zwerge ablieferten. Sie halfen sich gegenseitig und die wenigen Waffen die erbeutet wurden, wurden an denjenigen weitergegeben, der sie am dringendsten benötigte.
Durch das Getümmel und den Kampflärm konnte ich auf einmal Sarahs Stimme ausmachen, die Angsterfüllt schrie und flehte.
„Kíli komm zurück, was du da machst ist zu gefährlich", schrie sie. Der braunhaarige Zwerg machte jedoch keine Anstalten umzukehren. Ich konnte nicht sagen ob er Sarah hörte oder sie einfach nur ignorierte. Er beachtete sie jedenfalls nicht und kämpfte sich weiter durch die Orks. Ich begriff was er vorhatte, er wollte den Hebel umlegen, der das Tor öffnen würde. Sarah hörte auf zu schreien und sah Kíli mit großen, angsterfüllten Augen hinterher, ehe sie sich kurzer Hand hochstemmte und versuchte über den Fassrand zu klettern.
Erschrocken riss ich die Augen auf. Sie wollte ihm jetzt aber nicht hinterher...oder? „Sarah, nein. Du begibst dich nur selbst in Gefahr" Sarah ignorierte mich und wollte weiterhin zu Kíli gelangen. „Sam", schrie ich nun panisch „Halt sie fest"
Der blonde Elb reagierte sofort und gerade als Sarah es aus ihrem Fass geschafft hatte, schlang er seinen Arm um ihre Taille und zog sie zurück. Sarah wehrte sich zu Anfangs, doch dann folgte sie Kílis Bewegungen mit einem sorgenvollen Blick. Ich wusste was in ihr vorging und hoffte nur, das Kíli wohlbehalten zurückkam. Der Braunhaarige hatte den Hebel fast erreicht, als ein Zische ertönte. Ein riesiger, schwarzer Pfeil surrte auf den Zwerg zu. Sarah schrie, er solle sich ducken, doch zu spät. Der Pfeil hatte sein Ziel getroffen. Kíli schrie schmerzerfüllt auf, als der lange Pfeil in sein Bein einschlug. Augenblicklich begann sich Sarah wieder gegen Sams Griff zu wehren, während Kíli unter Schmerzen zu dem langen Hebel robbte und ihn mit seiner letzten Kraft und einem markerschütterndem Schrei umlegte. Das Gitter klappte auf und alle Fässer trieben durch das Tor.
Erneut wurden Bilbo und ich durch große Wassermengen unter Wasser gedrückt. Das kalte Wasser stach erneut erbarmungslos auf mich ein und ich spürte immer mehr, wie meine Knochen lahm und taub wurden. Mit einem heftigem Ruck wurde das Fass in eine Stromschnelle gezogen und Bilbo und ich hatten Schwierigkeiten das Fass im Gleichgewicht zu halten. Ich fing laut an zu kreischen als wir hart einen Felsen rammten und unser Fass an einer Seite anfing zu splittern, doch riss uns das Wasser gnadenlos mit.
„Ich glaub mir wird schlecht", murmelte ich und spürte wie mir die Galle gegen den Rachen drückte. Ich hatte zu viel Wasser verschluckt.
Bilbo sah mich besorgt an. „Geht es-"
Ich unterbrach ihn als ich mich mehlig über den Rand des Fasses hinweg erbrach. Zu allem Übel schoss ein surrender Pfeil nur ganz knapp an meinem Ohr vorbei. Erschrocken duckte ich mich weg und erbrach noch einmal. Unzählige Orks waren an den Ufern des Flusses aufgetaucht.
„Lilly", brüllte mir Bilbo über das Tosen des Wassers und den Kampfeslärm zu. „Duck dich in das Fass. Ich schaffe das hier alleine" Zweifelnd sah ich den kleinen Hobbit an, doch dieser drückte mich mit seiner freien Hand nach unten. „Du bist mir keine Hilfe, wenn ich zusätzlich noch auf dich achten muss", erklärte er und ich nickte ergeben. Vielleicht war es besser so.
Ich drehte mich um und wollte mich gerade an das zersplitterte Holz des Fasses lehnen, als ein großer Pfeil unsere Fasswand durchbrach. Schnell richtete ich mich wieder auf und zwar keine Sekunde zu früh, denn ein Ork kam direkt auf uns zu gesprungen und holte mit seinem Schwert zum Schlag aus.
Mit Mühe holte ich mit der Hand aus. Trotz meiner Erschöpfung war ich überrascht wie schnell und gut mir das Wasser gehorchte. Vielleicht war es einfacher zu kontrollieren, weil ich es nicht erst selbst erschaffen musste und es demnach auch nicht so viel Kraft kostete es demnach besser unter Kontrolle zu halten war. Je größer die Menge desto leichter. Ich streckte mich um die Waffe des Orks aufzufangen, bevor sie ebenfalls in den Fluss geschleudert wurde. 
„Hier fang", schrie ich Nori zu und warf ihm das Schwert zu, welches er dankbar auffing und einen Ork links von ihm niederstach.
Kaputt ließ icj mich nach einer erneuten Mahnung wieder auf dem Fassboden nieder. Mein Magen rebellierte wieder und ich umklammerte fest meinen auch. Einen Tag...nur einen Tag in Ruhe. Ein unrealistischer Traum in dieser Welt.

(4 830 Wörter)

Eine Reise Zum Erebor Waar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu