Etwas zu freundschaftlich

997 71 34
                                    

Mit einem grummeligen Gefühl im Magen lief Kuro durch den Gang in Richtung der Zimmer. Wage erinnerte  sich das die Mädchen auch im rechten Flur ihr Zimmer hatten und deshalb fand er auch schnell deren Raum. Als er vorsichtig anklopfte kam jedoch keine Reaktion und auch als er zögerlich ihren Namen sagte bekam er keine Antwort. Das hielt ihn jedoch nicht zurück. Selbstsicher öffnete er einfach die Tür die nicht abgesperrt war. Hey er war hier als Seelensorger tätig da konnte man doch mal private Grenzen überschreiten oder? Schließlich konnte er doch nicht tatenlos zusehen wie es einem Mitglied seines Teams schlecht ging!
Das Zimmer war dunkel doch vage konnte er erkennen das die Tür zur Veranda offen stand. Langsam ging er durch den Raum, indem schon drei Schlafmatten hergerichtet waren. Draußen hörte man gerade ein schniefen und das war wohl Anzeichen genug.
Innerlich straffte sich der Capitän. Bisher hatte er es nur mit ein paar verklemmten, manchmal übernachtigten Jungs zu tun gehabt. Solche Probleme hatte er auch, konnte er nachvollziehen, konnte er lösen, doch die Probleme eines Mädchen waren ihm bislang fremd. Aber irgendwie fühlte er sich für sie verantwortlich, schließlich hatte er vorgeschlagen das sie doch mitkommen sollte. Und das obwohl sie hier so gut wie keinen kannte.
Von Tsuki wusste er nur das sie irgendwas homophobes geäußert hatte und das es eigentlich ein Gespräch mit Hinata vorausgegangen war.
Eigentlich hatte er sie nicht als untolerantes Mädchen eingeschätzt. Sie wirkte immer so locker und zufrieden. Er konnte sie sich ja noch nicht mal aufbrausend und verärgert vorstellen.
Man merkte wohl einmal mehr, das sie sich erst drei Wochen kannten.
Egal, er würde der Sache jetzt auf den Grund gehen.
"Michi? Bist du da"?
Wieder ein schniefen dann: "Was willst du Kuro"?
Er trat hinaus auf die Veranda und sah sie an der Wand gelehnt sitzen.
Sie hatte die Knie angezogen und die Arme auf diese abgestützt. Den Blick hatte sie abgewandt. An ihrem Tonfall hörte man bereits das sie nicht sonderlich erfreut war ihn zu sehen. Ja er konnte schon wahnsinnig nervig sein.
"Eigentlich will ich gar nichts, ich wollte sehen wies dir geht".
"Gut, sieht man doch", sagte sie sarkastisch und gab ein grummeliges Geräusch von sich als Kuro sich in einigen Meter Abstand neben sie setzte.
"Ja seh ich, aber normalerweise lacht man wenns einem gut geht", meinte er nur stichelnd woraufhin Michi den Kopf hob und eine Grimasse zog.
"Ja, also das kauf ich dir jetzt nicht ganz ab. Aber ich bin auch nicht hier um dich vollzuquatschen... "
"Sondern"?
"... Sondern ich wollte eigentlich eher zuhören? "
"Und was willst du hören? "
"Naja ich glaube du hast da vorhin ne ganz schöne Bombe platzen lassen".
"Wieso? Ich hatte eigentlich mit Hinata geredet und dann ist das irgendwie aus dem Ruder gelaufen. "
"Inwiefern"?
"Plötzlich hatten wir es über Beziehungen und dann über Schwule und dann kam er auf einmal mit, ach schwul sein ist doch gar nicht so schlimm... ".
"Und das fands du nicht so toll"?
"Nein", rief Michi fassungslos.
"Ich meine das geht doch nicht, zwei Jungs zusammen, das ist einfach nicht normal".
"Ach was ist schon normal", sagte Kuro lässig und streckte die Füße aus.
"Du, du verstehst das nicht. Das darf nicht sein, gerade hier sind solche Beziehungen so verpönnt, man wird blöd angekuckt, manchmal sogar beschimpft, das kann doch keiner freiwillig wollen".
"Naja die Liebe will was die Liebe will ich glaube du kannst keinem vorschreiben wenn er lieben darf und wen nicht. "
"Aber deswegen kann man doch nicht einfach machen was man will""
"Dann soll man sein Liebesleben nach der Gesellschaft richten? "
"Ja natürlich, ich dachte das wäre klar. Was im Schlafzimmer abgeht das geht ja keinen was an, aber zwischen einem One-night Stand und einer Beziehung in der Öffentlichkeit liegen nun mal Welten."
"Oder eben nicht", erwähnte Kuro und musste daran denken das das mit Tsuki auch erst als kleines Abenteuer angefangen hatte.
Eine Weile blieb es still und jeder ging  seinen eigenen Gedanken nach.
"Weißt du ich glaube das die Kerle die mit anderen Jungs...was anfangen.. die haben einfach noch nie versucht.. normal zu sein. "
"Meinst du"?
"Ja, ich finde man kann es doch wenigstens versuchen". Bei diesen Worten wischte sie sich über die Wangen und Kuro bekam bereits ein schlechtes Gewissen.
Natürlich bemerkte er wie es Michis Körper schüttelte auch wenn ihm immer noch nicht klar war um was es hier eigentlich ging. Betraf sie dieses Thema vielleicht irgendwie? Kannte sie jemanden der schwul war?
"Aber willst du nicht mit demjenigen zusammen sein den du auch liebst? Und wenn das heißt das man das gleiche Geschlecht liebt, dann soll es wohl so sein", versuchte er sie doch noch zur Einsicht zu bewegen und rutschte etwas näher zu ihr um ihr beruhigend einen Arm um die Schulter zu legen.
Michi erwiderte nichts, sie atmete nur stoßweise und versuchte angestrengt ihr inerliches Schluchzen in den Griff zu bekommen. Irgendwann atmete sie tief durch und schien sich wieder zu fassen.
"Hast du es nie probiert"?
"Was"?
"Du weißt schon. Mit Mädchen"?
Kuros Augen weiteten sich. Sie wusste es? Woher? Hatte er sie irgendwie verraten?
"Ja ich weiß es"?
"Wie lange schon"?
"Vermutet habe ich es schon eine ganze Weile. Nach dem Training hast du oft telefoniert da habe ich mir schon gedacht das du mit jemandem zusammen bist. Doch als ich die anderen nach einer Freundin fragte, verneinten sie nur einstimmig. Aber als ich dann deinen verliebten Blick sah war es mir eigentlich klar. Außerdem hab ich euch zwei aus dem Bad kommen sehen".
Das war also sie gewesen. Die schließende Tür. Man, war das so offensichtlich?
Kuro war wohl so in Gedanken das er die folgenden Worte nur am Rande mitbekam.
"... schonmal probiert"?
"Ich ähm... ". Wow er hatte nicht damit gerechnet vor ihr gleich einen seelischen Striptease hinzulegen.
"Es geht nämlich nicht nur darum ob du glücklich bist mit deinem Partner. Wenn du dich outest dann betrifft das oft auch andere. Und ganz ehrlich Menschen sind nicht immer nett, egal ob es dich betrifft oder eben einen Freund oder jemanden aus deiner Familie. "
Ihre Worte klangen ziemlich ernst und obwohl sie recht eindeutig waren, verstand er immer noch nicht was das zu bedeuten hatte. Sie redete doch immer zu um den heißen Brei herum.
"Falls du dir Sorgen machst das jemand schlecht über uns reden könnte, ich denke nicht das das passieren wird. Das Team weiß bereits das ich mit Tsuki zusammen bin, außerdem wissen es ein paar Spieler der Karasuno auch schon und keiner von denen hat sich irgendwie negativ dagegen ausgesprochen".
"Aber was ist wenn die es weiter erzählen, irgendwo gibt es immer Leute die das nicht gut finden und die Streit suchen. Vielleicht könntest du es ja weiterhin geheim halten und dir das mit einem netten Mädchen doch noch mal überlegen. "
"Hey Michi versteh mich jetzt nicht falsch aber ich liebe nun mal Tsuki und glaub mir ich habe lange dafür gekämpft das wir jetzt zusammen gehören und das werde ich mir von keinem mehr nehmen lassen."
Michi sah ihn erstaunt an. Ihre Augen waren fast vollkommen dunkel und doch konnte er sehen das sie geweint hatte.
Plötzlich wurde ihm bewusst wie nah sich ihre Gesichter jetzt waren. Dadurch das er freundschaftlich einen Arm um sie gelegt hatte um sie zu trösten waren sie ja fast schon in einer Art Umarmung.
Gerade wollte er sich aus dieser zweideutigen Situation ziehen da war es auch schon zu spät.
Bevor er wusste was geschah drückten sich plötzlich zwei warme, leicht feuchte Lippen auf die seinen und er erstarrte.

Kurotsuki Gemeinsam statt einsamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt