Ein Gehemnis der Familie

3.3K 187 17
                                    

"Und du wusstest nichts von Raven?", fragte ich ihn nun zum gefühlten hundertsten Mal. "Nein, Granger", brummte er und nahm einen Schluck aus seinem Glas. "Warum?", hakte ich nach und stützte den Kopf auf den Handflächen ab.  "Nun... Ich rate, dass Bella nie ein Kind wollte und da fiel ihre Wahl darauf, Raven als Waffe zu benutzen. Wieso sie sie nicht umgebracht hat, weiß auch ich nicht", meinte er leise und ich nickte verständnislos. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand seine eigene Tochter hassen konnte, auch, wenn man Kinder nicht mochte.

"Das ist doch grausam."

"Nicht jeder will eine richtige Familie gründen, Granger."

"So? Nun, alleine sein wollen viele, trotzdem kann ich es mir nicht vorstellen, sich von der eigenen Familie abzuwenden..."

"Zum Beispiel du, Granger. Auch du möchtest nie eine Familie gründen - jedenfalls nicht mit mir." Er ließ das Glas in seiner Hand sinken.

"Das-das tut jetzt nichts zur Sache. Malfoy, du bist erst 18 Jahre alt und ich 19, wir haben genug Zeit." Trotz meiner Worte stand er langsam auf und trottete davon.

"Nein, warte", schrie ich ihm hinterher und rannte ihm nach, "wie können wir darüber nachdenken, was in ein paar Jahren ist, wenn wir nicht wissen, ob wir den morgigen Tag überleben?" Ich versuchte mein Schluchzen zurückzuhalten. 

"Ich weiß es nicht, Granger, aber es macht mich traurig, dass ich meine Vergangenheit aufgegeben habe und du dir nicht mal eine Zukunft mit mir vorstellen kannst." 

"Du verlangst zu viel von mir."

"Nein, das tue ich nicht und das weißt du. Es macht dir Angst." Angestrengt ballte er seine Hände zu Fäusten und schüttelte den Kopf. Meine Gedanken glitten zu Malfoy Manor. Mit ihm dort zu leben, wäre furchtbar. Mit ihm irgendwo zu leben, wäre wunderbar. Ich dachte an den wunderschönen Garten und die vielen Zimmer. Das Bild!

"Draco, auf dem Bild bei dir zuhause... Dieses Portrait... Darauf war Raven, ich bin mir sicher. Nur war ein riesiger, schwarzer Tintenfleck darüber."

"Das kann sein, aber es ist mir egal. Ich bin müde, Granger. Ich bleibe heute im Bett." 

"Draco...", hauchte ich, doch er drehte sich von mir und schritt davon. Es tat mir leid, dass ich ihm nicht das geben konnte, was er wollte. Früher hätte ich nie gedacht, dass jemand wie er, solche Wünsche hatte. Auch ich wollte nicht in den Unterricht - nicht ohne ihn. Vorsichtig schob ich die Ärmel nach oben und betrachtete die Verbände, unter denen leicht das getrocknete Blut durchschimmerte. Ich wusste, dass bald die Todesser hier sein würden, um uns alle auszulöschen. Ich war bereit dafür, doch meine Zeit mit Draco war zu schön gewesen. Heiße Tränen tropften an meinem Kinn hinab. Niemand sollte mich weinen sehen, schon gar nicht in solchen Zeiten. Flink stürzte ich in den Toilettenraum. Kurz prüfte ich, ob Myrte hier war, doch dem war nicht so. Schluchzend lehnte ich mich gegen die feuchte Wand und ließ mich rutschte daran hinab. "Wieso - verlangt - er - solche - Entscheidungen?", stieß ich zwischen gepressten Atemzügen hervor und vergrub mein Gesicht in den Handflächen. Wirr fiel mein Haar über meine Schultern. Wieso war all dies überhaupt geschehen? Ich liebte Draco. Warum konnte er nicht damit zufrieden sein? War ihm das denn etwa nicht genug? Reichte es denn nicht? Meine Finger verkrampften sich und ich spürte, wie mich ein unerträglicher Schmerz durchzuckte. Es war echter Schmerz. Wahrer Schmerz. Nicht zu vergleichen mit dem blutigen Schmerz. Langsam holte ich meinen Zauberstab hervor und wisperte:"Expecto Patronum." Sofort glitt aus der Spitze des Holzes eine Nebelgestalt, welche sich kurz darauf in einen blauen, geisterhaften Otter verwandelte, welchen ich durch den Raum führte. Warum, wusste ich nicht, jedoch wollte ich einfach etwas Lebendiges sehen. Etwas, das jedenfalls so wirkte...

Hermines SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt