Kapitel 12~

242 31 0
                                    

Am nächsten Tag, als ich mich in meiner Schule befand, kam mir ein glücklicher Len entgegen, der mich durchaus verwirrte. Unwillkürlich dachte ich an seinen Hass Reyk gegenüber und, warum auch immer, überflutete mich eine Welle der Schuldgefühle.

"Evi!", rief er enthusiastisch. Binnen Sekunden legte er seinen Arm um meine Schulter, zog mich etwas zu ihm herunter und grinste über das ganze Gesicht. Erneut erinnerte mich sein Grinsen an Reyk's Grinsen und ich schaute beschämt weg. Warum dachte ich an diesen Typen ausgerechnet hier in der Umgebung von Len? Ich war unmöglich und erbärmlich.

"Kann ich dich etwas fragen?", fragte er lässig und ich machte mich von seinem Griff lose.

"Schieß los", sagte ich, während ich meine Bücher für die heutigen Fächer aus meinem Spind kramte. Er starrte mich an, also verbesserte ich mich. "Klar."

"Wo warst du in den letzten eineinhalb Wochen?"

Peinlich berührt drehte ich mich zu ihm. "N-nun, gute Frage..Ich..umm..war etwas..unterwegs?"

Plötzlich nahmen seine weichen Gesichtszüge wieder wütendes und aggressives an und er warf mir einen vernichtenden Blick zu. "Hast du mit diesem schleimigen Baskin abgehangen?"

"Wen?", fragte ich perplex, aber erinnerte mich dann daran, dass ich letzte Nacht seinen ganzen Namen erfahren durfte. Reyk Baskin. "Oh, er, hm nun, nicht direkt.", sagte ich, während ich meinen Spind schloss und mich langsam von ihm entfernte, hoffend, dass ich dieses komische Gespräch so schnell wie möglich beenden könnte.

"Wie auch immer..er hat mir seit kurzem einen Platz zum Leben gegeben..",erklärte ich ihm benommen, während er mich entgeistert beäugte.

"Was meinst du mit, er hat dir einen Platz zum Leben gegeben?", beschwerte er sich. "Evi, schau mich an!", geschockt an seinem aggressiven Ton sah ich ihn an, und wie aus Zauberhand verwandelte sich jene Wut in ihm in pure Traurigkeit. Ich fühlte mich schlecht, als ob ich ihn irgendwie betrogen hätte.

"Eine ziemlich lange Geschichte..", murmelte ich und er sagte nichts, wartete stattdessen, dass ich fortfuhr. Also erzählte ich ihm alles. Ich wollte ihn nicht belügen und ebenso wenig betrügen, indem ich irgendwelche Details ausließ, also beichtete ich ihm alles. Und je mehr ich ihm von meiner komplett verrückten Woche erzählte, desto sanfter wurde sein einstige strenge Miene. "Und jetzt..", beendete ich meine kleine Rede. "..lebe ich irgendwie mit ihm.."

"Schon, aber er bleibt immer in seinem Büro, also tust du es nicht."

"Ja..", murmelte ich und schaute erneut weg. Um ehrlich zu sein, enttäuschte mich diese Tatsache sogar ein kleines bisschen. Es war nämlich unbeschreiblich einsam in diesem Appartement, wenn ich alleine war- oder ich war einfach nicht mehr gerne einsam. Was auch immer es war, es ließ mich nicht in Ruhe. "Du hast Recht." Obwohl er sich ständig über mich lustig machte, war er trotzdem da, oder? Ich sollte dankbar darüber sein, dass er überhaupt da war, auch wenn es verdammt verzweifelt und armselig klang.

"Evi", ermahnte er mich. "Bleib einfach von ihm fern, er ist gefährlich okay?"

"Dafür ist es etwas zu spät, Len", sagte ich und lachte leise. "Ich lebe in seinem Appartement. Wie kann ich mich da fern von ihm halten?"

"Trotzdem", fuhr er fort. "Du solltest nicht mehr als nötig mit ihm abhängen. Ich warne dich jetzt, also lauf ihm ja nicht hinterher. Selbst, wenn du dich ihn in verlieben solltest, lass dich nicht zu sehr von ihm beeinflussen."

Bei seinem letzten Satz spürte ich meinen Kopf rot anlaufen. "In ihn verlieben?", bebte meine Stimme. "Len, worüber redest du? Warum sollte ich-?"

"Vertrau mir", unterbrach er mich und wirkte auf einmal viel älter als ich. Klar er war zwei oder drei Jahre jünger als ich, aber hier und jetzt war urplötzlich älter. Und erneut fragte ich mich, was dieses Kind erlebt hatte? Was hatte ihn Reyk durchmachen lassen?

ChangedWhere stories live. Discover now