↬ 10. Mädelsabend

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VALERIE

Heute fand der monatliche Mädelsabend mit Riley und Eleanor statt. Diesmal war ich die Gastgeberin und hatte Harry deswegen aus dem Haus verbannt. Eigentlich wollte er etwas mit Ben und Brian unternehmen aber seine kleine Schwester hatte diese Pläne zerstört. Denn Harry hatte ihr zum Geburtstag einen Kinogutschein geschenkt, den sie heute Abend einlösen wollte.

„Ich fahre dann mal", bemerkte Harry lustlos, auch wenn er gerne Zeit mit seiner Schwester verbrachte. „Schaue mich nicht an wie ein ausgesetzter Welpe. Ich werde Becky nicht anlügen, damit du nicht mit ihr ins Kino musst. Warum hast du ihr dann überhaupt den Gutschein geschenkt?!", erwiderte ich ihm und füllte die Chips in eine mittelgroße Glasschüssel um. „Ich habe nicht erwartet, dass sie mit mir ins Kino will", prustete Harry kopfschüttelnd. „Das liegt eigentlich auf der Hand, wenn man so ein Geschenk macht."

„Ich gehe nicht gerne mit Becky ins Kino, weil sie an jedem Film etwas zu kritisieren hat. Und das sagt sie dir nicht nach dem Film sondern während er läuft. Das nervt nicht nur mich sondern auch die anderen Besucher. Ich war mit ihr in Frozen und sie hat in der Mitte vom Film das Ende gespoilert. Das kleine Mädchen vor uns hat geweint, weil Becky ihr den ersten Kinobesuch versaut hat", sprach Harry, obwohl ich nicht explizit nachgefragt hatte.

„Deswegen gehe ich nie mit Ceddie shoppen. Er blamiert mich immer", zuckte ich mit den Schultern und drängte Harry in Richtung Wohnungstür, „Ich wünsche dir einen wundervollen Abend und komme nicht vor zehn Uhr nach Hause." Als ich die Tür für ihn öffnete, kamen sogleich Riley und Eleanor zum Vorschein. „Bis heute Abend", gab Harry mir noch einen flüchtigen Kuss, ehe er im Treppenhaus verschwand. Riley und Eleanor waren bereits auf dem Weg ins Wohnzimmer während ich aus der Küche noch eine Flasche Wein holte.

„Habt ihr das von Liam gehört?! Total gruselig", begann ich ein Gespräch aber die Beiden schienen keinen blassen Schlimmer zu haben. „Was ist mit Liam?!" „Wer ist nochmal Liam?!", schob Eleanor komplett verwirrt hinterher. „Liam ist ein sehr guter Freund von den Jungs." „Der mit den braunen Teddyaugen?!", vergewisserte Eleanor sich, woraufhin ich zustimmend nickte. „Der lebt doch nicht mehr?!", kräuselte Riley die Stirn und nahm einen ersten Schluck von ihrem Wein.

„Die Jungs waren an seinem Geburtstag an Liam's Grab. Da war noch ein anderer Mann, der sich als den wahren Liam entpuppt hat. Liam war nie tot. Er hatte einen Zwillingsbruder dessen Identität er wohl angenommen hat. Er ist ins Ausland und hat einen Neustart gemacht", erzählte ich den Beiden und Riley konnte das nicht wirklich glauben. „Aber dieser Zwillingsbruder muss doch eine Familie haben?! Was denken die denn, was mit ihm passiert ist?!" „Keine Ahnung aber es ist aufjedenfall sehr seltsam, dass er wieder da ist."

„Wir haben gesagt, dass wir nicht über unsere Männer reden", warf Eleanor ein, weshalb wir das Thema wechselten. Es war abzusehen, dass wir sehr schnell wieder beim Kinderthema hängen blieben. „Harry und ich haben beschlossen, dass wir es versuchen wollen, bevor wir eine Adoption machen", meinte ich und ich musste mit jemanden darüber reden. „Vielleicht klappt es ja. Würde euch eine Menge Behördenkram ersparen", schmunzelte Riley, worüber ich auch ein wenig lachen konnte.

„Ich habe angst, dass wir am Ende doch enttäuscht und traurig sind aber nicht darüber reden, weil wir uns dessen bewusst waren", sprach ich meine Gedanken aus und es war irgendwie erleichternd sie mit jemanden zu teilen, der nicht Harry war. „Du bist echt ein Kopfmensch", bemerkte Eleanor mit einem zarten Lächeln, „Mach dir nicht so viele Gedanken darüber, was passieren könnte. Wenn es klappt ist es schön und wenn nicht kommt ihr auch drüber hinweg. Wir haben sechs Monate gebraucht bis ich schwanger wurde. Jedesmal war die Enttäuschung da und sie war hart aber am Ende haben wir unsere Belohnung bekommen. Ein Kind ist ein Kind. Egal ob es die eigenen Gene oder die von Fremden in sich trägt."

„Eleanor hat recht. Vielleicht ist es am Anfang komisch zu wissen, dass dieses Kind von fremden Menschen ist aber irgendwann wird das keine Rolle mehr spielen. Es ist okay, wenn es nicht klappt und man traurig und enttäuscht ist aber das besiegelt nicht euren Kinderwunsch", ergänzte Riley und stupste mich leicht an. „Ich an eurer Stelle würde das mit der Adoption nicht auf Eis legen. Sowas kann sich über Jahre ziehen und wenn es nicht klappt, müsst ihr wieder von Vorne anfangen", riet Eleanor mir und damit hatte sie ebenfalls recht.

„Ja, wahrscheinlich mach ich mir zu viele Gedanken darüber. Ich bin es einfach nicht gewohnt Dinge auf mich zukommen zu lassen. Ich will immer alles planen aber das geht manchmal nicht. Wenn es klappt ist es schön und wenn nicht ist es auch okay", meinte ich und exte mein Weinglas. „Mal was anderes. Ich will mir lilane Strähnen machen lassen aber Niall ist davon nicht so begeistert. Glaubt ihr, dass mir sowas steht?!", lenkte Riley das Gespräch auf ein anderes Thema und ich war froh darüber.

Hoffentlich konnte ich mit den Rückschlägen, die mich höchstwahrscheinlich erwarteten halbwegs gut umgehen. Sonst war das nicht unbedingt meine Stärke. Ich hätte lieber eigene Kinder aber das konnte ich Harry nicht sagen. Ich hatte angst, dass wir ein fremdes Kind adoptierten und ich es nicht akzeptieren oder gar lieben konnte. Das immer dieser bittere Beigeschmack dabei war, der mich daran erinnerte, dass dieses Kind nicht unseres war.

~~~

„Was hälst du davon, wenn wir uns neue Möbel anschaffen?", brach ich die Stille während wir gemeinsam im Bett lagen und ich mit dem Finger Harry's Tattoo auf der Brust nachfuhr. „Du bist wirklich unromantisch. Fragst mich nach dem Sex, ob wir uns neue Möbel anschaffen", lacht Harry leicht auf, weshalb ich ihm einen beleidigten Blick schenkte. „Soll ich dich etwa fragen, ob es gut war?!", gab ich zickig zurück. „Ich fand es gut. Du nicht?", antwortete Harry provozierend. „Es war schon besser", stichelte ich ihn an, weil ich wusste, dass solche Aussagen an seinem Ego kratzten.

Natürlich war das eine Lüge, da der Sex mit Harry immer gut war. Genauso wie heute. „Du willst dich ablenken? Gut, dann gehen wir neue Möbel shoppen", sprach Harry, obwohl ich Widerstand erwartet hatte. „Jetzt bist du unromantisch", spottete ich als Harry aus dem Bett aufstand und sich Kleidung anzog. „Willst du nun den ganzen Tag im Bett liegen und grübeln, ob es geklappt hat?! Wir haben abgemacht, dass wir nicht darüber reden solange wir es nicht wissen."

Diese Worte brachten mich schließlich dazu das Bett zu verlassen und mich ebenfalls fertig zu machen. Nach einem kurzen Frühstück machten wir uns auf den Weg in ein großes Möbelhaus. Harry hasste es eigentlich shoppen zu gehen aber momentan nahm er jede Ablenkung willkommen an.

„Das ist geil", meinte Harry als er auf einem weißen Sofa saß und seine Arme auf den Rückenlehnen ablegte. „Das ist ein Sofa für zwei Personen und weiß ist ja wohl die undankbarste Farbe, wenn du ein Kind willst", machte ich ihm einen Strich durch die Rechnung. „Weiß ist zwar keine Farbe aber ich will mich nicht wieder streiten", konterte Harry grinsend und lief an mir vorbei, um sich weitere Ausstellungsmodelle anzusehen. Letzlich entschieden wir uns für eine graue Eckcouch, die nicht nur gut aussah sondern auch sehr bequem war.

Dazu suchten wir einen größeren Kleiderschrank, einen Esstisch mit Stühlen und ein neues Bett aus, da unser aktuelles Bett die besten Jahre hinter sich hatte. Als wir die Möbelsuche abgeschlossen hatten, konnte ich Harry davon überzeugen noch in die Innenstadt zu fahren, um ein paar Dekoartikel zu kaufen. Er bekam seinen Boxsack im Keller und ich meine Deko. Wir hatten jeder vier Vetos, die wir einlegen konnten, wenn wir den Vorschlag des Anderen nicht wollten. Da wir jedoch unsere Vetos bereits aufgebraucht hatten, hatten wir uns ziemlich schnell auf diese Lösung geeinigt.

Ich genoss die Zeit mit Harry und unsere Beziehung hatte auch davon profitiert. Nachdem Harry mich irgendwann aus dem Dekoladen geschliffen hatte, gingen wir noch gemeinsam in einem asiatischen Restaurant zu Mittag essen.

Es sollte einer unserer letzten harmonischen Tage sein, an dem noch alles im Gleichgewicht war.

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In My Blood II  ↬ h.s.Where stories live. Discover now