↬ 31. Nachwuchs

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VALERIE

Ich spürte Harry's Grinsen förmlich auf mir während ich mich vor dem Gitter kniete, das mich von einem Hund trennte. Er war wirklich süß, was wohl daran lag, dass es ein Welpe war. Ich war eigentlich kein großer Hundeliebhaber aber bei so einem Anblick wurde selbst ich schwach.

„Finley ist leider schon vergeben", teilte die Mitarbeiterin des Tierheims uns mit, „Golden Retrivier sind sehr beliebt. Vorallem natürlich die Welpen." „Das ist nicht schlimm. Wir suchen eher nach einem Rottweiler. Einen etwas älteren Hund, den eigentlich keiner will", erklärte Harry ihr und der fassungslose Blick der älteren Dame war Gold wert, „Keine Sorge. Ich hatte schonmal einen Rottweiler. Der war auch ein bisschen verstört."

„Und sogar blind. Aber Kian hat die zehn Jahre Marke geknackt und sogar meine Frau, die nicht wirklich ein Hundefreund ist, hat ihn ins Herz geschlossen. Ich weiß wie man mit solchen Hunden umgehen muss und ich will einem von ihnen eine neue Chance geben", fügte Harry hinzu und nach längerer Überlegung deutete die Frau uns ihr zu folgen. Dabei blickte Harry mich trimuphierend an.

Ziemlich abseits von den anderen Hundegehegen waren drei Zwinger, wo wir direkt von bellenden Hunden begrüßt wurden, die nicht ungefährlich aussahen. Während ich erstmal Abstand hielt, zögerte Harry nicht den Kontakt zu einem der Hunde zu suchen. Als ich diesem Vorhaben zugestimmt hatte, war ich davon ausgegangen Harry noch umstimmen zu können.

Doch jetzt wo ich seine strahlenden Augen sah als der Hund still wurde und sich sogar von ihm streicheln ließ, wollte ich das gar nicht mehr. Denn ich merkte Harry an wie sehr er das brauchte und vermisste. Man sagte wohl nicht umsonst, dass der Hund der beste Freund der Menschen war.

Zumindest traf diese Aussage auf Harry zu und ich wollte ihm nicht mehr im Weg stehen. Ich musste zugeben, dass ich seine innige Beziehung zu Kian und am Ende auch die Trauer um ihn nie ganz nachvollziehen konnte. Allerdings musste ich mir nach seinem Tod eingestehen, dass er mir vielleicht doch ein Stück ans Herz gewachsen war und unter Umständen waren auch ein paar Tränen geflossen.

Vor Harry würde ich das natürlich niemals zugeben aber offensichtlich wusste er das schon längst.

„Was ist mit dem da?", fragte Harry und ging sogleich zwei Zwinger weiter. Dort war ebenfalls ein Rottweiler, der jedoch nicht ans Gitter kam sondern eher eingekauert in der hintersten Ecke auf einer Decke lag. „Er wurde vor ein paar Monaten vom Veterinäramt beschlagnahmt, weil er illegal und unter tierunwürdigen Verhältnissen gehalten wurde. Man weiß nicht genau, was ihm passiert ist aber solche Hunde tendieren zu Agressionen, weil sie dem Menschen misstrauen. Er gehört auch dazu."

„Wie heißt er denn?", erkundigte Harry sich während er die Augen des Hundes fixierte. „Lucifer", antwortete die Frau zögernd, „Den Namen hatte er schon vorher aber den können sie natürlich auch ändern." „Dürfen wir mit ihm spazieren gehen?", lächelte er die Dame übertrieben freundlich an.

„Wenn er ihnen nicht vorher die Hand abbeißt", entgegnete sie ironisch und holte Harry eine Leine, ehe sie den Zwinger aufsperrte. „Pass ja auf", befahl ich Harry, der bloß mit den Augen rollte. Ich hörte sowohl den Hund leise knurren wie auch Harry, der ihm etwas flüsterte. Nach ein paar Sekunden kam Harry mit einem stolzen Gesichtsausdruck und ohne jegliche Blessuren aus dem Zwinger.

„Jetzt mach nicht so einen Aufstand. Du darfst ihm nicht zeigen, dass du angst hast. Tiere spüren sowas und das macht sie unsicher, weswegen sie kein Vertrauen fassen", sprach Harry genervt als wir einen kleinen Feldweg entlang spazierten, der am Tierheim vorbeiführte, „Der soll doch ein Teil unserer Familie werden. Und dafür muss man eine Vertrauensbasis haben. Also bemühe dich mehr."

In My Blood II  ↬ h.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt